Bobby - Sie hatten alle einen Traum

Originaltitel
Bobby
Land
Jahr
2006
Laufzeit
122 min
Genre
Release Date
Bewertung
9
9/10
von Volker Robrahn / 17. Juni 2010

 

Es heißt, jeder Mensch, der es damals mitbekommen hat, wisse noch heute wo er sich aufhielt, als John F. Kennedy ermordet wurde. Das Attentat von Dallas ist sicher eines der prägnantesten Ereignisse der Nachkriegsgeschichte. Dass auch Kennedys jüngeren Bruder Robert fünf Jahre später das gleiche Schicksal ereilte, dürfte ebenfalls allgemein bekannt sein, jedoch haben sich die näheren Umstände dieses Ereignisses auch in den USA längst nicht so stark ins kollektive Bewusstsein der Gesellschaft eingebrannt. Anders bei Emilio Estevez. Der mittlerweile 45jährige Schauspieler wurde bereits als Kind von seinem Vater Martin Sheen, einem begeisterten Kennedy-Anhänger, an den Ort des Geschehens, das Hotel Ambassador, geführt und hat sich seitdem über viele Jahre mit der Person Robert Kennedy beschäftigt. Dabei gelangte Estevez zu der Erkenntnis, dass jener 5. Juni 1968 einen Einschnitt bedeutete, der vielen Menschen ihren Idealismus und Optimismus nahm und zu einem apathischen und desillusionierten Amerika führte. "Vieles, was wir heute in unserem Land sehen, resultiert unmittelbar aus den Ereignissen von damals", ist Estevez überzeugt. Und fügt hinzu: "Es bricht einem das Herz".

Diese Hintergrundgeschichte erklärt vielleicht die Überraschung oder sogar die Sensation "Bobby". Denn wohl niemand hätte dem 80er-Jahre-"Bratpack"-Darsteller, dessen frühe Karrierehöhepunkte "Breakfast Club" und "Young Guns" hießen und dessen letzter kommerzieller Erfolg Anfang der 90er ein SF-Spektakel namens "Freejack" war, eine derartige Leistung zugetraut. Denn dieser Estevez tritt mal eben in die Fußstapfen eines Robert Altman, versammelt ein riesiges Ensemble von Darstellern um sich und erhält dabei Zusagen von mehr als einem Dutzend wirklich großer Namen. Regie und Drehbuch übernimmt er dabei selbst, genau wie eine der 22 Hauptrollen.
Schauplatz der Handlung ist - wie könnte es anders sein - eben dieses legendäre "Hotel Ambassador", an dem Abend, an dem Robert Kennedy nach dem Sieg bei den demokratischen Vorwahlen seine offizielle Präsidentschaftskandidatur erklären wird. Während der pensionierte Hotelportier (Anthony Hopkins) mit einem alten Freund (Harry Belafonte) eine Partie Schach spielt, bereitet das Wahlkampfteam die Veranstaltung vor, und die zurzeit im Hotel gastierende Showdiva (Demi Moore) streitet mit ihrem frustrierten Ehemann (Estevez) über ihren Alkoholkonsum. Der Hoteldirektor (William H. Macy) organisiert die Abläufe und betrügt nebenbei seine Frau (Sharon Stone) mit einer jungen Hotelangestellten (Heather Graham). Nicht alle sind freiwillig vor Ort, so muss das Personal Überstunden schieben und sich von einem rassistischen Vorgesetzten (Christian Slater) kommandieren lassen. Unter den Gästen befindet sich ein langjähriges Ehepaar in der Krise (Helen Hunt und Martin Sheen) sowie ein junges Brautpaar (Lindsay Lohan und Elijah Wood), bei dessen Hochzeit es sich eigentlich nur um einen Freundschaftsdienst handelt, mit dem sie ihm den Kriegsdienst in Vietnam ersparen will. All diese Personen werden im Laufe dieses Tages ihre Krisen durchleben, Verletzungen erleiden oder selbst austeilen. Aber die meisten von Ihnen werden sich dann am Abend gestärkt und mit neuer Hoffnung im großen Ballsaal des Hotels versammeln um die Rede von Bob Kennedy zu hören - seine letzte ….

