Das ging doch erstaunlich schnell: Die Historie des Phänomens namens "Facebook" lässt sich gerade mal etwas mehr als fünf Jahre zurückverfolgen, der Höhepunkt ist vermutlich noch gar nicht erreicht und der Mann, dessen Leben hier verfilmt wurde, noch keine 30 Jahre alt. Gut, es ist nicht wirklich die ganze "Lebensgeschichte" des Mark Zuckerberg die uns hier präsentiert wird, aber eben doch die entscheidenden Jahre seines bisherigen Wirkens. Zu früh vielleicht und eventuell auch nur ein Schnellschuss aus kommerziellen Erwägungen, könnte man denken. Doch da ist David Fincher davor, der Mann der noch keinen wirklich schwachen Film abgeliefert hat und der sich diesem Thema wohl kaum ohne ein gesteigertes Eigeninteresse widmen würde. Dass dem tatsächlich so ist und sich hier eindeutig die richtigen Leute zusammengefunden haben, spürt man in "The Social Network" in jeder Minute.
Im Herbst des Jahres 2003 setzt sich der kurz zuvor von seiner Freundin verlassene Harvard-Student Mark Zuckerbeg (Jesse Eisenberg) an seinen PC und beginnt NICHT mit der Arbeit an dem Programm, dass er im Auftrag für ein paar wohlhabende Kommilitonen erstellen soll. Denn Zuckerberg ist überzeugt, eine viel bessere Idee als die eines nur für bestimmte Studenten gedachten Online-Netzwerks zu haben, und fühlt sich auch persönlich seinen Auftraggebern eher wenig verpflichtet. Zusammen mit der finanziellen Unterstützung seines Freundes Eduardo Saverin (Andrew Garfield) entwickelt er die Plattform "The Facebook", die sich bald größter Beliebtheit erfreut und wie ein Lauffeuer verbreitet. Das Unternehmen wächst rapide, doch als schließlich auch der ehemalige Napster-Gründer Sean Parker (Justin Timberlake) mitmischt, wird die Freundschaft der beiden Gründer auf eine harte Probe gestellt. Mark Zuckerberg findet sich im Zentrum einer Auseinandersetzung wieder, in der es um Loyalität, Wahrheit und sehr viel Geld geht.
Was ist spannend an einer vorgerichtlichen Auseinandersetzung über die Urheberrechte an einer Webseite und daran, rund zwei Stunden lang einer Ansammlung von "Talking Heads" zuzuschauen? Eine ganze Menge, schon allein weil diese Webseite den Namen "Facebook" trägt und somit ein so großer Prozentsatz an Zuschauern direkt in irgendeiner Form davon betroffen sein dürfte wie bei kaum einem anderen Thema. Womit das Problem, den an sich eher trockenen Stoff von Gründung und Aufbau eines Online-Netzwerks filmgerecht aufzubereiten, aber ja noch nicht beseitigt wäre. Doch Fincher gelingt es tatsächlich auch dieser Geschichte seinen unverwechselbaren Stil und Stempel aufzudrücken und sie durchgehend spannend wie einen Thriller zu inszenieren.
Sicher, er greift dabei geschickt auch zu kleinen Tricks, setzt immer wieder hypnotisch-pulsierende Musik auch bei der Schilderung von eigentlich eher unspektakulären Geschehnissen ein und manipuliert so natürlich zu einem gewissen Grad sein Publikum. Doch obwohl dieses Vorgehen die beabsichtigte Wirkung nicht verfehlt, ist es eigentlich gar nicht nötig, denn Schnitt, Tempo und Kamera alleine erledigen den Job genauso gut. Nahezu ohne irgendwelche Längen (im Zweifelsfall könnte man höchstens den Szenen um Saverins Freundin welche attestieren) werden die 120 Minuten abgespult, nichts Entscheidendes fehlt, nichts ist komplett überflüssig.
Die Hymnen für Kurzweil und Spaß müssen dabei aber zu einem nicht geringen Teil in Richtung Drehbuchautor Aaron Sorkin gesungen werden, der auch hier scheinbar mühelos seine schon aus Arbeiten wie "The West Wing" oder "Der Krieg des Charlie Wilson" bekannten, punktgenauen Schnellfeuer-Dialoge voller Prägnanz und Witz abfeuert.
Dies sind brillante Steilvorlagen, die von den Darstellern dann nur noch verwandelt werden müssen, was diesen auch durchgehend gelingt, aber einer macht dann sogar noch ein bisschen mehr. Zunächst aber Hut ab für Justin Timberlake, mit der vielleicht besten Rolle seiner Schauspiel-Karriere als äußerst zwielichtiger Sean Parker, und auch für Andrew Garfield, als Eduardo Saverin der einzig echte Sympathieträger des Films, der hier das beruhigende Versprechen abgibt, dass es sich beim zukünftigen "Spider-Man" nicht um ein schauspielerisches Leichtgewicht handelt.
Doch letztlich gehört der Film vor allem Jesse Eisenberg, der zuletzt in "Zombieland" eine ganz andere Art von Nerd verkörperte und nun zu ganz großer Form aufläuft. Der "echte" Facebook-Gründer wird wohl damit leben müssen, dass der Großteil der Welt für die nächsten Jahre vor allem Eisenbergs Gesicht vor Augen hat wenn der Name Zuckerberg fällt, aber er darf sich andererseits auch bedanken von demselben als faszinierende Persönlichkeit dargestellt worden zu sein. Zwiespältig, zielstrebig und bisweilen rücksichtslos zwar, aber trotzdem nicht bösartig sondern leicht zu verletzen und zu kränken. Eisenberg spielt hier nicht, sondern verschmilzt komplett mit seiner Rolle, man möge ihn dafür bitte mit diversen Preisen zuschmeißen. "Ich bin kein Arschloch" sagt Zuckerberg im Verlauf der Anhörung zu einer nicht allzu bedeutenden Assistentin. "Ich weiß, aber warum versuchen sie ständig wie eines zu wirken?" lautet deren kluge und die Essenz dieser Persönlichkeit in einem Satz zusammenfassende Antwort.
Um eine lapidare, aber doch ganz besondere "Freundschaftsanfrage" geht es im letzten Bild des Films, aber dieser sehr gelungene Ausklang kann auch nicht verhehlen, dass es dann am Ende eigentlich doch gar kein Film über die große Erfolgsgeschichte "Facebook" geworden ist, sondern vielmehr einer um so allgemeingültige Themen wie Freundschaft und Vertrauen, Ehrgeiz und Egoismus. Was dann im Grunde vielleicht gar nicht mehr ganz so interessant und besonders scheint - wäre es nicht so verdammt gut gemacht und gespielt.
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