In der Flut der aktuellen Superhelden-Filme nimmt „Batman V Superman“ deshalb eine besondere Stellung ein, weil halt so verdammt viel von ihm abhängt. Denn es genügt in diesem Fall einfach nicht, lediglich das ohnehin gewaltige Budget von 250 Millionen Dollar wieder einzuspielen und damit zu rechtfertigen, was für sich genommen auch kein Selbstgänger ist. Gleichzeitig muss der Film aber auch als Startpunkt und Grundlage für gleich ein knappes Dutzend weiterer geplanter Produktionen funktionieren, mit denen es dann irgendwie doch noch gelingen soll, auch den DC-Helden eine ähnliche Kino-Bedeutung zu verleihen wie sie die Konkurrenz aus dem Hause Marvel nun schon seit einer guten Dekade besitzt (und zudem vielleicht eine ähnliche Geldmaschine zu generieren).
Denn abgesehen von „Batman“ tun sie sich bisher nur im Fernsehen leicht, die Figuren des Verlages der dieses Genre einst begründete. Mit „Man of Steel“ orientierte man sich vor ein paar Jahren dann folgerichtig auch am Dunklen Ritter und verpasste auch dem eigentlich deutlich leichteren und mit einer rundum positiven Aura ausgestatteten „Superman“ einen grimmig-grüblerischen Anstrich. „Man of Steel“ wurde damit zwar nicht zum Megahit, kam aber doch überwiegend gut an und bot auf jeden Fall einen interessanten neuen Ansatz. Die große Bewährungsprobe steht aber erst jetzt an und wo der finanzielle Erfolg im Moment noch ungewiss ist, muss man nach Sichtung von „Dawn of Justice“ leider feststellen: Qualitativ ist dieser Film eine heftige Enttäuschung.
Die Mehrheit verehrt ihn als Helden, doch es gibt auch kritische Stimmen, denen eher unwohl ist bei der Vorstellung, dass sich jetzt ein fast allmächtiges mit gewaltigen Kräften ausgestattetes Wesen auf der Erde bewegt. Zu denen, die mit diesem „Superman“ (Henry Cavill) so ihre Probleme haben, gehört auch Bruce Wayne (Ben Affleck), der miterleben muss, wie sich die zerstörerischen Kämpfe des Übermenschen auf unschuldige Passanten auswirken können. Da der Milliardär zudem auch als „Batman“ das Verbrechen bekämpft, sinnt er bald darüber nach, wie man den Mann vom Planeten Krypton ausschalten kann. Das interessiert auch Lex Luthor (Jesse Eisenberg), seines Zeichens Erbe eines einflussreichen Konzerns, der sowohl den Willen als auch die Intelligenz besitzt um effektive Waffen gegen die kostümierten Männer zu organisieren und diese gegeneinander auszuspielen. Die finale Konfrontation der beiden so unterschiedlichen „Helden“ scheint unvermeidlich, doch dann greifen noch weitere Figuren in das Geschehen ein.
Es beinhaltet schon eine gewisse Ironie. Einst lösten die Marvel-Comics vor allem deshalb die Konkurrenz in der Popularität der Comicleser ab, weil sie sich wesentlich realistischer und weit weniger makellos-heldenhaft gaben als ihre blitzsauberen, glattgebügelten und dabei immer etwas braven und langweiligen DC-Gegenstücke. In der Kino-Gegenwart sind es nun aber Superman & Co., die einen betont düsteren, ernsthaften Eindruck vermitteln wollen. Doch auch wenn es grundsätzlich nicht zu verurteilen ist, es mit einem anderen Ansatz zu versuchen: Was beim dunklen Ritter noch Sinn macht, das wirkt beim Rest nicht nur sehr gezwungen, wenn nicht gar unpassend, es raubt einem auch von vornherein jedes Vergnügen an diesem Film-Universum.
Der raue Look von „Man of Steel“ wird dabei nicht nur beibehalten, sondern sogar noch verstärkt, Sturm und Regen beherrschen die Umgebung, Tageslicht wird entweder ganz vermieden oder so in Szene gesetzt, dass trotzdem alles äußerst trist wirkt. Jeder hier ist durchgehend schlecht gelaunt, was die wenigen Versuche etwas Humor oder ein paar Oneliner unterzubringen zwangsläufig zu Fremdkörpern macht. Der einzige, der hier mitunter ein wenig gelungenen Witz und Leichtigkeit hineinbringt, ist Lawrence Fishburnes Perry White, doch der Chefredakteur des „Daily Planet“ kommt in der Besetzungsliste ungefähr an Position Nummer Zehn, was aber tatsächlich den Humoranteil im Film ganz gut widerspiegelt.
Nun gut, eine Runde „grim´n gritty“ steht also an, was insbesondere für die neue Batman-Inkarnation gilt, denn nie zuvor war der Mitternachts-Detektiv übler drauf als in der Interpretation von Ben Affleck. Aber um es von vornherein ganz deutlich zu sagen: Der im Vorfeld vielgescholtene Affleck ist hier überhaupt nicht das Problem, sondern verkörpert das was er darstellen soll sogar sehr überzeugend. Doch was ist das denn bitte für ein „Batman“, den man sich da ausgedacht hat? Dieser völlig unvernünftige, unreflektiert handelnde und mit einem (un)gerechten Zorn auf alles ausgestattete Charakter bietet keinerlei Raum für Sympathie. Dafür legt man ihm Sätze in den Mund wie „Wenn auch nur die Möglichkeit von einem Prozent besteht, dass sich dieser Superman als Feind herausstellt, dann müssen wir das wie eine absolute Gewissheit betrachten“. Was in den Augen des paranoiden Milliardärs bedeutet: Man muss ihn auslöschen – eine Auslegung der Theorie vom „Präventivkrieg“, die zwar dem ehemaligen US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld Tränen der Begeisterung in die Augen getrieben hätte, die aber nur wenig zur Identifikation mit einem als positive Figur gedachten „Helden“ einlädt.
