"Hustle" ist eines dieser englischen Wörter, die sich nie so richtig treffend übersetzen lassen. Je nach Kontext kann es die mühsamen Anstrengungen bedeuten, irgendwie Geld ranzuschaffen, sich ziemlich beeilen zu müssen oder sich bei irgendetwas richtig ins Zeug zu legen - zum Beispiel, wenn man auf dem Basketballfeld dem Gegner den Ball abluchsen will. Es umreißt jedenfalls immer eine Form von wiederkehrendem, alltäglichem Kampf, und in solch einem steckt auch Stan Sugarman (Adam Sandler), der als Talent-Scout im Dienste des NBA-Teams Philadelphia 76ers um die Welt jettet, doch sich eigentlich nichts sehnlicher wünscht, als zum Assistenz-Trainer aufzusteigen und somit endlich zuhause bleiben zu können, bei Frau und Tochter.
Stans Fahrkarte zu dieser Beförderung wäre die Entdeckung eines Riesen-Talents. Und diese Chance scheint zu kommen, als er in Spanien durch eine glückliche Fügung über den Basketball-Rohdiamanten Bo Cruz (Juancho Hernangomez) stolpert. Doch der Weg, Bo tatsächlich in die NBA zu bringen, ist hart und schwierig - gilt es schließlich nicht nur, Bo in kürzester Zeit in Profiliga-Form zu trainieren, sondern auch die Skeptiker aus der Chefetage zu überzeugen. Und vor allem, die Selbstzweifel und inneren Dämonen von Bo in den Griff zu kriegen, die ihm auf dem Feld immer wieder im Weg stehen und ihn anfällig für die zersetzende Kraft des omnipräsenten "trash talk" seiner Gegenspieler machen.
Das neue Sport-Drama im Angebot von Netflix ist natürlich vor allem etwas für Basketball-Fans, und die werden hier auch voll und ganz auf ihre Kosten kommen. Schon allein dank des Wiedererkennungswertes, wenn hier alle paar Minuten eine aktuelle oder ehemalige NBA-Legende auftaucht und der fiktiven Handlung so einen ordentlichen Schuss "Realness" verleiht (u.a. mit dabei: Dirk Nowitzki, Moritz Wagner, Charles Barkley, Julius Erving, Allen Iverson, Luka Doncic, Kyle Lowry, Trae Young, undundund...). Aber es reicht auch, dem Subgenre des Sportfilms allgemein etwas abgewinnen zu können, um hier gut unterhalten zu werden.
"Hustle" erfindet das Rad zwar in keinster Weise neu, hat nichts wirklich Überraschendes im Köcher, wenn es darum geht, Hindernisse zu finden, die sich dem großen Ziel hier in den Weg stellen, und grast auch ansonsten ein sattsam bekanntes Feld ab (der Mittelteil des Films ist eigentlich eine einzige Trainings-Montage, wie man sie in ähnlicher Variation seit den Tagen von "Rocky" schon gefühlt tausendmal gesehen hat). Und dennoch weiß der Film einzunehmen - dank seiner Authentizität, was das Geschehen auf dem Spielfeld und drumherum betrifft; dank seiner spektakulären und energiereichen Spiel-Sequenzen; und vor allem auch dank der tollen Chemie im trocken-ironischen und brüderlichen Miteinander zwischen Adam Sandler und Juancho Hernangomez (der übrigens im echten Leben tatsächlich ein NBA-Profi ist, allerdings kein ganz so enormes Mega-Talent wie der fiktive Bo Cruz, mit dessen Biografie Hernangomez auch nichts gemein hat).
Überhaupt zeigt Sandler hier einmal mehr, was für ein großartiger Schauspieler er eigentlich ist, wenn er es mit Gravitas und Einfühlungsvermögen schafft, das Gewicht des jahrelangen "Hustle" in der Tretmühle des Talent-Scoutings spürbar zu machen, dass seinen Stan Sugarman geformt und zurechtgestutzt hat. Wenn man Sandler nur in seinen ernsthaften Rollen sieht, könnte man wirklich komplett vergessen, mit was für infantilem Gaga-Humor er eigentlich steinreich und weltberühmt geworden ist.
Letztlich wird "Hustle" vorwärts getragen von einer unterschwelligen, deutlich spürbaren Aufrichtigkeit: Jeder, der hier mitwirkt (ob hinter der Kamera oder davor), ist mit Herzblut dabei, weil er Basketball liebt. Und dieses Herz ist entscheidend dafür, dass sich der Film nicht so anfühlt wie der nächste Auswurf des Netflix-Programm-Algorithmus, der mit dem Sport-Drama ein weiteres Subgenre entdeckt hat, das im Kino schon seit Jahren nicht mehr stattfindet und deswegen erfolgsversprechend im Streaming wiederbelebt werden kann. Man glaubt "Hustle" die Gefühle, die er erzeugen will. Und für einen guten Filmgenuss ist das schon mehr als die halbe Miete. "Hustle" reißt einen nicht vom Hocker wie ein "Buzzer Beater". Aber er macht mindestens so zufrieden wie ein perfekt versenkter Drei-Punkte-Wurf. Swish. Nothing but net.
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