Recht fleißig ist er zur Zeit, der Tom Cruise, doch außerhalb seiner „Mission Impossible“-Reihe dabei zuletzt nicht allzu erfolgreich. Sowohl „Knight and Day“ als auch der erst vor wenigen Monaten gestartete „Jack Reacher“ erwiesen sich als zu flaue Angelegenheiten, um ebenfalls in Serie gehen zu können. Da ist es vielleicht nicht unklug, erst einmal wieder die ausgetretenen Pfade des Action-Kinos zu verlassen und sich stattdessen der Science-Fiction zu zuwenden, einem Genre in dem Cruise durchaus schon Akzente gesetzt hat, dies bei „Krieg der Welten“ und „Minority Report“ allerdings stets in produktiver Zusammenarbeit mit Altmeister Steven Spielberg. Einen vernehmbaren „Buzz“ gab es vor „Oblivion“ dagegen nicht zu vernehmen, bei den für dieses Jahr anstehenden potentiellen Hits lief der Film bisher trotz seines Stars eher unter dem Radar. Dafür, dass dies dann auch bis zum Kinostart so blieb, sorgte der Verleih schließlich selbst, in dem er Besprechungen mit einer entsprechenden Sperrfrist versah. Was allzu oft ein Indiz dafür ist, das sich das Studio der minderen Qualität seines Produktes selbst bewusst ist, trifft in diesem Fall jedoch nicht zu. Denn„Oblivion“ erweist sich als ein schönes Stück Genrekino mit einer interessanten Geschichte, die allerdings dem leidenschaftlichen „SF“-Fan eventuell etwas mehr Freude bereitet als dem „Normalzuschauer“, dessen Geduld hier womöglich ein wenig zu lang strapaziert wird.
Tom Cruise heißt hier schon wieder Jack und ist ein paar Jahrzehnte in der Zukunft einer der letzten Menschen auf der Erde. Er berichtet davon, dass die Erde vor 60 Jahren von einer außerirdischen Rasse attackiert wurde und die Menschen den Krieg zwar gewannen, der Planet dabei jedoch weitgehend verwüstet wurde. Daher ist die Menschheit auf den Saturnmond Titan übergesiedelt, während Leute wie Jack Harper lediglich dafür zuständig sind, den Abbau und die Weiterleitung lebenswichtiger Ressourcen von der verlassenen Erde zu überwachen. Zusammen mit seiner Kollegin und Geliebten Vika (Andrea Riseborough), die seine Einsätze vom Stützpunkt aus überwacht, besteht Jacks Alltag aus der Reparatur von Flugdrohnen und gelegentlichen Zusammenstößen mit den auf dem Planeten gestrandeten letzten Überlebenden der Invasoren, den sogenannten „Scavs“. Im Gegensatz zu Vika hat Jack es aber nicht eilig, zum Titan zurückzukehren, denn ihm gefällt es in den letzten verbliebenen Naturoasen. Die Fragen für den von rätselhaften Visionen aus der Vergangenheit geplagten Mann häufen sich, als er eine Überlebende (Olga Kurylenko) aus einem abstürzenden Raumschiff rettet, seine Vorgesetzten aber den Befehl geben diese sofort zu töten. Spätestens als er schließlich von den „Scavs“ gekidnappt wird, entfaltet sich vor Jacks Augen eine Welt, die überhaupt nicht mehr der entspricht, die er zu kennen glaubte.
Wie vertrauenswürdig ist ein Erzähler, der selbst einräumt, dass ihm vor Beginn seines Einsatzes aus „Sicherheitsgründen“ das Gedächtnis gelöscht wurde? Eben, und so wird dem aufmerksamen Zuschauer schon recht früh klar, dass das, was unser Protagonist als gegeben hinnimmt, nicht unbedingt stimmen muss. Und die berechtigte Frage „Warum müssen wir eigentlich so leben, wenn wir doch den Krieg gewonnen haben?“ stellt sich sogar der zu Beginn noch treu ergebene und funktionierende Flugdrohnen-Monteur. Bis es allerdings zur echten Erschütterung von Jacks Weltbild kommt, nimmt sich der Film viel Zeit uns eben dieses ausführlich zu präsentieren, und das schließt diverse Rund- und Ausflüge auf dem zwar zu einem großen Teil zerstörten, aber dennoch visuell aufregenden Planeten mit ein.
„Ich wollte den SF-Film aus der Dunkelheit der düsteren Städte in den Zukunftsutopien zurück ans Licht und in die Sonne holen“ erklärt Regisseur Joseph Kosinski und man kann dem Mann, der bereits bei „Tron: Legacy“ für beeindruckende Bilder sorgte, nicht vorwerfen, dass er dieses Vorhaben nicht auch in die Tat umgesetzt hätte. So „hell“ war Science-Fistion zuletzt tatsächlich selten und den (bemerkenswerterweise nicht in 3D gedrehten) Film auf der großen Leinwand anzuschauen ist schon mal optisch ein Vergnügen. Dabei dürfte das Budget verhältnismäßig moderat gewesen sein, denn der Schauplatz Erde wird nur selten verlassen und große Massenszenen sind bei diesem Konzept natürlich Mangelware. Das gilt aber auch für größere Zerstörungsorgien, denn der Actionquotient wird hauptsächlich mit Luftkämpfen und Schießereien abgedeckt.
Da man sich zwar schon früh denken kann, dass hier nicht alles ist wie es scheint und dass ein im Trailer auftauchender Morgan Freeman darauf hindeutet, dass es vielleicht doch noch ein paar weitere Menschen zu sehen geben wird, ist die Zeit, bis man dann tatsächlich mit der handlungstechnischen Umstülpung der Oberfläche beginnt, nicht durchgehend spannend, und ein Urteil, ob sich das wohl alles lohnen und ansprechend entwickeln wird, lässt sich erst sehr spät fällen. Das fällt dann aber überwiegend positiv aus, denn „Oblivion“ entpuppt sich als einer der seltenen Fälle, bei denen ein Film nach durchschnittlichem Beginn mit fortschreitender Laufzeit immer interessanter und besser wird.
Warum genau das so ist, kann hier nicht im Detail erläutert werden, denn das würde den Reiz zum selber Anschauen doch deutlich mindern. Sagen wir es mal so: Die Auflösung wird zwar sicher nicht jeden überraschen, beleidigt aber auch nicht die Intelligenz des Zuschauers. Wer allerdings zu den Glücklichen gehört, die vor gut drei Jahren das kleine SF-Juwel „Moon“ von David Bowie-Sohn Duncan Jones gesehen haben, der dürfte hier ein paar ganz ähnliche Elemente wiederentdecken. Das soll kein Plagiatsvorwurf sein, denn Joseph Kosinski entwickelte seine Story bereits 2005 und das in Ermangelung der nötigen Film-Finanzierung zunächst als Comic. Doch zu ein paar Abzügen in der Note für Originalität führt es schon, wobei aber auch eine Blockbuster-Version von „Moon“ in diesem Fall wirklich nichts Schlechtes ist.
Und Tom Cruise? Der hat die Aufgabe den Film größtenteils alleine zu tragen und bewältigt diese auch äußerst solide und ziemlich mühelos. Gerade weil es aus gewissen Gründen auch darum geht, für Jack Harper einen zunächst eher glatten Typ ohne große Ecken und Kanten zu besetzen, macht diese Besetzung schon Sinn. Eine neue Franchise gibt die Geschichte von „Oblivion“ zwar nicht her, doch die SF-Biographie von Herrn Cruise bleibt damit auch weiterhin ohne Makel.
Neuen Kommentar hinzufügen