„Judge Dredd“ ist seit mehr als 30 Jahren einer der beliebtesten britischen Comic-Serien, was für eine ziemlich düstere und gewalttätige Science-Fiction-Reihe durchaus bemerkenswert ist. Kaum einen Einfluss auf die Gestaltung und Popularität des humorlosen Gesetzeshüters von Mega-City One hatte dabei die recht aufwändige Hollywood-Verfilmung mit Sylvester Stallone aus dem Jahr 1995. Was ganz einfach daran liegt, dass diese Adaption nur äußerlich der Vorlage ähnelte, ansonsten aber eine reichlich weichgespülte Version präsentierte und eine Hauptfigur, die wesentlich klarer zu den „Guten“ zu zählen war als es beim Comic-Dredd der Fall ist. Und natürlich ließ es sich ein Stallone auch nicht nehmen, dann irgendwann ohne den charakteristischen Helm durch die Szenerie zu laufen und sein bekanntes Konterfei zu präsentieren, was das Werk für die echten Fans dann endgültig disqualifizierte.
Schauspielkollege Karl Urban (McCoy aus „Star Trek“, Eomer aus „Herr der Ringe“) ist dagegen nicht ganz so bekannt und musste laut eigener Aussage auch gar nicht erst davon überzeugt werden für diesen neuen Film gesichtstechnisch lediglich mit seinen Mundwinkeln zu agieren (und die bleiben natürlich durchgehend unten). Als Judge Dredd ist er in der Zukunft Amerikas Polizist und Richter zugleich und vollstreckt seine Urteile daher sofort am Ort der Verbrechens. Trotz dieser viel Verwaltungsaufwand sparenden Maßnahme haben die Judges aber kaum eine Chance, der ausufernden Kriminalität im Moloch Mega-City One Herr zu werden. An einem zunächst routinemäßig beginnenden Tag wird Dredd zusammen mit seiner neuen Kollegin, der parapsychologisch begabten Rekrutin Anderson (Olivia Thirlby) zum Ort eines Doppelmordes in einem gewaltigen Gebäude-Komplex gerufen. Dort regiert jedoch die brutale Ma-Ma (Lena Headey), die gerade dabei ist die brandneue Droge „SLOW-MO“ zu kontrollieren, welche ihre Benutzer die Realität in einer extremen Zeitlupe erleben lässt. Der Drogenbaronin kommt das Auftauchen eines Judges dabei äußerst ungelegen und es entwickelt sich ein heftiger Belagerungskampf, bei dem die Zahl der Todesopfer minütlich steigt.
Das war's im Prinzip auch schon an Handlung, denn der Großteil von „Dredd“ besteht tatsächlich aus den Kämpfen im Hochhaus und viel mehr als einen nur leicht überdurchschnittlich blutigen Tag im Leben des Judges gibt es hier nicht zu sehen. Womit man schon mal der Comicvorlage nahe kommt, die eben auch überwiegend aus relativ kurzen, abgeschlossenen Episoden besteht. Als kreativer Mastermind hinter dieser neuen Adaption entwickelt sich der frühere Romanautor Alex Garland („The Beach“) immer mehr zum Genrespezialisten fürs Kino, nachdem er ja bereits für Danny Boyle die Drehbücher zu „28 Days Later“ und „Sunshine“ verfasst hat. Zusammen mit seinem britischen Landsmann Pete Travis („8 Blickwinkel“) setzt er nun auch dem Lieblingscomic seiner Jugend ein filmisches Denkmal. Und während es sonst gerne übliche Praxis ist, frühere Verfilmungen eines anderen Studios einfach totzuschweigen, listet das Presseheft zu „Dredd“ in ungewohnter Deutlichkeit genüsslich all die Dinge auf, welche die alte Stallone-Verfilmung damals also völlig falsch gemacht hat und die man diesmal korrigieren wollte. Dem kann man unter dem Gesichtspunkt der Werktreue dann auch kaum widersprechen und so gesehen liegt nun also tatsächlich die erste „echte“ Adaption vor.
Erfreulich ist das natürlich für alle Kenner der Vorlage (doch das sind im nicht-britischen Teil der Welt halt nicht allzu viele), aber auch für alle Freunde der gradlinigen, harten Action im Videospiel-Stil. Denn während sich die Gesetzesvertreter Level um Level (hier: Stockwerk für Stockwerk) vorarbeiten, spritzt das Blut nur so über die Flure und der ein oder andere ungünstig herumstehende Körper wird dabei auch gern mal zerteilt. Das alles in einer Form, die spätestens bei der DVD-Veröffentlichung dann wohl zu einigen Schnitten führen dürfte, was andererseits ja durchaus ein Argument für den Kinobesuch ist. Diese Aufforderung aber bitte nur annehmen, wenn man solche Kost gewöhnt ist und ihr etwas abgewinnen kann, denn mainstream-tauglich ist das Ganze hier nun wirklich nicht. Soll es aber eben auch ganz bewusst nicht sein und so verkleinert sich die Zielgruppe dieses „Dredd“ halt von ganz alleine deutlich.
Zur Leistung von Karl Urban gibt es dann auch nicht allzu viel zu sagen, ist seine Figur doch weitgehend eine ohne Eigenschaften, abgesehen von ihrer Loyalität zum „Gesetz“ und der Entschlossenheit dieses auch durchzusetzen. Lena Headey scheint dagegen seit ihren Auftritten in „Game of Thrones“ Gefallen am fies und böse sein gefunden zu haben und dreht hier als gnadenlose Bandenchefin mächtig auf, während ihre Kollegin Olivia Thirlby als Polizei-Rookie doch eher blass bleibt. Punkten kann der Film aber auch mit seinem ausgezeichnet zur Story passenden Look (dreckig und rau natürlich), den 3D-Effekten (sehr hübsch) sowie seiner visuellen Umsetzung der Auswirkungen der schon ziemlich fiesen „SLOW-MO“–Droge (denn langsamer wurde wohl wirklich noch in keinem Film gestorben).
Es sollte bis hierhin deutlich geworden sein, dass „Dredd“ wirklich reinrassiges Genrefutter ist, mit karger Story und kompromissloser Action, die auf Dauer aber auch für den hartgesottenen Fan etwas ermüdend sein könnte. Ob man das insgesamt mag oder nicht ist dann halt Geschmackssache, aber zumindest waren die Versprechungen der Macher in der Hinsicht diesmal also nicht nur leere Worte.
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