Jesus liebt mich

Jahr
2012
Laufzeit
100 min
Genre
Release Date
Bewertung
6
6/10
von Volker Robrahn / 18. Dezember 2012

jesus lm 1Florian David Fitz gehört sicherlich zu den aufstrebenden Stars des deutschen Kinos. Nach den TV-Jahren in „Doctor`s Diary“ folgte 2011 die preisgekrönte (und auch von einem unerwartet großen Publikum beachtete) Hauptrolle in „Vincent will Meer“, dazu die „Männerherzen“ und zuletzt mehrere Altersstufen des Mathematikers Gauß in Detlev Bucks „Die Vermessung der Welt“. Die Komödie „Jesus liebt mich“ stellt nun nicht nur eine weitere Drehbuch- sondern auch die erste Regiearbeit von Fitz dar, der hauptberufliche Schauspieler übernimmt darin auch gleich noch die Rolle der Titelfigur und grüßt somit als der leibhaftige Sohn Gottes von der Leinwand.

 

jesus lm 2Obwohl der Heiland hier genau genommen nur die zweite Geige spielt, denn Hauptperson der Handlung ist die leicht chaotische Marie (Jessica Schwarz), die gerade erst ihre geplante Hochzeit mit einem biederen Langweiler in den Sand gesetzt hat und dafür sowohl von Mama (Hannelore Elsner) als auch Papa (Peter Prager) ein wenig gescholten wird. Wobei ihr Vater sich eigentlich mehr um seine neue Lebensgefährtin Svetlana (Palina Rojinski) kümmert, sehr jung und sehr russisch. Ihre Mutter ist dagegen eine Art freigeistiger Paradiesvogel, der einst vor längerer Zeit dem örtlichen Pastor Gabriel (Henry Hübchen) das Herz brach. Dabei hatte der doch extra für seine Herzdame die Unsterblichkeit als Erzengel aufgegeben und tröstet sich seitdem vorwiegend mit viel Alkohol übers traurige Menschsein hinweg. Gabriel ist aber dafür auch der Einzige, der sofort erkennt wer sich da eines Tages inmitten der dörflichen Gemeinschaft die Ehre gibt. Kollege Satan (Nicholas Ofcarek) braucht dafür schon etwas länger, ist aber von den neuen Perspektiven recht angetan. Wandelt Jesus doch nur deshalb wieder auf Erden, um den anstehenden Weltuntergang vorzubereiten. Vorgesehen ist dafür – so Gott will – übrigens der nächste Dienstag.

 

jesus lm 3Nehmen wir es einfach mal so hin, dass sich von Jesus über den Erzengel und auch Satan nahezu die gesamte göttliche Truppe im übersichtlichen Rahmen einer mitteldeutschen Kleinstadt versammelt und auch sonst die ganze Chose hier bitte nicht allzu ernst. Dann werden erstens keinerlei religiöse Gefühle verletzt und man kann zudem etwas lockerer darüber hinwegsehen, dass es sich bei „Jesus liebt mich“ schon um einen rechten Blödsinn kleiner oder auch größerer Absurditäten handelt. Der aber andererseits so harmlos und sympathisch daherkommt, dass man sich das Treiben schon ganz gut anschauen kann. Was weniger an Florian-David Fitz liegt, der sich offenbar mehr auf seine (solide) Regiearbeit konzentrierte und dafür bei der heiklen Mission als Jesus Christus stark zurücknimmt, indem er die meiste Zeit zwar ernsthaft, aber mit unbedarft selig-gutmütigem Lächeln über die Straßen und natürlich auch übers Wasser wandelt.

Die Verwicklungen und Verwunderungen die seine Figur mit den modernen, gerne rauen und herzlosen Menschen erlebt sind dabei vorhersehbar. Es ist die liebenswert-verpeilte Marie von Jessica Schwarz, die sich nicht nur unvermeidlicherweise in den Herrn Jesus verliebt, sondern auch die Geschichte trägt und deren stets von leichter Panik geprägter Aktionismus für hohes Tempo sorgt, sei es bei dem was ihr ständig so an unausgesprochenen Gedanken durch den Kopf geht („Der kommt aus Palästina, ach du Scheiße, also ein Terrorist!“) oder mit ihren Versuchen mal schnell ein besserer Mensch zu werden um die gesamte Menschheit zu retten (brave Klamotten anziehen und ein afrikanisches Kind adoptieren müsste dafür doch eigentlich genügen, oder?).

