An Regisseur Zack Snyder („Justice League“, „Sucker Punch“) spalten sich ja die Geister. Visuell einer der spannendsten Regisseure seiner Generation, ist sein Faible für stilisierte Gewalt durchaus diskussionswürdig und sein Hang zum pathetisch-düsteren Zynismus für manche Projekte schlicht Gift („Superman V Batman: Dawn of Justice“). Wenn aber ein Haufen abgewrackter Söldner eine Zombie-Bastion infiltrieren möchte, passen all diese Eigenschaften wie die Faust aufs Auge. Zwar fügt Snyder mit „Army of the Dead“ dem Zombie-Genre keine wirklich neuen Facetten hinzu, doch dank einer schönen Team-Dynamik, kompetenten Action-Sequenzen und genau dem richtigen Spritzer Zynismus bietet er Fans des Genres eine sehr unterhaltsame Metzelorgie.
Dabei bekommen wir mit „Army of the Dead“ sozusagen eine Art „Zombie-Heist“-Film serviert. Der ehemalige Söldner Scott Ward (Dave Bautista, “Guardians of the Galaxy“) bekommt von einem undurchsichtigen Geschäftsmann das Angebot vorgelegt, sich sein eigenes kleines Team zusammenzustellen, um damit mehrere Millionen US-Dollar aus einem Safe in Las Vegas zu klauen – mit der Aussicht auf einen goldenen Lebensabend. Kleiner Haken an der Sache: Seit einiger Zeit ist Vegas von einer riesigen Horde Untoter besetzt und das Gebiet deswegen hermetisch abgeriegelt. Und noch eine Randnotiz: In wenigen Tagen plant die Regierung das ehemalige Glücksspielparadies mit einer Atombombe dem Erdboden gleichzumachen.
Klingt für Scott irgendwie trotzdem noch nach einer guten Idee. So macht er sich mit einer schlag- und schießkräftigen Truppe, wie zum Beispiel dem Kettensägenliebhaber Vanderohe (Omari Hardwick), der coolen Helikopterpilotin Marianne (Tig Notaro), der toughen Zombie-Expertin Lilly (Nora Arnezeder) oder dem deutschen Safeknacker Dieter (Matthias Schweighöfer) auf den Weg in die Zombie-Hölle. Eine Mission, die nicht gerade dadurch vereinfacht wird, dass sich auch noch Scotts Tochter Kate (Ella Purnell) mit ins Team schmuggelt.
Dass ihm das Zombie-Genre liegt, hat Zack Snyder ja schon mit dem gelungenen Remake von „Dawn of the Dead“ unter Beweis gestellt, das ihn berühmt gemacht hat. Im Gegensatz zu damals gehen seine Protagonisten diesmal allerdings freiwillig auf Konfrontationskurs mit den Untoten – hauptsächlich motiviert durch einen riesigen Batzen Kohle. Der Einbau dieser „Ocean's-Eleven“-Variation ist aber nicht der einzige löbliche Versuch, das Zombie-Genre hier etwas kreativ aufzupäppeln. So präsentiert man uns, passend zur Location, einen mächtigen Zombie-Tiger, und die etwas cleverere Upper-Class der Untoten lässt sich sogar auf Verhandlungen mit den menschlichen Besuchern ein.
Doch je länger der Film dauert, desto mehr treten diese kreativen Aspekte in den Hintergrund und der Streifen entwickelt sich dann eben doch zu einem eher klassischen, rustikalen Zombie-Kopfschuss-Spektakel. Zugegeben, dass sich der Zombie-Oberbösewicht sein so wichtiges Gehirn mit einer Metallplatte schützt, ist aus dessen Sicht ein durchaus cleverer Einfall. Aber von solchen Ideen gibt es dann am Ende einfach zu wenig, um hier nun von einer Genre-Revolution sprechen zu können.
Auch die Story geht relativ geradlinig ihren Weg und wartet mit nur wenigen Überraschungen auf. Viele der Storyelemente und Figurenkonstellationen wirken vertraut, ob nun der etwas konstruierte Vater-Tochter-Konflikt oder die übliche Liebesbeichte kurz vor der finalen Schlacht. Das hat stellenweise durchaus Potential zum Fremdschämen, doch glücklicherweise ist der Film clever genug, meistens genau im richtigen Moment die Handbremse zu ziehen und das Spielfeld zu wechseln. Immer wenn unnötiger Kitsch oder Pathos droht, kommt eines der Teammitglieder mit einem zynischen Spruch oder einem coolen Oneliner um die Ecke und entschärft die Situation.
