Weiter als der Mond

Originaltitel
Verder dan de maan
Jahr
2005
Laufzeit
99 min
Genre
Regie
Release Date
Bewertung
6
6/10
von Beatrice Wallis / 23. Dezember 2010

Es ist das Jahr 1969 und die erste Mondlandung steht kurz bevor. Die ganze Welt verfolgt gespannt die Ereignisse - bis auf ein neunjähriges Mädchen namens Caro (Neeltje de Vree), das ziemlich sicher weiß, warum kein Mensch jemals seinen Fuß auf den Mond setzen wird. Wie sollte das denn funktionieren, fragt sie sich. Hinter dem Mond beginnt schließlich der Himmel und dort lebt Gott, der es niemals zulassen würde, dass ihm die Menschen zu nahe kommen. Doch große Probleme der Menschheit können auf einmal ziemlich klein sein, wenn die Schwierigkeiten zu Hause überhand nehmen. Caros Vater Mees (Huub Stapel), der eine traditionelle Schweinezucht betreibt, ist Alkoholiker, unberechenbar für seine Familie und im Dorf als Säufer abgestempelt. Als ihre Kommunion naht, die nicht nur ein kleines gesellschaftliches Ereignis ist, sondern auch ein wichtiger Glaubensmoment für das Mädchen, schließt sie mit ihrem Vater ein Abkommen: Er hört auf zu trinken und Caro lernt das verhasste Schwimmen. Doch ein Trinker ist kein verlässlicher Partner und so wird das kleine Mädchen mehr als einmal enttäuscht.

Aus kindlicher Perspektive erzählt, zeigt "Weiter als der Mond" gleich zu Beginn die gesamte Tragweite der familiären Tragödie. Während Caro und ihre Geschwister in den Schulbus einsteigen, ist im Hintergrund der Familienvater zu sehen, wie er nach einer durchzechten Nacht von der Polizei nach Hause gebracht wird. Caros Reaktion spiegelt den Umgang der Familie mit dem Alkoholismus: Sie beugt sich über den Busfahrer und drückt den Knopf, um die Türen zu schließen. Doch in einem kleinen Dorf bleibt nichts unbemerkt, auch wenn niemals öffentlich darüber gesprochen wird. Auch Caro erfährt diese Zurückweisung, wenn sie in ihrer Klasse stets abseits bleibt.
Beunruhigt sehen wir einen von Caros Brüdern, wie er immer wieder sein Leben aufs Spiel setzt, indem er vor fahrende Autos springt. Dem gegenüber schützt die Mutter mit all ihren Kräften die fragile Familienfassade. Die unscheinbare, aber dennoch wunderhübsche Ita (Johanna Ter Steege) kämpft wie eine Löwin für das gemeinsame Glück der Familie. Sie ist Sympathiefigur und zugleich die Wegbereiterin für Mees' Alkoholsucht. Die Mutter deckt den Vater und nimmt das Trinken hin. Die Kinder lieben ihren Vater, doch es verändert sich etwas und sie sind nicht mehr bereit, alles zu verzeihen. Ganz anders als Ita. Sie bleibt fügsame Ehefrau, auch wenn Mees mit Caro ins Dorf fährt, um Pommes Frites zu kaufen, in der Kneipe landet und die hungernde Familie vergisst. Ihr Mees ist eigentlich ein guter Kerl, gutmütig, nicht gewalttätig und ein lustiger und liebevoller Familienvater und Ehemann. Doch der Druck, den die modernisierte Welt auf den einfachen Bauern mit dem traditionellen Familienbild ausübt, zerreibt ihn.

Der Zuschauer merkt schnell, dass es nicht einfach wird zu urteilen, denn "Weiter als der Mond" entfaltet keine Polaritäten und kommt ohne Klischees von guten und bösen Menschen aus. Dennoch gelingt es dem Film, die tragischen familiären Folgen des Alkoholismus und der Ko-Abhängigkeit sichtbar zu machen: Als Ita eines Tages wieder schwanger wird und nicht mehr weiter weiß, geht sie mit ihrem Koffer zum Zug. Als Mees die Flucht bemerkt, sammelt er die Kinder ein und fährt mit ihnen zum Bahnhof, um die Mutter zur Rückkehr zu bewegen. Was im ersten Augeblick rührend wirkt, hinterlässt einen schalen Geschmack. Denn was bleibt der Mutter in diesem Moment übrig? Sie kann entweder zurückkehren oder eine Rabenmutter sein. Das lässt ihr keine wirkliche Wahl. Und in diesem Moment wünscht man sich nichts sehnlicher, als dass der Vater endlich das Trinken sein lässt und sieht, wie nah ihm das Glück eigentlich ist.

So erzählt der Film nicht nur die Geschichte der kleinen Caro, sondern auch die von einem, der allzu häufig vergaß, was ihn wirklich glücklich gemacht hat. So viel Trauriges und Hoffnungsloses steckt in diesem Film, dass man sich an manchen Stellen fragt, wann das Elend dieser liebenswerten Menschen endlich ein Ende nimmt. Man sorgt sich, wie viel sie noch erleiden müssen und ob es nicht für ein Happy-End reichen könnte - das wünscht man sich im Kino selten genug. Trotz all des Dramas ist "Weiter als der Mond" ein guter und sehenswerter Jugendfilm, der das Porträt einer Familie zeichnet, die trotz aller Schwierigkeiten und allen Unglücks versucht zusammenzuhalten.


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