 

jesus lm 4

Auch die Nebenfiguren sind überwiegend gut gelungen, neben dem ständig von Fliegen umschwirrten Satan/Luzifer ist es vor allem dessen Kollege in Sachen „gefallener Engel“, den Henry Hübchen beinahe schon genial zwischen tiefer Depression und leicht funkelnder Hoffnung mit viel verschmitztem Witz anlegt. Ob es nötig war, den Herrn Vater des weißgewandeten Bärtigen schließlich auch noch persönlich auftreten und ein paar Weisheiten verkünden zu lassen, ist aber doch fraglich, wie überhaupt die finale Wandlung zum mit ein paar mittelprächtigen Spezialeffekten aufgepeppten Fantasy-Spektakel(chen) nicht so ganz zu überzeugen vermag, sieht das Ganze doch beim nahenden Weltenende visuell dann ein bisschen so aus wie neulich bei Lars von Triers Farce „Melancholia“ und das war doch sicher nicht beabsichtigt.

Was bleibt ist eine nette, noch leicht überdurchschnittliche deutsche Komödie mit einer halbwegs originellen Geschichte, recht weit entfernt von den meist formelhaften Produktionen der Marke Schweiger/Schweighöfer. Aber trotz des gewählten Themas keinesfalls weltbewegend.

Bilder: Copyright

10
10/10

Ich habe mich in einem Film schon lange nicht mehr so amüsiert wie in diesem hier. Ein überaus engagiertes Ensemble (in dem allen voran Henry Hübchen als abgehalfterter Pfarrer/Engel sowie Jessica Schwarz als liebenswerte Chaotin brillieren) verleiht dem ohnehin munteren Skript sehr viel Leichtfüßigkeit und spielt seine Rollen mit sichtlicher Freude aus.

Besagtes Skript hat mein Cineastenherz auch um höher schlagen lassen: ein echter Ohrenschmaus sind die bissigen und mit (für den Zuschauer) köstlichen Anspielungen auf den kirchlichen Hintergrund des Films gespickten Dialoge. Bissig, ohne wirklich weh zu tun oder aber religiöse Gefühle zu verletzen.

Zu echter Höchstform läuft dieses verbale Gemetzel in etwa ab der Hälfte des Streifens auf, wenn die ganze Gemeinschaft sich zum Essen versammelt.

Schön an der Komödie ist, das die Regie alias Florian David Fitz es tatsächlich geschafft hat, die Balance zwischen einer Humorvollen Romanze und einer selbstironischen Glaubenssatire zu halten. Das hätte leicht ins Auge gehen können, tut es dank der unaufdringlichen Inszenierung jedoch nicht.

So z.B. werden die durchaus vorhandenen, übersinnlichen Aspekte innerhalb der Handlung vorsichtig eingeführt und geschickt in das Alltagsleben der Figuren verpackt (wie z.B. Lucifer, der sich seine Zigaretten dank seiner diabolischen Extra's eben per Hand anzünden kann).

Zugegeben, das etwas episch anmutende Gefackel gegen Ende hätte ich vielleicht auch nicht gebraucht - andererseits, wie hätte man die nahende Apokalypse sonst darstellen sollen? Die Begegnung mit dem (mehr oder minder ^^) Allmächtigen hielt ich für meinen Teil neben besagter Szene am Essenstisch für den absoluten Höhepunkt des Gesamtwerks.

Ich kann den Besuch des Films nur wärmstens empfehlen, da ich sicher bin, das sich Zuschauer jeglicher Konfessionen hier sehr wohl fühlen und sich auch mit einer der herrlich schrulligen Figuren und ihrer jeweiligen Position zum Glauben identifizieren werden können.

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