Oft ja für filmischen Exzess bekannt, findet Zack Snyder in „Army of the Dead“ so genau das richtige Maß, um den Film auf Kurs zu halten – und zwar in nahezu allen Bereichen. In Sachen Action wechselt sich intensives Geballer mit gelungenen Schleicheinlagen ab. Auch wenn keine Sequenz dabei so richtig heraussticht, den Adrenalinpegel hebt das immer wieder erfolgreich an. In Punkto Gewalt hält Snyder zwar mit der Kamera, die er in dem Film selbst führt, immer ordentlich drauf. Doch richtig eklig wird es nur selten (zugegeben, das mögen manche Fans des Genres als Nachteil sehen). Und auch in Sachen Effekthascherei und Stilisierung hält Snyder sich für seine Verhältnisse merklich zurück, was den Vorteil hat, dass der Film nie Gefahr läuft zu gekünstelt rüberzukommen, und man so emotional enger an die Figuren rücken kann.
Vor allem aber gönnt der Film seinen Figuren und den Zuschauern immer wieder angenehme Pausen von der Zombie-Action, in denen wir Zeit bekommen unsere bunt gemixte Heldentruppe ein wenig besser kennenzulernen. Womit wir dann auch bei der größten Stärke dieses Films angekommen sind. „Army of the Dead“ verfügt über einen Haufen fertiger Typen, denen einfach alles egal ist, bei dem niemand dem anderen traut und sich konsequent eigentlich immer gedisst wird. Dieser Zynismus zieht sich durch fast alle Konversationen und man spürt förmlich, dass Snyder, der hier auch noch das Drehbuch selbst beisteuert, dabei voll in seinem Element ist. Da wird dann eben schon einmal von einer Figur leidenschaftlich argumentiert, warum ihr Leben, völlig objektiv gesehen natürlich, doch sicher mehr wert sei als das der Anderen.
Dabei schafft es der Film fast alle Figuren, und das sind eine Menge, irgendwie cool und nicht austauschbar erscheinen zu lassen. Ob die erfrischend zynische Scheißegal-Haltung unserer Helikopterpilotin, das kleine Privatduell zwischen dem naiven Dieter und dem coolen Vanderohe oder die genauso toughe wie charismatische Lilly – jede Figur bietet ein paar interessante Aspekte und bekommt vor allem auch Gelegenheit, sich zumindest kurz einmal ins Rampenlicht spielen zu können. Eine wilde Truppe, die nie ein richtiges Team ist und doch oder vielleicht gerade deswegen so gut funktioniert.
Da darf man dann auch einmal die sehr internationale Schauspieltruppe loben, die sich Netflix ganz zielgruppengerecht hier zusammengestellt hat. Vor allem Nora Arnezeder, Tig Notaro und Omari Hardwick sprühen geradeso vor Charisma, und nach ein bisschen Anlaufschwierigkeiten kommt auch Matthias Schweighöfer gut in Fahrt. Nur Dave Bautista wirkt in manchen Szenen ein klein wenig farblos, eignet sich aber trotzdem noch als ordentlicher Ruhepol für diese durchgeknallte Truppe. Damit wir uns nicht falsch verstehen, wir haben es jetzt hier auch nicht mit unvergesslichen Filmcharakteren zu tun. Aber kein Ableben ist einem hier egal, und damit erfüllt der Film eine der wichtigsten Grundvoraussetzungen, damit das Publikum emotional am Ball bleibt.
So findet der Film eine gute Mischung aus apokalyptischer Grundstimmung, erfrischend leichtfüßiger Charakterinteraktion und ein wenig Augenzwinkern. Dass Snyder dabei riesig Spaß hat, zeigt sich auch in vielen kleinen Details, wenn er zum Beispiel seinen alten Kamerakollegen Larry Fong („300“) mit einem überdimensionalen Plakat feiert oder auf die Newsmeldung des geplanten Atombombenangriffs direkt die offizielle Stellungnahme der Elvis-Imitatoren dazu ankündigen lässt. Auch wenn „Army of the Dead“ gegen Ende vielleicht einen kleinen Ticken zu lang geraten ist, bietet der Film über weite Strecken doch sehr kurzweilige Unterhaltung – vorausgesetzt natürlich, man hat kein Problem mit ein paar Blutspritzern auf dem Popcorn.
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