Was nicht passt, wird passend gemacht

Jahr
2001
Laufzeit
97 min
Genre
Release Date
Bewertung
4
4/10
von Frank-Michael Helmke / 31. Mai 2010

Haben Sie vor zu bauen? Vielleicht im Raum Unna, Dortmund oder Umgebung? Tun Sie es nicht! Ziehen Sie weg! Andernfalls könnte es Ihnen passieren, dass Sie dem Bauunternehmen von Werner Wiesenkamp (Dietmar Bär) in die Hände fallen.
Nicht, dass der Mann nicht seine Qualitäten hätte. Er hat Ehrgeiz, irgendwie. Immerhin hat er ein eigenes Haus und er ist auch immer noch verheiratet. Außerdem beschäftigt er in seinem Unternehmen drei tüchti..., na ja, zumindest drei legale Arbeiter: Der verwitwete Polier Horst (Willi Thomczyk), der 24-Stunden-Saufkumpan Kalle (Ralf Richter) und Familienmensch Kümmel (Hilmi Sözer) lösen in lausig-liebenswerter Manier alle Probleme im Handumdrehen. Egal, ob der Grundriss eines Hauses nicht stimmt, weil eine Fliegerbombe aus dem zweiten Weltkrieg im Weg liegt, der Eingang zum Klo vom Fertigbaumodell "Waldesruh" zu schmal erscheint oder ein toter polnischer Schwarzarbeiter nicht in das Loch im Rohbau passen will. Für Wiesenkamps-Bautrupp gilt - "Was nicht passt, wird passend gemacht".
Frei nach diesem Motto handhaben sie natürlich nicht nur handwerkliche Schwierigkeiten sondern sämtliche Zwangslagen des Lebens. Doch der Ärger beginnt erst so richtig, als ihnen ihr Boss Werner, anstelle der neuen billigen Arbeitskraft vom so genannten "Polenstrich" ausgerechnet den schnöseligen Architektur-Studenten Phillip (Peter Thorwarth) als Praktikant auf den Bau schickt. Da bringt der Chef, der ohnehin wieder mit den Lohnzahlungen im Verzug ist, diesen Milchbubi an, der die einfachsten fachmännischen Regeln nicht kennt: 1. "Die Trommel ist zum Kühlen da!" (Bier, natürlich),
2. "Wir müssen doch nich dat teure Ökoscheißzeug benutzen?"(Natürlich nich) und
3. "Den hab ich auch immer geschmiert wie ne Rohrmuffe." (Wat mutt, dat mutt).
Obendrein besitzt dieser studierte Lackaffe noch die Frechheit, sich an Horsts Tochter Astrid (Alexandra Maria Lara) ranzumachen - mit Erfolg. Aber der Bautrupp hätte nicht solange überlebt, wenn er nicht wüsste, wie man mit solch einer Situation, mit solchen Typen umzugehen hat: wer nicht passt, wird eben passend gemacht.

1996 war Peter Thorwarth noch Student an der Münchner Filmhochschule und Christian Becker hatte sich gerade bereit erklärt, mit ihm sein Kurzfilmprojekt "Was nicht passt, wird passend gemacht" zu realisieren. Diether Krebs und Ralf Richter konnten mit etwas Überredungskunst besetzt werden. Und als der Kurzfilm schließlich etliche Preise, darunter die Nominierung für den Studenten-Oscar erhielt, entstand die Idee einer Langfassung. Doch die Arbeit und das Leben kamen Peter Thorwarths einstigen Plänen dazwischen: Der Film "Bang Boom Bang - Ein todsicheres Ding" stand nun auf dem Drehplan und acht Monate vor Beginn der Dreharbeiten zu "Was nicht passt,.." starb Diether Krebs und alle filmischen Vorhaben wurden vorerst fallen gelassen.
Zu Ehren von Diether Krebs entschied man sich weiterzumachen. Aber vielleicht hätte Thorwarth seinen Drehbuchanweisungen nicht so bedingungslos folgen sollen: Denn nicht alles was nicht passt, sollte passend gemacht werden. Nach spätestens 40 Minuten ist die Luft für den Kinozuschauer aus der langen Version raus und man fragt sich noch nicht einmal mehr, was da noch kommen könnte. So entzückt man anfangs noch über diesen Blick in den Mikrokosmos Bauarbeitergilde ist, all die kleinen Seitenhiebe gegen Spießbürgerlichkeit, Korruption und ‚Wetten dass ...'. So etwas hat man doch letztendlich alles schon irgendwo einmal gesehen - arbeitsfaule Handwerker, die nur mit einer Flasche Bier zum Bau zu locken sind; eine Leiche, die im Fundament verschwinden muss und ein naiv dreinblickender Student/Praktikant, der am Ende alle Probleme löst.
Der Zement, der das alles zusammen hält, ist einzig der Ruhrpott-Humor. Die Schnodderschnauzen eines Ralf Richter oder Willi Thomczyk sind einfach unverwechselbar. Vor allem Thomczyk scheint dafür geboren, die kleinbürgerlichen Helden dieser Welt ("Die Camper") zu spielen. Kritisch besehen verliert sich der Film aber leider in seinen ‚ruhrpottschen' Heiterkeiten. Auch Humor kann langweilen und selbst die dialektisch kurzweiligsten Sprüche wirken irgendwann, als wolle dir jemand zum dritten Mal den selben Witz erzählen; es ist einfach nicht mehr komisch.

Produzent Christian Becker unterscheidet die lange Version von der kurzen mit den Worten: "Der Kurzfilm ist eine Art gespielter Witz. Davon wollten wir uns klar differenzieren ... und etwas Vielschichtigeres bringen. Und so ist eine Arbeiter-Komödie entstanden - eine Milieu-Studie aus dem Ruhrgebiet, mit viel Herz und Charme, aber nicht ganz so böse wie der Kurzfilm." Doch den Zuschauer beschleicht eher das Gefühl, die Macher des Streifens konnten sich bei aller Vielschichtigkeit nicht für ein Konzept entscheiden. Irritiert versucht man sich mal auf die böse/makabre Story, dann wieder auf die klamaukgeladene Kumpels-vom-Bau-Geschichte und schlussendlich auch noch auf eine Liebesgeschichte einzustellen. Das ist zuviel und doch viel zu wenig.

Obwohl "Was nicht passt, wird passend gemacht" höchstens ein passender Film für einen netten Fernsehabend wäre, wird das deutsche Publikum ihn wohl auch in unseren Kinos annehmen und mögen: ‚Südstaaten'-Dialekte sind sowieso gerade in, Stoppok's rotzige Bauarbeitersongs im Westernstil und einige wirklich gut und witzig besetzte Nebenrollen (Stefan Jürgens als schmieriger Anwalt oder Horst Knebel als Opa im Rollstuhl) werden ihr übriges zum Erfolg beitragen.
Aber würde es der deutschen Kinolandschaft schaden, wenn wir ‚nur' diesen sehr guten Kurzfilm sehen könnten?


10
10/10

Der Arrrrno kann so lecker kochen!!

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