Auch im weiteren Verlauf trifft diese Figur, die behauptet „Batman“ zu sein, immer wieder geradezu haarsträubende Fehlentscheidungen. Demgegenüber kommt Henry Cavills stets das Gute wollender, dabei aber durchgehend mit sich und seiner Berufung hadernder Mann vom Planeten Krypton zwar erneut etwas dröge, aber immerhin halbwegs stimmig daher. Wenn sich als interessanteste Heldenfigur (die zugleich auch den eindrucksvollsten Auftritt hinlegt), tatsächlich die mit nur spärlicher Leinwandzeit ausgestattete Amazone „Wonder Woman“ von Gal Gadet entpuppt, dann ist hier aber gewaltig was schiefgelaufen bei der Konzeption.
Was Jesse Eisenbergs Interpretation des Jokers, äh, pardon von „Lex Luthor“ angeht, so dürfte deren überdrehte und hypernervöse Ausprägung vermutlich dem einen oder anderen Betrachter ziemlich auf die Nerven gehen, ist in diesem Fall aber ganz klar Geschmackssache. An wem man sich bei diesem, dem Irrsinn schon ziemlich nahen Schurken orientiert hat ist aber sehr offensichtlich. Nicht viel zu sagen gibt es dagegen über Amy Adams als Lois Lane, denn die hat im Vergleich zu ihrem ersten Auftritt im Vorgänger nur wenig zu tun. Außer halt ständig aus Gefahr gerettet zu werden, was für diese Figur leider auch einen deutlichen Rückschritt bedeutet.
Zweieinhalb Stunden Zeit nimmt sich dieses Epos für seine Geschichte und macht dabei in fast jeder Einstellung deutlich, dass es auch genau das sein möchte: Hier gibt’s „Drama, Baby!“ und das nicht zu knapp. Jeder Blick ist bedeutungsschwanger, die Apokalypse kündigt sich fortwährend an und wenn das irgendjemand trotzdem nicht kapiert, dann macht ihm das spätestens die bombastische Filmmusik von Hans Zimmer klar, die auch dann durchgehend anschwillt, wenn eigentlich gar nichts Dramatisches passiert. Und das ist in der ersten Stunde praktisch durchgehend der Fall, denn nach einem gelungenen Auftakt, der den Endkampf aus „Man of Steel“ noch einmal aus der Sicht der „einfachen Leute“ unten auf den Straßen zeigt, wird die anfangs noch positive Grundstimmung des Zuschauers auf eine harte Probe gestellt. Bis sie schließlich aufgrund der unnötig verschachtelten, zerfasernden Geschichte schließlich komplett umschlägt, wozu auch die merkwürdigen, kaum erklärbaren Visionen des Bruce Wayne ihren Beitrag leisten, die aber tatsächlich lange Zeit die einzigen Sequenzen darstellen, in denen mal ein bisschen was los ist.
Wenn dann noch einer der ältesten Tricks der Filmgeschichte herangezogen wird, indem sich die gezeigte Bedrohung und „Action“ nur als Traum herausstellt, aus dem einer unser Helden schweißgebadet aufwacht, dann illustriert auch das die Verzweiflung der Autoren, die an ihrem eigenen, völlig misslungenen Aufbau der Handlung herumexperimentieren um das Publikum vorm Tiefschlaf zu bewahren. Falls es der Plan war, mit einem tollen Finale schon noch alles wieder auszubaden, dann ist auch der gründlich in die Hose gegangen. Denn der präsentierte (und Comiclesern wohlbekannte) Endgegner sieh nicht nur optisch aus wie ein etwas zu groß geratener Org und ermüdet sein Publikum mit einer endlos ausgewalzten CGI-Schlacht , „Dawn of Justice“ schließt dann auch noch mit einem langgezogenen (selbstverständlich höchst dramatischen) Ausklang, der gefühlt mehr Abschiedsszenen enthält als das Finale von „Herr der Ringe“.
Doch, es gibt auch einzelne starke, richtig gelungene Momente in diesem monströsen, ansonsten völlig überfrachteten Werk. Der originelle Auftakt sowie der Auftritt von „Wonder Woman“ wurden bereits genannt, zu nennen sind auf jeden Fall auch noch der erste Kampf zwischen den beiden Titelfiguren, bei dem es gelingt halbwegs glaubwürdig zu zeigen, wie ein von den Voraussetzungen her eigentlich hoffnungslos unterlegener Batman dem Stählernen trotzdem Paroli bieten kann, und auch die ersten kleinen Cameo-Auftritte der bald mit ihren eigenen Filmen in die Schlacht ziehenden weiteren DC-Helden.
Eine Schlacht, die aber bereits jetzt so gut wie verloren scheint, wenn sich nicht gewaltig was ändert an der Ausrichtung und Machart des Superhelden-Universums der Ausprägung „DC“. So etwas wie Vorfreude auf die große Zusammenkunft der „Justice League“ kann dieser anstrengende, in so vielen Aspekten misslungene Film mit seiner katastrophalen Struktur jedenfalls nicht vermitteln. Und das ist wirklich ein Jammer.
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