James Bond ist trotz seines Kampfes gegen das Böse nicht unbedingt als Gutmensch bekannt. Erst recht nicht, seit der Agent aller Agenten von Daniel Craig verkörpert wird. Der hat offensichtlich ein Faible für leicht gebrochene Männer, denen nichts übrig bleibt, als sich mit roher Gewalt zu verteidigen, denn sein neuer kantiger Held fällt ebenso in diese Kategorie. In "Defiance" ist die Sache, für die sich Craigs Figur einsetzt, nun eindeutig und unbestreitbar eine gute. Tuvia Bielski flüchtet als osteuropäischer Jude gemeinsam mit seinen Brüdern Zus (Liev Schreiber) und Asael (Jamie Bell) vor der Verfolgung der Nazis und versteckt sich in den Wäldern, wo er ein verborgenes Camp für letztlich hunderte von jüdischen Flüchtlingen aufbaut. Trotz dieser Eindeutigkeit bleibt aber das zentrale Motiv des Films die Frage nach der Legitimation von Gewalt, selbst im Widerstand.
Tuvia nimmt grausame Rache an den Schergen, die seine Familie getötet haben, doch das biblische "Auge um Auge, Zahn um Zahn" fällt ihm im Gegensatz zu seinem Bruder Zus nicht leicht. Unfreiwillig werden die Bielski-Brüder in ihrem Waldversteck zur Anlaufstelle aller fliehenden Juden aus der Umgebung, längst kein ausgebildetes oder auch nur geeignetes Guerilla-Heer. Die Aussichtslosigkeit der Situation verschlimmert sich mit jeder neuen Familie, die zu den Rebellen stößt, während sich der Ring der Nazis um den Wald schließt, der auch noch einigen russischen Kosaken Unterschlupf geboten hat. Nachdem es zum Konflikt zwischen den Brüdern kommt, schließt sich Zus den Russen an, um seinen erbitterten Rachekampf weiter führen zu können. Tuvia dagegen ist hauptsächlich auf das Überleben seiner Schützlinge bedacht. Der Wintereinbruch und der Nahrungsmangel setzt den Campbewohnern heftig zu, dazu kommen Spannungen zwischen den verschiedenen Gesellschaftsklassen unter den Flüchtlingen.
Auch die heiklen Fragen der innerjüdischen Konflikte werden in "Defiance" angedeutet. Bei einem konspirativen Treffen mit im Ghetto verbliebenen Juden wird deutlich, dass keineswegs eine homogene Gruppe mit den gleichen Interessen existierte. Diese Aufklärung ist auch unabdingbar, um die drängende Frage nach dem wenigen aktiven Widerstand zu beantworten. So fliehen aus Angst vor der Bestrafung zunächst kaum Juden aus den Ghettos, zusätzlich wird der Informationsfluss gering gehalten, um eine Panik zu vermeiden.
"Defiance" bleibt bei alledem ein Actiondrama, das natürlich einigen Gesetzmäßigkeiten der Filmindustrie folgen muss und dies auch routiniert bewältigt. Beworben mit dem Slogan: "Die größten Helden, von denen Sie noch nie gehört haben" zeigt der Film aber tatsächlich eine in der Filmschwemme über den Zweiten Weltkrieg erstaunlich vernachlässigte Seite jener Zeit. Vielleicht liegt es an den sperrigen Bielski-Brüdern, die nicht zu strahlenden Helden taugen und ihre Rettungstaten eher widerwillig vollbringen. Craig verleiht seinem Tuvia bei aller Körperlichkeit und machohaftem Aktionismus eine nachdenkliche, fast philosophische Seite, die ihn als Anführer seiner zufälligen Gruppe glaubhaft werden lässt. Trotzdem darf er sich natürlich blutig durch den Matsch quälen, hart gegen sich und andere sein und sogar die hübscheste Dame des Camps (Alexa Davalos) für sich gewinnen. Immerhin darf die dann auch in prä-feministischem Geist zur Waffe greifen. Daneben zeigt Jamie Bell, dass er aus den Ballettschuhen seines "Billy Elliot" langsam heraus gewachsen ist.
Als Fazit bleibt: Ein guter Hollywoodfilm mit spannendem Thema, der leider die Möglichkeiten verpasst, eine spannende Skizze der Psyche von Menschen in einer Extremsituation zu zeichnen. Stattdessen opfert Regisseur Zwick die Tiefe allzu oft für ein paar mehr actiongeladene Verfolgungsszenen. Das hat es wohl gebraucht, um diesen Stoff in Hollywood an den Mann zu bringen. Was ihn wirklich interessant macht, wird dafür leider vernachlässigt. Was bleibt ist ein guter, solide gemachter Film, der es aber nicht schafft, trotz seiner authentischen Geschichte nachhaltig im Gedächtnis zu bleiben.
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