
Peter und Bobby Farrelly
machen Filme mit System: Ihre Komödien gehen stets ganz zielgerecht
genau an der politischen Korrektheit vorbei. Waren die Witzfiguren
in ihrem ersten Streifen "Dumm und dümmer" noch simple
Trottel, so ging es in den Folgewerken ans Eingemachte: Ein einarmiger
Bowling-Spieler in "Kingpin", ein Schizophrener in "Ich,
du & Irene", Fettleibige in "Schwer verliebt",
und in ihrem
bisherigen Meisterwerk "Verrückt nach Mary" gleich
alles von Fetischisten über Krüppel bis hin zu geistig Behinderten.
Alles Paradebeispiele für derben Randgruppenhumor, der sich immer
auf der dünnen Schwelle zur fiesen Häme bewegt, aber nie
hinüber fällt. Denn was die Farrelly-Brüder von allen
artverwandten Vulgär-Spaßvögeln abhebt, ist ihre ehrlich
gemeinte und stets sichtbare Sympathie für ihre Charaktere -
wodurch ihre Filme schlussendlich weit weniger böswillig ausfallen,
als es zunächst den Anschein hat.
Ihre bisherige Bestleistung in Sachen "Tabuthema zum Anfassen
und drüber lachen" vollbringen Peter und Bobby mit ihrem
neuen Film "Unzertrennlich", eine Komödie über
siamesische Zwillinge. Auch hier geht's also wieder volles Programm
gegen den moralischen Zeigefinger ("Darüber kann man doch
keine Witze machen!"), und auch hier gelingt den Farrellys das
Kunststück, ihre Sonderlinge zu alltäglichen Helden aufzubauen,
deren spezieller Status keine Behinderung, sondern eine Besonderheit
ist. Eine genau 23 Zentimeter lange Besonderheit, denn über eine
solche Länge sind Bob (Matt Damon) und Walt (Greg Kinnear) an
der Hüfte miteinander verwachsen - und machen das Beste draus.
In ihrem gemeinsamen Burger-Restaurant in einem Küstenort in
Neu-England wirbeln sie in solch perfekter Koordination durch die
Küche, dass sie auch die größte Bestellung in drei
Minuten servierfertig haben - sonst gibt's Geld zurück. Doch
die Kleinstadt-Harmonie kann zumindest Walt nicht auf ewig halten,
denn der strebt nach einer Karriere als Schauspieler - eine
Tatsache, die den an Bühnenangst leidenden Bob schon jedes Jahr
bei der traditionellen Amateur-Aufführung fast zum Ersticken
bringt. Nichtsdestotrotz geht es seinem Bruder zuliebe nach Hollywood,
wo Walt dank eines irrwitzigen Zufalls tatsächlich eine Serienhauptrolle
an der Seite von Cher ergattert, während der schüchterne
Bob sich redlich müht, seine Internet-Freundin May etwas besser
kennen zulernen.
Hinsichtlich dem unverkrampften Umgang mit heiklen Themen überbieten
sich die Farrellys hier in der Tat selbst: Mit Genuss und Schwung
servieren sie einen Zwillingsgag nach dem anderen, ohne dabei auch
nur einmal in Böswilligkeit abzudriften, eben weil ihre zwei
Hauptcharaktere ihre Situation selbst mit viel Humor zu nehmen wissen.
Auch andere potentielle Ziele gemeiner Scherze landen gekonnt auf
der Sympathiebahn: Der am Down-Syndrom leidende Kellner Rocket aus
dem Restaurant der Zwillinge (gespielt von einem guten Freund der
Farrellys), Walts in einem Altersheim aufgegabelter Hollywood-Manager,
oder die von Eva Mendes verkörperte strunzdoofe Schauspielerin
April - in keinem Falle machen sich die Farrellys über sie
lustig, doch alle sind für gelungene Lacher gut.
Bei
all diesem löblichen Bestreben, Tabus und Berührungsängste
mit ihren Filmen abzubauen, haben Peter und Bobby bei "Unzertrennlich"
aber ihr wertvollstes Talent ein wenig schleifen lassen, nämlich
das für grandiose Gags. Bedenkt man die Vielzahl fast schon
legendärer Comedy-Momente im modernen Klassiker "Verrückt
nach Mary", so kommt man nicht umhin, "Unzertrennlich"
als zu nett und zu unkomisch einzuordnen. Die Story driftet in der
zweiten Hälfte ein bisschen zu sehr ins Ernsthafte ab, ohne
dabei jedoch wirklich interessant oder fesselnd zu wirken. Ganz
im Gegenteil hat man das Gefühl, als wären die guten Ideen
ausgegangen, weswegen der Plot einfach auf Autopilot geschaltet
wurde.
Schade für einen Film, der stark anfängt und zwischendurch
immer mal wieder eine große Nummer einstreut - vor allem die
Methoden, mit denen Bob aus den Serien-Szenen seines Bruders "entfernt"
wird, sind zum Schießen. Bei allem Lob für die hehren
Absichten der Farrellys: Sie waren schon weitaus witziger als hier,
weshalb "Unzertrennlich" als Message Movie gelungener
ist denn als Komödie. Aber dieser leichte Hänger sei ihnen
verziehen, wenn's beim nächsten Film wieder richtig scheppert
im Zwerchfell - und was anderes ist kaum zu erwarten bei einem Remake
der "Three Stooges".
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