
Ein ganzes Jahr hat man sie zappeln lassen, die harten „Twilight“-Fans, und das hatte sich noch nicht mal der Zauberlehrling getraut, von dem man ja die Idee mit der Kino-Zweiteilung der letzten Romanvorlage übernommen hat. Aber den Hype um die herbe Bella und ihre freundlichen Vampire hat auch diese Maßnahme nicht abklingen lassen, wie die Nachrichten von erneut weltweit vor den Lichtspieltheatern campierenden Anhängern belegen. Die Aufsplittung in zwei Einzelfilme erweist sich jedoch als lediglich kommerziell erfolgreiche Entscheidung, denn künstlerisch haben wir es nun mit zwei Werken zu tun, die jeder für sich leider keinen vernünftigen Handlungsbogen entwickeln, sondern erzähltechnisch eine mittlere Katastrophe mit zahlreichen Längen darstellen. Dabei entpuppt sich der zweite Teil von „Breaking Dawn“ im Vergleich zum Vorgänger nochmal als Steigerung in negativer Hinsicht.
Wir erinnern uns: Miss Bella (Kristen Stewart) gebar nach erfolgreicher Eheschließung und Entjungferung/Befruchtung in der Hochzeitsnacht nicht ganz problemlos das gemeinsame Kindlein mit Vampir Edward (Robert Pattinson) und wurde aus rein medizinischen Gründen kurz darauf dann endlich auch selbst zur Untoten gemacht. Viel mehr passierte in „Breaking Dawn 1“ eigentlich nicht und dasselbe gilt auch für den Großteil der Laufzeit von Teil Zwei. Denn eigentlich wäre jetzt ja alles supi und die Familie soweit glücklich und zufrieden. Sogar Teilzeit-Werwolf Jacob (Taylor Lautner) gibt Ruhe und schenkt seine überbordende Liebe statt der renitenten Bella jetzt halt deren Tochter (mit der Entschuldigung, dass er ja nun mal auf sie „geprägt“ wurde). Doch irgendwas muss halt noch passieren und so konstruiert man dann also einen Konflikt mit dem sowieso stets schlechtgelaunten Volturi-Clan um dessen leicht reizbaren Anführer Aro (Michael Sheen). Der weiß zwar auch nicht so genau, was es mit dem undefinierbaren und schnell heranwachsenden Baby von Vampir Edward und (bei der Geburt ja noch Mensch) Bella auf sich hat, beschließt aber das alles einfach mal nicht so toll zu finden und marschiert erbost gen Familie Cullen. Dies allerdings so bedächtig langsam, dass unseren Freunden noch ausreichend Zeit bleibt, neue Verbündete um sich zu scharen, da man offensichtlich der Meinung ist, das Figurenarsenal wäre nicht auch so schon groß genug. So füllt man dann Leinwandzeit mit einer Handvoll neuer Charaktere, die jeweils über genau eine Eigenschaft oder besonderes Merkmal verfügen und die dann im weiteren Verlauf auch gar keine Rolle mehr spielen werden. Aber sie stehen immerhin mit im Schnee, als es schließlich zur großen Konfrontation zwischen beiden Lagern kommt. Die Frage, ob das alles Sinn macht und denn überhaupt nötig sei, wird noch eine Zeit lang munter diskutiert und dann geht es schließlich rund.
Oder auch nicht. Denn was hier als großes Finale präsentiert wird, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist wohl so ziemlich die dreisteste Publikumsveralberung seit Vampire glitzern dürfen. Und weil dem so ist, wird sie hier jetzt auch geschildert, entgegen aller sonst geltenden Spoiler-Regeln (die Leser sind hiermit also gewarnt). Rechtfertigen möchten wir das mit der Auffassung, dass solch Frechheit einfach bestraft gehört, und der absoluten Gewissheit, dass es eh nichts nützen und auch nur irgendeinen Fan vom Kinobesuch abhalten wird. Also: Die große Schlacht wird gezeigt und dabei geht es richtig zur Sache, es wird enthauptet und getötet bis die Bundesprüfstelle kommt und dabei wird dann auch die eine oder andere „wichtige“ Figur nicht verschont. Wie bitte, das sei aber doch sehr „Twilight“-untypisch meinen Sie? Das stimmt und deshalb nimmt man es dann auch lieber wieder zurück. Soll heißen: Diese in der Tat brutale Schlacht entpuppt sich lediglich als eine „Was wäre wenn“-Version, mit der die hellsichtig begabte Alice dem zum Angriff bereiten Aro deutlich macht, dass er das doch lieber bleiben lassen sollte. Was der auch einsieht und unverrichteter Dinge kehrt macht.
