Sie tat ihm unrecht

MOH (32): 6. Oscars 1934 - "Sie tat ihm unrecht"

In unserer Serie "Matthias' Oscar History" (MOH) bespricht Matthias in jeder Folge jeweils einen der zwischen den Jahren 1929 und 2000 nominierten Oscar-Beiträge aus der Kategorie "Bester Film".

von Matthias Kastl / 2. Januar 2024

Von Gary Coopers eher hölzernen Auftritt in "In einem anderen Land" waren wir in der letzten Folge ja nicht so begeistert. Das dürfte bei unserem nächsten Beitrag aber doch eigentlich nicht drohen, wartet bei dem 1934 ebenfalls für den besten Film nominierten "Sie tat ihm unrecht" doch niemand geringerer als ein junger Cary Grant auf uns. Aber jeder fängt eben mal klein an.

Sie tat ihm unrecht

Originaltitel
She Done Him Wrong
Land
Jahr
1933
Laufzeit
66 min
Genre
Release Date
Oscar
Nominiert "Outstanding Production"
Bewertung
4
4/10

Nach Gary Cooper treffen wir in diesem Oscar-Jahr noch auf eine weitere Lichtgestalt des Kinos, die gerade dabei ist sich ihre ersten Sporen auf der Leinwand zu verdienen. Leider ist der Auftritt des 29jährigen Cary Grant in "Sie tat ihm unrecht" aber ebenfalls nur wenig eindrücklich geraten. Trotz prominenter Postion auf dem Filmplakat tritt Grant nämlich nur zu Beginn und am Ende der Geschichte so richtig in Erscheinung und schafft es in der kurzen Zeit nicht sein später so berühmtes Charisma zu entfalten.

Der von ihm gespielte Kapitän der Heilsarmee ist ja auch nur einer von vielen, der sich für die Sängerin Lou (Mae West) interessiert. Lou muss sich den Avancen zahlreicher weiterer Männer erwehren, ob von ihrem aus dem Gefängnis geflohenen Ex-Liebhaber Chick oder den vielen zwielichtigen Bekannten ihres aktuellen Partners, dem Barbesitzer Gus (Boah Berry). Der wiederum hat ziemlich viel Dreck am Stecken, was Lou aber relativ egal ist, schließlich erhält sie von diesem ja regelmäßig heißgeliebten Schmuck geschenkt und darf in der Bar ihre Lieder trällern.


Das beste an "Sie tat ihm unrecht" ist die Tatsache, dass der Film mit 66 Minuten in der Geschichte der Oscars die kürzeste Laufzeit aller je in dieser Kategorie nominierten Werke aufweist. Schon die Inszenierung kommt hier einfach sehr behäbig daher und der Film erinnert mit seinen statischen Szenen und unmotiviert eingeworfenen Tanz- und Gesangseinlagen ein wenig an die sperrigen ersten Tonfilme Hollywoods. Wenn die Kamera zum Beispiel zur Seite schwenkt, um eine Tür zu zeigen, dauert es dann auch mal gerne noch eine Sekunde bis diese aufgeht, so als ob jemand dahinter zu spät das Kommando für seinen Auftritt gehört hat. Die zur Auflockerung gedachten Songs sind ebenfalls nur Mittelmaß, was vor allem daran liegt, dass West bei diesen möglichst cool wirken will, diese aber eher distanziert und leblos auf die Bühne bringt.

Womit wir dann auch beim Elefanten im Raum wären, denn der Auftritt von Mae West entpuppt sich leider als große Achillesverse für den Film. Dabei ist der Mensch Mae West selbst eigentlich eine faszinierende Persönlichkeit, die sich früh für Homosexuelle einsetzte, freie Liebe und Feminismus propagierte und damit ihrer Zeit spürbar voraus war. Das von West geschriebene Bühnenstück, welches die Vorlage für den Film gab, wurde aus Angst vor dem Production Code und seinen moralischen Richtlinien für die Traumfabrik zwar etwas abgeschwächt, der obszöne Unterton und viele sexuelle Anspielungen sind im Film aber immer noch spürbar. Doch leider sind der Sarkasmus und die Sprüche von Lou nur selten wirklich gelungen. In Kombination mit der rauchig-bossigen Stimme von West und ihrem misslungenem Versuch möglichst cool rüberzukommen fängt deren platt gezeichnete Figur mit ihrem eher vulgären Auftreten so doch schnell an zu nerven.


Keine gute Voraussetzung für eine Komödie und so ist "Sie tat ihm unrecht" am Ende nicht einmal ansatzweise so witzig wie es sein möchte. Fairerweise darf man hier aber jetzt nicht nur West die Schuld geben, denn das Drehbuch wirft auch einfach zu viele Nebengeschichten mit rein, denen man sich in der kurzen Zeit gar nicht adäquat widmen kann. Da kann dann auch Cary Grant nichts mehr retten, der zwar am Ende noch eine bedeutende Funktion für die Geschichte bekommt, aber gar nicht erst die Zeit hat, um irgendeine Leinwandchemie mit West zu entwickeln. Ein großer Erfolg war der Film damals trotzdem und so etwas wie der große Durchbruch von Mae West. Vielleicht weil deren Figur, trotz aller Schwächen, zumindest damals wohl so ganz anders und frisch gewirkt hat. Heute darf man aber gerne einen großen Bogen um den Film machen.

"Sie tat ihm unrecht" ist aktuell als DVD auf Amazon in Deutschland verfügbar. Alternativ ist der Film auch auf der Webseite des Internet Archive kostenlos abrufbar.
 


Ausblick
In unserer nächsten Folge erlöst uns Katherine Hepburn endlich von unserer kleinen Pechsträhne durchwachsener Frühwerke zukünftiger Leinwandikonen.

Bilder: Copyright

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