Ganz klar, bei dieser Menge an Figuren braucht es seine Zeit, bevor man als Zuschauer den Durchblick hat, alles zuordnen kann und die Verbindungen erkennt. Die ersten rund 45 Minuten von "Bobby" sind daher nicht einfach zu konsumieren, sondern erfordern schon eine gewisse Konzentration. Für diese wird man dann aber auch mehr als ausreichend belohnt, wenn sich aus den Konstellationen interessante und spannende, bewegende und bittere Momente ergeben, denn dies ist tatsächlich ein Film, der sich von Minute zu Minute steigert.
Herausragend sind dabei das schonungslos offene Gespräch der beiden alternden Schönheiten Demi Moore und Sharon Stone und die Szenen, die sich unter dem Küchenpersonal abspielen. Dort verschenkt der junge Jose (Freddy Rodriguez) notgedrungen seine Baseballkarten um weiter Dienst zu schieben, macht der nur scheinbar devote und angepasste Edward (Laurence Fishburne) seinen Kollegen etwas Hoffnung und erweisen sich die Schikanen des Personalchefs als eher hilflose Aktionen eines völlig ratlosen Mannes. Auch Lohan und Wood bieten als aus der Not geborenes Brautpaar eine starke Leistung, lediglich Ashton Kutcher als im Stab offiziell nicht aufgeführte 23. Hauptfigur wirkt in der Rolle eines zugedröhnten Drogendealers etwas unpassend.
Ansonsten zeigt uns der Film die vielen Frustrationen der einzelnen Menschen, sei es die ausgebeutete soziale Unterschicht oder auch die in Dekadenz und Überfluss verkümmerte Welt der oberen Zehntausend. Sie alle wollen irgendwie etwas ändern, wollen ausbrechen aus ihrem Trott, und diese Einzelschicksale verbindet Estevez schließlich mit dem großen Ganzen, indem er uns Bobby Kennedy zeigt, der kurz nach der Ermordung von Martin Luther King eine neue Art von Politik repräsentiert, eine Politik, welche auf die Menschen zugeht, die Augen nicht vor den Unterprivilegierten verschließt und einen Wandel verspricht, der nicht zuletzt das Ende des amerikanischen Kampfes in Vietnam bedeuten würde.

Und wer spielt "Bobby", mag sich der eine oder andere nun fragen? Niemand, lautet hier die Antwort, denn Estevez bedient sich lediglich an zwischendurch immer wieder eingestreutem Nachrichtenmaterial und Originaltönen und zeigt seine Titelfigur in den Schlussszenen ansonsten nur von hinten oder aus der Ferne. Das funktioniert auch ganz ausgezeichnet, denn vor allem die letzte Viertelstunde, in der Bob Kennedy das Hotel betritt und die tödlichen Schüsse fallen, ist meisterhaft inszeniert. Während die Kamera das sich ausbreitende Chaos einfängt, gelingt es dabei, nahezu alle bekannten Charaktere im Blick zu behalten, deren gelöste Stimmung und Freude in blankes Entsetzen umschlägt und die schließlich zum Teil selbst von Kugeln getroffen werden.
Wenn der Film schließlich endet, hören wir zu den fassungslosen Gesichtern aus dem Off die beruhigende, warme Stimme Kennedys und seinen Appell an die Bürger Amerikas. Und danach ist man wirklich ergriffen und auch selbst davon überzeugt, dass mit diesem Mann die US-Geschichte einen ganz anderen Verlauf genommen hätte. Sicher, Estevez überhöht seinen "Bobby" hier zu einem Mythos und Heilsbringer, aber er tut dies mit einer derartigen Leidenschaft und Überzeugung sowie handwerklichen Perfektion, dass man darüber nur ernsthaft staunen kann. Vielleicht wird ihm so etwas nie wieder gelingen, vielleicht konnte es ihm sogar nur bei diesem einen Herzensthema gelingen, aber mit diesem Film hat er etwas Großes geschaffen, das zudem genau in die Wunde eines auch in den Zeiten von George W. Bush wieder zutiefst gespaltenen Amerikas trifft. Umso trauriger und unverständlicher, dass "Bobby" bei den großen Preisverleihungen und Nominierungen des Jahres komplett übergangen wurde. Denn die Empfehlung lautet ganz eindeutig: Ansehen!


