Meine schöne Bescherung

Jahr
2007
Laufzeit
95 min
Genre
Regie
Release Date
Bewertung
8
8/10
von Volker Robrahn / 21. Juni 2010

Da es in deutschen Kaufhäusern ja mittlerweile schlechte Sitte geworden ist, bereits lange vor dem eigentlichen Fest mit der Präsentation von Weihnachtsartikeln zu beginnen, kann es kaum verwundern, dass diese Praxis nun auch aufs Kino übergreift. Denn noch bevor uns die unvermeidlichen Familiengrotesken aus der Hollywood-Schmiede erreichen, verdient sich die deutsche Komödie "Meine schöne Bescherung" den Titel als erster Weihnachtsfilm der Saison 2007. Doch keine Sorge, auch wer sich noch nicht ansatzweise in weihnachtlicher Stimmung befindet oder gebracht werden möchte, darf sich unbesorgt in diesen ziemlich köstlichen Film trauen.

Denn biedere und heimelige Festtage sind bei dieser Konstellation auf keinen Fall zu erwarten: Während Jan (Heino Ferch) sich noch auf eben diese mit seiner Frau Sara (Martina Gedeck) und den von ihr mit in die Ehe gebrachten Kindern freut, überrascht sie ihn mit einer "frohen" Botschaft: Zum Fest der Liebe hat Sara ganz spontan sowohl ihre drei Ex-Ehemänner als auch deren Anhang in Form von neuen Lebenspartnerinnen und Kindern eingeladen, und das Beste - die haben auch alle Zeit und kommen tatsächlich! Jan ist nicht amüsiert, aber nun ist es bereits zu spät und die ersten Gäste klingeln an der Tür.
Also macht der Arme gute Miene zum bösen Spiel und ignoriert zunächst souverän sämtliche kleinen Bosheiten und Sticheleien gegen seine Person, denn schließlich ist er ja der Einzige von Saras Männern, der noch kein eigenes Kind mit ihr gezeugt hat. Jans eh schon gequälte Miene erstarrt allerdings vollends zur Maske, als seine Gattin schließlich der Runde verkündet, sie sei erneut schwanger. Dumm nur, dass Jan sich hat sterilisieren lassen und demnach als Vater nicht in Frage kommt, was Sara aber nicht weiß. Noch dümmer, dass einige der Freunde das sehr wohl wissen und sich nun eins Kichern über den offensichtlich gehörnten Ehemann. Der sammelt aber bereits Indizien um zweifelsfrei festzustellen, welcher "gute Freund" ihm da wohl ein Ei ins Nest gelegt hat.

Es ist herrlich und ein absoluter Genuss Heino Ferch dabei zuzusehen, wie er als gebeutelter Jan einen Tiefschlag nach dem anderen erleiden muss. Erst holt die ums heile Familienidyll bemühte Gemahlin ihm einfach die schlimmstmöglichen Alpträume in Form seiner gesammelten Vorgänger ins Haus und dann stellt sie ihn auch noch nichts ahnend als offensichtlich betrogenen Deppen bloß. Wenn Jan dann nacheinander zu immer neuen, ständig wechselnden Ergebnissen hinsichtlich des verantwortlichen Samenspenders kommt und den jeweils überführten Schuft zum Geständnis drängt, darf man schon etwas staunen über das bisher unbemerkt gebliebene komische Talent des sonst eher als kantiges Raubein in weit actionlastigeren Rollen bekannten Mimen (und versprochen, wir verwenden ab sofort auch nicht mehr den abgegriffenen Vergleich vom deutschen Bruce Willis). Dazu Martina Gedeck als Übermutter einer selbst so betitelten "polynuklearen Familie", die immer nur das Gute will und dabei stets das Chaos schafft, das ist schon ein großer Spaß.
Der abgerundet wird durch den Rest des umfangreichen Ensembles, welches den weiteren, zwangsläufig etwas eindimensionaler angelegten Nebenfiguren durchweg überzeugend und mit Spaß an der Sache Gestalt gibt. Ob das nun die spitze Zunge von Jasmin Tabatabai ist oder der sexy Auftritt von Alexandra Neldel als attraktives "Mitbringsel" in die nicht wirklich geschlossene Familie. Nicht zu vergessen Bjarne Mädel ("Stromberg") mal wieder in seiner Paraderolle als etwas zu schüchterner und gutmütiger Helfer bzw. Nachbar.
Alles sehr fein und mit bedacht besetzt hier von Regisseurin Vanessa Jopp , die sich bislang ebenfalls eher mit ernsteren Stoffen á la "Engel und Joe" befasst hat, aber laut eigener Aussage schon länger nach einem Stoff suchte, der die Menschen "auch im deprimierenden Winter zum Lachen bringt". Den hat sie in der Tat nun gefunden, ihre Wunschbesetzung versammelt und den Beweis erbracht, dass sie ein ganz ausgezeichnetes Gefühl für das in solcher Art Komödien so eminent wichtige Timing besitzt. Das dürfte bei einem so umfangreichen Cast, der hier auf kleinster Bühne versammelt wird, nicht gerade einfach gewesen sein, das Ergebnis ist aber ziemlich überzeugend. Auch dass Set und Produktionsqualität dabei eher TV- als Kinoniveau ausstrahlen, gerät angesichts der sich auf der Leinwand abspielenden Turbulenzen fast völlig in den Hintergrund.

