Inside Wikileaks - Die fünfte Gewalt

Originaltitel
The fifth Estate
Jahr
2013
Laufzeit
128 min
Regie
Release Date
Bewertung
3
3/10
von Volker Robrahn / 22. Oktober 2013

wiki 1Die Geschichte ist nach wie vor brandaktuell und lag auch als Stoff fürs Kino klar auf der Hand. Während Wikileaks-Gründer Julian Assange noch immer in einer Botschaft in London ausharrt, da ihm in Schweden ein Prozess wegen Vergewaltigung droht, diente das Buch „Inside Wikileaks“ seines ehemaligen Gefährten Daniel Domscheit-Berg nun als Grundlage für einen genauso betitelten Spielfilm. Der entpuppt sich jedoch als große Enttäuschung und scheitert trotz prominenter und kompetenter Besetzung in den Hauptrollen auf sämtlichen sonstigen Ebenen.
 

wiki 2Daniel Berg (Daniel Brühl) wird aus Bewunderung für den charismatischen Aktivisten Julian Assange (Benedict Cumberbatch) innerhalb kurzer Zeit zu dessen treuestem und wichtigstem Mitarbeiter. Gemeinsam sorgen sie mit der Webseite „Wikileaks“ für immer mehr Aufsehen, denn sie bieten damit Menschen in sensiblen Geheimhaltungspositionen die Möglichkeit, deren Wissen über oft fragwürdige bis illegale Aktivitäten öffentlich zu machen. Die Enthüllungsplattform gewinnt rasch an Bedeutung und steht schließlich vor ihrem größten Coup, denn Assange und Berg stoßen schließlich auf tausende Seiten mit heiklen Dokumenten des US-amerikanischen Militärs sowie internen Vermerken, die für jede Menge diplomatische Verwicklungen sorgen könnten. Eine Veröffentlichung würde allerdings auch die Enttarnung und Gefährdung zahlreicher Informanten der Regierung bedeuten. Während Berg zögert, zeigt sich Assange unbeirrt und das Verhältnis der ehemals engen Freunde wird immer stärker belastet.
 

wiki 3Mit welchem der zahlreichen Probleme dieses Films sollen wir beginnen? Was auch dem ungeübten Betrachter ziemlich schnell ins Auge springt ist jedenfalls die äußerst zähe und wenig fesselnde Art mit der hier das – zugegeben sehr komplexe und visuell nicht einfach umzusetzende – Thema inszeniert wird. Praktisch jedes Mal, wenn es um die Inhalte und Abläufe der Wikileaks-Veröffentlichungen geht, bekommt man als Zuschauer nichts als hektisch blinkende und durchlaufende Zahlen- oder Zeichenkolonnen auf irgendwelchen Laptops präsentiert, deren Aussagekraft jedoch nicht mal eine Ahnung von der dahinter stehenden Bedeutung vermittelt. Das Tempo ist träge und spannungsarm, die Dialoge wenig aufregend, die Optik schlicht trist.

Womit „Inside Wikileaks“ so etwas wie das negative Gegenstück zu David Finchers „The Social Network“ darstellt, wo eine sehr ähnliche Geschichte (der Aufbau einer weltweit bedeutenden Internetseite durch zwei Freunde, die sich später gegenseitig bekämpfen) auf wesentlich ansprechendere und fesselnde Art und Weise umgesetzt wurde. Nun zeichnete Regisseur Bill Condon zwar zuletzt auch schon für den faden Abschluss der „Twilight“ -Serie verantwortlich, doch da in dessen Vita immerhin auch die ausgezeichnete Biographie über den Sexualforscher „Kinsey“ steht, musste man ihm die Kompetenz nicht von vornherein absprechen – nach Sichten dieses Filmes nun allerdings schon.

wiki 4Durch fragwürdige Schnitte sind einzelne Entwicklungen oft kaum noch nachvollziehbar, was vor allem für das dadurch im Minutentakt wechselnde Verhältnis der beiden Hauptfiguren gilt, die nach erbittertem Streit bereits wieder versöhnt sind, ohne dass es dafür eine echte Erklärung gäbe. Ebenfalls eher unangenehm bemerkbar macht sich dann noch die extrem unnatürlich wirkende Synchronisation, die selbst bei den deutschsprachigen Darstellern merkwürdig künstlich klingt. Dass es also schon bei Erzählrhythmus und Technik hapert und der Film daher von Beginn an kaum funktioniert, ist aber lediglich bedauerlich, was ihn dann zum regelrechten Ärgernis macht ist seine erschreckend platte Charakterzeichnung. Dass sich ein Julian Assange in der Adaption des Buches seines Gegenspielers unfair dargestellt fühlt, kommt dabei noch nicht unbedingt überraschend, wenn sich aber sogar der hier sehr wohlwollend portraitierte Berg kritisch äußert (und das hat er getan), dann klingeln doch langsam die Alarmglocken. Denn während Daniel Berg also offenbar stets das moralische und anständige Gewissen von Wikileaks verkörperte, handelt es sich bei Julian Assange demnach um einen völlig rücksichtslosen Egomanen, dessen Sozialverhalten beinahe schon an Autismus grenzt.

Zumindest möchte uns dieses bemerkenswert simpel gestrickte Werk das glauben machen und hält jegliche Differenzierung für überflüssigen Luxus. Der undankbarsten Part wird dabei dann den beiden Hauptdarstellern aufgeladen, die man mit ihren eindimensionalen Figuren alleine lässt. Etwas weniger hart trifft es noch den im Rahmen der Möglichkeiten solide agierenden Daniel Brühl als Sympathieträger, doch der trotz alberner Frisur noch ein wenig Charisma verströmende Benedict Cumberbatch hat sich mit dieser Rolle sicher keinen Gefallen getan.

Den tut sich dann auch derjenige nicht, der eine Karte für diesen schwachen Film löst. Wer Interesse am Thema hat und sein Wissen vertiefen möchte, ist da mit der erst vor kurzem angelaufenen Dokumentation „Wikileaks: We steal Secrets“ jedenfalls deutlich besser bedient.

Bilder: Copyright

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