5
5/10

Unzugängliches Stargeplänkel, mehr nicht.

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8
8/10

grandioses ensemble-kintopp von welt....klasse!!!

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9
9/10

Ein hervorragender und berührender Film mit vielen großartigen Darstellern. Ich fand den Film vom Anfang bis zum Ende spannend. Er hätte unbedingt einige Oscars oder Golden Globes verdient.
Anspruchsvolle und an Qualtät interessierte Kinofans sollten sich diesen grandios gemachten Film unbedingt anschauen.

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5
5/10

Unnötige Charaktere, belanglose, pseudo-tiefgründige Dialoge in langweiligen Szenen. Schrott der durch die Verknüpfung am Ende aufgewertet werden möchte...
Das einzig gute war die Kameraarbeit.

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5
5/10

bin eigepennt ... aber falls ichs mal irgendwann zum ende schaffen sollte, ist die auflösung bestimmt toll ... verstehe nich, wie einige sagen. er sei von anfang an spannend. in der mittte ist er unglaublich langatmig.

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2
2/10

Sehr schade um die vielen Millionen Dollar, die man für das Engagement der vielen Stars hier ausgegeben hat. Wieviel Gutes im Sinne von Robert Kennedy hätte man damit auf die Beine stellen können?

Die einzelen Stories haben miteinander nicht das Geringste zu tun und sind derart sinnentleert und oberflächlich, dass einem das Weinen kommt. Für Geld machen offenbar viele Stars wirklich bei jedem Schwachsinn mit. Und so mancher Schauspielopa meint vielleicht, er hätte das Zeug zum Regisseur - ein Irrtum wie man hier bald bemerken kann.

Schade Emilio, zwei Sterne aber dafür, dass Du - leider nur am Rande und oberflächlich - die Ideen von RFK einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich machen möchtest. Dein kommerzielles Interesse an diesem Film tritt aber allzu deutlich in den Vordergrund.

Liebe Grüße
John

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7
7/10

Besserers Biopic...
Der Vergleich mit Robert Altman ist nicht ganz falsch - aber auch nicht richtig. Es stimmt: Der Clous von 'Bobby' ist, dass ebendieser nie wirklich im Film als reale Figur auftaucht, sondern nur durch die (Archiv-)Medien zu sehen ist. Die eigentliche Geschichte sind dann die vielfältigen 'Nebenfiguren' an einem Tag, an einem Ort, mehr oder weniger miteinander verknüpft. So weit, so Altman. Aber wo der Altmeister es z.B. in Short Cuts brilliant versteht, durch jede einzelne Geschichte ein Portrait einer Zeit und einer Stadt zu schaffen, bastelt 'Bobby' nur an einer Legende.
Die Überhöhung von Bobby Kennedy ist nicht einfach nur ein Zeichen von Herzblut des Regisseurs, sondern ein grundlegendes Problem des Films. Denn zumindest aus deutscher Perspektive fragt man sich fortwährend: War bzw. wäre Bobby wirklich der Heilsbringer gewesen? Hätte er Amerika 'gerettet'? Wenn man die amerikanische politische Kultur etwas versteht, dann sind solche Mythen durchaus nötig, um ein multikulturelles, fragmentiertes Land überhaupt zusammen zu halten. Aber realistisch betrachtet hätte auch ein zweiter Kennedy-Präsident 'nur' Politik gemacht - mag sie besser oder schlechter gewesen sein.
Und so ist die Mystifizierung von 'Bobby' schon ein grundlegender Fehler des Films, der ihn nur mittelmäßig macht. Auch wenn die Geschichten drumherum durchaus gut gespielt und konstruiert sind. Aber sie kreisen um einen unbefriedigenden Kern.

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