Gut, die etwas abfällige und spöttische Darstellung der modernen deutschen Patchwork-Familie wird mal wieder nicht ganz bis zum Schluss durchgehalten und man hat beschlossen, dass sich am Ende doch alle irgendwie ein bisschen lieb haben sollten, es ist ja schließlich das Fest der Liebe usw. Aber angesichts der vorherigen 85 Minuten gepflegter Boshaftigkeit ist dieser finale Zuckerguss absolut verzeihlich. Und mal ehrlich: Ein Film, in dem der Weihnachtsmann aufs Heftigste verprügelt wird, kann doch sowieso nicht ganz schlecht sein.

Bilder: Copyright

9
9/10

Treffende Rezi...
hab mich sehr amüsiert im kino, toler deutscher film mit klasse darstellern...

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4
4/10

Hält, was der Trailer verspricht. Geschichte und Gags leider alle ein bisschen vorhersehbar und überzogen. Aber die Schauspieler helfen da über das ein oder andere Manko hinweg und zum Einstimmen auf die Weihnachtszeit reichts ...

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9
9/10

Ein wirklich guter, lustiger, deutscher Film. Wir mußten immer wieder lachen, vor allem über "Ernie" als Weihnachtsmann.

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7
7/10

Gelungene Weihnachts-Esemble-Kommödie!
Es macht Spass, die durchweg sehr guten Schauspieler in dieser verdrehten Geschichte zu sehen. Die Dialoge sind gut (besonders schön: die Männer-Sauna), die Story hat einen guten Drive und Ingmar B. Mädel ("Ernie") ist einfach toll in seiner Nebenrolle als Weihnachtsmann.
Bei allem Lob allerdings auch einen Vergleich - bei dem dieser Film nicht ganz so gut abschneidet: Englische Weihnachtskommödien ("...von den Machern von 4 Hochzeiten und ein Todesfall...") schaffen es deutlich besser, Humor und Irrungen/Wirrungen miteinander zu verbinden, so dass ein witziger und romantischer Film daraus wird. Und ähnliche (nicht-weihnachtliche) Kommödien aus Skandinavien, wie z.B. "Zusammen", können besser Humor und Tiefgang verbinden, so dass ein sehenswerter Film draus wird.
Hier bleibt bei "Meine schöne Bescherung" doch vieles ungenutzt, so mancher Witz etwas platt, die Kinder tauchen immer nur am Rande auf und manche Rollen (die ewig heulende Meret Becker) sind einfach überflüssig.
Und auch das noch: grausliche Filmmusik. Soll wohl witzig komponiert sein, nervt aber nur.
Dennoch ein sehenswerter Film, von einer Sorte, die es in Deutschland kaum gibt (oder nur als grauslicher Vorweihnachts-TV-Movie).

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