Willkommen in Cedar Rapids

Originaltitel
Cedar Rapids
Land
Jahr
2011
Laufzeit
87 min
Genre
Release Date
Bewertung
6
6/10
von Margarete Prowe / 18. Juli 2011

Sex, Drogen und Versicherungsvertreter - ds nicht die typischste aller Komödienrezepturen. Im Gefolge von Hits wie "Hangover" versucht sich die brave Mittlerer-Westen-Komödie "Willkommen in Cedar Rapids" ihren Weg zu bahnen. Trotz unflätiger Witze und einer wunderbaren Besetzung (Sigourney Weaver als Cougar, John C. Reilly als notgeiler Versicherungsvertreter und Anne Heche als Männer-fressende Partynudel) bleibt "Cedar Rapids" jedoch final brav und vorhersehbar wie die braunen Pullunder der Hauptfigur.

Tim Lippe (Ed Helms, der Zahnarzt aus "Hangover") ist Versicherungsagent in einer fiktiven Kleinstadt in Wisconsin, die er noch nie verlassen hat. Naiv und herzensgut ist er immerhin keine "40-jährige Jungfrau", sondern hat einmal die Woche ein Stelldichein mit seiner Lehrerin aus der 7. Klasse (Sigourney Weaver), die er dabei immer noch "Miss Vanderhei" nennt. Tim wird aufgrund eines unerwarteten Todesfalls in der Versicherung in das Las Vegas des Mittleren Westens, den "Sündenpfuhl" Cedar Rapids in Iowa, entsendet, um die christlichen Werte der Versicherungsgesellschaft zu verteidigen, für die er arbeitet, und den Preis für die oberchristlichste Agentur einzuheimsen, den sein Vorgänger stets heimbrachte. Im Konferenzhotel trifft er auf den derben und unzügelbaren Dionysos der Branche, gespielt von John C. Reilly, die heiße Versicherungsvertreterin Joan Ostrowski-Fox (Anne Heche), und mit seinem Zimmernachbarn Ronald (Isiah Whitlock Jr. aus der Serie "The Wire") auf seinen ersten schwarzen Amerikaner.

Tim ist begeistert von seinem ersten Flug, hält die Prostituierte (Alia Shakat) vor dem Hotel für eine nette Dame und fühlt sich beim Chlorgeruch des kitschigen Hotelpools im Atrium, als sei er auf Barbados. Wer denkt, ab hier werden nur noch Klischees über den Mittleren Westen erzählt, der irrt, denn immerhin kommt Drehbuchautor Phil Johnston aus Wisconsin und ist sein Blick somit etwas freundlicher als die üblichen Seitenhiebe auf die öden Gefilde in der Mitte Amerikas, die der Küstenami höchstens mal überfliegt.
Zwei Klassiker der Komödie: Der "Fish out of water" und das Buddy-Movie werden hier kombiniert mit der langweiligsten Branche, die sich ein Filmemacher vorstellen kann: den Versicherungsvertretern. Funktionieren tut "Willkommen in Cedar Rapids" jedoch aufgrund seiner durchgängigen Vorhersehbarkeit und der eher derben Witze, deren Geschmack man teilt oder nicht, nur über die hervorragende Schauspielerriege, die sich diesem Klamauk hingibt: Sigourney Weaver als Cougar ist herrlich, auch Helms schlägt sich halbwegs okay in der Hauptrolle, obwohl er weiterhin immer noch dann am besten ist, wenn er auf andere reagiert - und somit weder aus seiner Spießerrolle, für die er gern gecastet wird, noch aus seiner Funktion als eigentlicher Nebendarsteller herauskommt. Anne Heche hat die interessanteste Rolle, denn ihre Versicherungsvertreterin ist eine Working Mom, die einmal im Jahr über die Stränge schlägt und sich in Cedar Rapids so richtig austobt. Damit hat sie aber auch die einzige Rolle mit Tiefgang erwischt, denn alle anderen bedienen leider ein Klischee nach dem anderen, so dass man entweder Bösewicht ist oder ein gutes Herz hat. Immerhin ist John C. Reilly ("Chicago", "Magnolia")"dabei sehr witzig, denn die dreckigen Witze und den notwendigen vollen Körpereinsatz gibt er mit Freuden.
Wer den amerikanischen Seriengeheimtipp "The Wire" so liebt wie viele Autoren der Filmszene, der wird viel Spaß an den Anspielungen auf die Serie haben, die von Isiah Whitlock Jr. perfekt getimet vorgebracht werden. Der Drehbuchautor Phil Johnston ließ sich nicht von diesen Metaverweisen abbringen, die schon im Buch waren, bevor Whitlock Jr. gecastet wurde, dessen Einsatz die Witze noch lustiger machte, da er hier eine andere Figur nachmacht, als er selbst sie eigentlich in der Serie spielte.

Als Ganzes betrachtet hinterlässt "Willkommen in Cedar Rapids" jedoch leider das Gefühl, dass er so viel besser hätte sein können. Unter den Produzenten sind Jim Taylor und Alexander Payne, deren brillante Tragikomödie "Sideways" uns zum Lachen und zum Weinen brachte, und so sieht man hier leider den Unterschied zu deutlich. Was man von "Cedar Rapids" lernen kann: Ein tolles Ensemble kann ein langweiliges Script zwar retten, aber nicht in den Himmel heben. Der Versuch, den Humor von "Sideways" und "Hangover" in einen Film zu packen, muss kläglich scheitern. Und wer den Mittleren Westen besser filmisch kennenlernen will, sollte stattdessen "Fargo" sehen.

Bilder: Copyright

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