
Anfang des 19. Jahrhunderts befindet sich England im Krieg mit, nein, nicht den Franzosen um einen gewissen Herrn Napoleon, sondern mit einer Horde von Untoten, die man als „Zombies“ bezeichnet. Immer größer wird ihre Anzahl und immer dramatischer die Rückzugsgefechte des Militärs, doch es gibt auch noch Landstriche, in denen das gewohnte bürgerliche und adlige Leben weiter seinen Gang geht. Das bedeutet für junge Frauen im heiratsfähigen Alter sich langsam den passenden Gemahl zu suchen. Die genauso aparte wie eigenwillige Liz findet sich dabei zwischen zwei sehr unterschiedlichen Männern wieder, dem charmanten Soldaten Mr. Wickham (Jack Huston) und dem eher schroffen Mr. Darcy (Sam Riley). Vor allem zwischen Liz und Darcy kommt es zu ständigen Reibereien und der Liebesreigen wird halt zusätzlich dadurch kompliziert, dass man sich ständig diese Untoten vom Hals halten muss.
Es ist nicht mehr so ganz neu, dieses „Mash-Up“-Prinzip, bei dem bekannte Literaturklassiker einmal durch den Genre-Wolf gedreht und mit populären Horrorfiguren angereichert werden. Initiator dieses kleinen Booms war der Buchautor Seth Grahame-Smith, von dem ja auch schon der zum Vampirjäger mutierte Abraham Lincoln fürs Kino adaptiert wurde. Doch da war die Grundidee dann leider deutlich interessanter als die Umsetzung und der mit bitterem Ernst agierende US-Präsident konnte in dieser Form nicht so recht überzeugen, was nun eventuell die Vorfreude auf eine weitere Variante aus dem gleichem Umfeld etwas schmälern könnte.
Doch dafür gibt es keinen Grund, und das liegt keineswegs daran, dass die lange Zeit eher vernachlässigten Zombies seit einigen Jahren deutlich angesagter sind als die guten alten Vampire. „Stolz und Vorurteil & Zombies“ ist ganz einfach auch die klar stärkere Romanvorlage. Denn hier wird man der eigentlichen Vorlage in Form der Jane Austen-Schmonzette – die im britischen Königreich zum heiligen Kanon der Literatur gehört und auch alle paar Jahre neu verfilmt wird – wesentlich mehr gerecht, lässt die Grundhandlung und die Figurenkonstellation intakt und fügt einfach nur die aggressiven Untoten als ergänzendes Element passend hinzu.
Ja genau, das passt hier tatsächlich alles wunderbar zusammen. Wie aus dieser Epoche gewohnt, werden die jungen Damen darin erzogen in der feinen Gesellschaft zu parlieren und auch mal ein feines Tässchen Tee zuzubereiten. Aber zusätzlich bildet man sie eben auch noch in den angesichts der Lage notwendigen Kampftechniken aus und daher führt das Ausbildungsjahr in der Fremde dann eben in asiatische Gefilde. Das macht genauso viel Sinn wie die kleinen Dolche oder Pistolen unter Rock und Mieder, die stets dann gezückt werden, wenn mal wieder ein halb verwestes Bleichgesicht die höfische Party crasht. Das alles wird dabei mit einer lässigen Beiläufigkeit inszeniert, die das im Grunde natürlich völlig absurde Geschehen geradezu selbstverständlich wirken lässt.
Doch trotzdem führt man den Austen-Klassiker gezielt so voran, dass dessen imminente Bestandteile allesamt abgehandelt werden, von Handlungsstrang über die unglückliche Ehe von Liz' Schwester bis zu den diversen weiteren Nebenfiguren. Unter denen dann Matt Smith aka „Der elfte Doktor“ herausragt, der jede seiner Szenen, in denen er als liebestoller, ungeschickter und ein bisschen feiger Pfarrer agiert, an sich reißt. Die Rolle des Mr. Darcy muss angeblich sowieso jeder britische Schauspieler mal gespielt haben, und Sam Riley (der zuletzt im Austria-Western „Das finstere Tal“ mit einer anderen Facette überraschte) kann dieses Ritual nun auch abhaken, denn sein - die eigene Unsicherheit unter einem Berg von Arroganz verbergende - Darcy geht als „werkgetreue“ Adaption durchaus durch. Und auch die weibliche Belegschaft darf sich freuen, hier ein wenig aktiver sein zu dürfen als in den üblichen dann halt im Vergleich doch etwas angestaubten und steifen Kostümschinken der BBC. Bekanntere Namen wie Lena Headey und Charles Dance (beide "Game of Thrones") runden das starke Ensemble ab.
Nach einer etwas zu lang und umständlich erzählten Einführung macht „Stolz und Vorurteil & Zombies“ sehr schnell jede Menge Spaß, überzeugt in Sachen Ausstattung, Darsteller und vor allem auch Witz auf ganzer Linie. Das durfte man im Vorfeld nicht unbedingt erwarten, aber so ist unter der Beteiligung vieler Leute, die offensichtlich mit Herzblut bei der Sache waren, doch eine kleine Genre-Perle entstanden, die man sich möglichst nicht entgehen lassen sollte.
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