
Chadwick Boseman, der als Marvels "Black Panther" zu Weltruhm gelangt war, verstarb letzten Sommer mit nur 43 Jahren völlig überraschend an Krebs, nachdem er seine Erkrankung weitgehend geheim gehalten hatte. Es mag ihm bewusst gewesen sein, dass dieser Film hier sein letzter sein würde, aber selbst wenn nicht - Boseman verabschiedete sich definitiv mit der besten Vorstellung seiner Karriere.
Denzel Washington fungiert hier als Produzent und sorgt für die zweite Adaption eines Theaterstücks des afroamerikanischen Dramatikers August Wilson (nach dem hervorragenden "Fences" von 2016). "Ma Rainey's Black Bottom" spielt im Jahr 1927 und huldigt der legendären "Mother of Blues" Ma Rainey, eine der stilbildenden Sängerinnen dieses ur-afroamerikanischen Musik-Genres in den frühen Jahren der Plattenindustrie. Eigentliche Hauptfigur der Handlung ist aber nicht diese kaum zu bändigende Urgewalt von Frau, sondern der aufstrebende Trompeter Levee, der bei einer Plattenaufnahme in Mas Begleitband spielen soll, jedoch selbst große Ambitionen hat und diese verwirklichen will, indem er sich dem Produzenten mit eigenen Kompositionen andient. Während Ma Rainey ihren entnervten Manager und den Produzenten auf sich warten lässt und die Aufnahmesession mit ihren Allüren immer wieder unterbricht, spielt sich der Hauptteil der Handlung in einem modrigen Kellerraum ab, in dem ihre Begleitband sich warmprobt und während der Wartezeit mit ihren unterschiedlichen Gemütern immer mehr aneinandergerät.
Die Thematiken von "Ma Rainey's Black Bottom" sind naturgemäß sehr afro-amerikanisch - August Wilson fängt mit seinen Stücken die Erfahrungen seiner Minderheit im Laufe des 20. Jahrhunderts ein, und so laufen die Diskussionen zwischen den Musikern hier vor allem um Selbstermächtigung bzw. die Unmöglichkeit dazu in einer Welt, die von Weißen dominiert wird und in der Alltagsrassismus noch völlig offen, gewaltvoll, unsanktioniert und unüberwindbar ausgelebt wurde. Am historischen Beispiel von Ma Rainey führt der Film auch aus, wie die weißen Bosse der Musikindustrie schwarze Talente ausnutzten, um mit ihnen Kasse zu machen - wohlwissend, dass den Künstlern die Möglichkeiten und Mittel fehlten, sich dagegen aufzulehnen. Ma Raineys übellaunige Zickereien erscheinen in diesem Licht dann auch nicht als arrogante Star-Allüren, sondern verzweifelte Versuche der Selbstbehauptung - das Ausspielen des winzigen Bisschens an Macht, den sie in dieser Situation über die weißen Bosse hat.
Doch selbst wenn man diesem spezifischen historischen Kontext nicht viel Interesse entgegenbringt, ist es doch mehr als lohnenswert sich "Ma Rainey's Black Bottom" anzusehen. Nicht nur für die enorm gelungene, dynamische Inszenierung durch Regisseur George C. Wolfe, der dem Stoff erfolgreich das Gefühl einer steifen Bühnenhaftigkeit nimmt, obwohl er eigentlich nur in zwei Räumen spielt. Sondern vor allem wegen der schieren Schauspielgewalt von Boseman als Levee und Viola Davis als Ma Rainey.
Davis erweist der Musiklegende die größtmögliche Hommage mit einer Vorstellung, die vor Charisma und Dominanz aus allen Nähten platzt, und es ist nicht allein das Verdienst des heftig aufgetragenen Make-Ups, dass die brillante Darstellerin hier voll und ganz in ihrer Figur verschwindet. Und trotz dieses gewaltigen Auftritts bleibt der wahre Star der Show Chadwick Boseman, der mit unbändiger Energie den vor Ehrgeiz fast platzenden Levee zu beeindruckendem Leben erweckt, um dann mit brillant nuanciertem Spiel die Tiefen in den Abgründen von Levees Seele und Vergangenheit auszuleuchten. Es ist eine markerschütternd geniale Performance, und nicht nur weil Corona-bedingt die Konkurrenz etwas kleiner ausfällt wäre es wenig verwunderlich, wenn im Frühjahr dafür posthum der Oscar als bester Hauptdarsteller fällig wird. Wenn dieser Film eines beweist, dann was für einen herausragenden Schauspieler die Welt letzten Sommer verloren hat.
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