Im Ernst: Man arbeitet hier den kompletten Film äußerst zähflüssig auf eine große Entscheidungsschlacht hin, die dann aber gar nicht stattfindet (übrigens auch in der Buchvorlage nicht). Da man dem Kinopublikum aber ja ein bisschen was an Action bieten muss, zeigt man sie trotzdem, nur um sie anschließend für ungültig zu erklären. Womit wir am Ende dieses Films also im Prinzip wieder genau dort stehen, wo wir schon zu Beginn waren.
Die gesamte Existenz von „Breaking Dawn - Teil 2“ ist also nichts als reiner Fanservice und liefert noch ein bisschen mehr von all dem, was diese so liebgewonnen haben. Moment, zumindest eine Sache ist neu: Unser bisher so zaghaftes und scheues Reh Bella Swan darf als neugeborener Vampir nun auch mal richtig aggressiv und wild sein, besiegt einen neuen Artgenossen im Armdrücken und hat auch sonst jede Menge Spaß an ihren neuen Kräften. Was Kristen Stewart gleichzeitig die Gelegenheit gibt, ihre schauspielerische Bandbreite ein weiteres Mal zu erweitern und so zu beweisen, dass sie in der Tat die talentierteste und vielversprechendste der hier versammelten Jungmimen ist. Für ihre beiden Herzbuben bleibt dagegen nur sehr wenig zu tun, Waschbrettbauch Taylor Lautner präsentiert diesen bereits nach wenigen Minuten und Robert Pattinson steht die meiste Zeit einfach in der Gegend rum und lächelt oder grinst dabei auf sehr unterschiedliche, stets aber sehr merkwürdige Art und Weise. Als Gegenstück dazu gibt Michael Sheen seinen Obervampir mit sichtlichem Vergnügen an der Übertreibung, was dem Geschehen um ihn herum aber auch völlig angemessen ist.
Dass bis zum (Pseudo-)Finale ansonsten praktisch nichts passiert, wurde bereits erwähnt und so bleibt einem nichts übrig als sich bis dahin an den (zugegeben sehr hübsch komponierten) Bildern unserer immer noch Frischverliebten zu ergötzen. Der Zielgruppe wird das wohl auch völlig genügen, so wie die sich auch über den Abspann-Bonus freuen.wird, in dem dann sämtliche Charaktere aus diesem und den vorangegangenen Filmen noch einmal genannt und gezeigt werden. Das sind mehr als 60 und auch hier wird noch einmal deutlich, dass – gerade im Vergleich mit dem ähnlich reich bevölkerten Harry Potter-Universum – sehr viele dieser Figuren kaum einen nennenswerten Eindruck hinterlassen haben.
Die „Twilight“-Reihe begann einst mit einer Inszenierung voll unfreiwilliger Komik und nur mäßigen Darstellerleistungen. Sie steigerte sich dann erkennbar und mit ihr auch die Beteiligten, so dass sie zu ihrer besten Phase mit den Filmen Zwei und Drei immerhin solides Genre-Kino bot. Mit dem reichlich misslungenen zweigeteilten Finale schließt sich nun aber der Bogen ungewollt wieder zum schwachen Anfang. Den überzeugten Fans wird das vermutlich egal sein, aber für alle anderen (und das betrifft sicher nicht nur die grimmigen Kritiker) dürfte dieser zweite Teil von „Breaking Dawn“ doch ziemlich ungenießbar sein.
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