Plötzlich Gigolo

Originaltitel
Fading Gigolo
Land
Jahr
2014
Laufzeit
98 min
Release Date
Bewertung
6
6/10
von Volker Robrahn / 4. November 2014

gigolo 1Es ist eine Mischung aus Verzweiflung und Tollkühnheit, die den finanziell schlingernden Buchladenbesitzer Murray (Woody Allen) dazu bringt seinem Freund Fioravante (John Turturro) eine umwerfende Geschäftsidee vorzuschlagen: Der sanftmütige Herzensbrecher soll sich als Liebhaber für bedürftige Damen aus Murrays Bekanntenkreis mieten lassen. Der Umworbene zögert zunächst, willigt dann aber ein und schon nach kurzer Zeit floriert das Geschäft dank der äußerst positiven Mundpropaganda der beglückten Frauen. Doch weil Emotionen und Eifersucht irgendwann dazwischen kommen, scheint es sich um ein Geschäftsmodell von nur begrenzter Haltbarkeit zu handeln.
 

gigolo 2Eine kleine, charmante New Yorker Geschichte, dominiert von pointierten Dialogen und untermalt von Jazzmusik – die Zutaten sind sämtlichst vorhanden, doch obwohl sich das zerknautschte Gesicht von Woody Allen sogar mal wieder vor der Kamera zeigt, ist dies nicht dessen einmal jährlich anstehender neuer Film (der heißt „Magic in the Moonlight“ und erreicht uns erst im Dezember). Es handelt sich bei „Plötzlich Gigolo“ dagegen um ein Werk, das von Allens engem Freund John Turturro („O Brother where art Thou“) geschrieben und inszeniert wurde und dem er den Gefallen erwies darin die Rolle des „Zuhälters“ Murray zu übernehmen, der die Geschehnisse in Gang setzt.  Man darf allerdings vermuten, dass Allen hier ein wenig mehr Einfluss hatte als es die offiziellen Credits glauben machen wollen, denn es fühlt sich hier doch alles sehr stark nach einer  typischen Arbeit des intellektuellen Stadtneurotikers an. Die Figuren sind durch die Bank schrullig aber liebenswert, die Geschichte ein wenig schlüpfrig, aber doch im Grunde harmlos, und die gesamte Atmosphäre atmet halt den Duft einer dieser lakonischen, teils selbstreflexiven, teils selbstverliebten Produktionen des Altmeisters. Der auffälligste Unterschied ist der, dass sich „Plötzlich Gigolo“ nicht so klar in die Liste der „Hit or Miss“-Filme  des Spätwerks von Woody Allen einordnen lässt. Wo bei dem auf kleine Meisterwerke und Überraschungshits wie „Blue Jasmine“ oder „Midnight in Paris“ in stetem Wechsel auch ziemliche Durchhänger wie "To Rome with Love“ oder „Ich sehe den Mann Deiner Träume“ folgen, erweist sich „Plötzlich Gigolo“ eher als guter Durchschnitt.

gigolo 3Dass der Hauptplot vom eigentlich nicht unbedingt klassisch gut aussehenden, aber trotzdem irgendwie attraktiven Fioravante, der sich sehr schnell an die Rolle als „Lover“ gewöhnt und sich auf die jeweiligen Bedürfnisse seiner Kundinnen einstellt, mangels emotionaler Tiefe allein nicht ausreicht den Film zu füllen, ist dabei offensichtlich auch dem Team Turturro/Allen selbst aufgefallen, und so entwickelt sich die Geschichte in der zweiten Hälfte dann auch weg vom nicht mehr so ergiebigen Gigolo-Thema um eine  ganz andere Episode zu erzählen. In der spielen dann vor allem die Regeln und Befindlichkeiten der jüdischen Gemeinde in New York eine größere Rolle und erneut liegt der Verdacht nahe, dass es vielleicht doch eher der religionsskeptische Woody Allen (statt des angegebenen offiziellen Drehbuchautors Turturro) ist, der sich hier einige böse Seitenhiebe gegenüber seinen „Glaubensbrüdern“ nicht verkneifen kann.

Immerhin bietet dieser Strang dann aber auch die beiden interessantesten Figuren, denn wir erleben einerseits das späte Hollywood-Debut von Ex-Popsternchen und Ex-Johny Depp-Gefährtin Vanessa Paradis, als unter den Restriktionen ihrer Glaubensgemeinschaft leidende Witwe, sowie einen ungewohnten Liev Schreiber als eifersüchtigen und missgünstigen Bewahrer eben dieser Werte. Paradis überzeugt dabei mit ihrer Ernsthaftigkeit und Schreiber gelingt das Kunststück im Verlauf Anteilnahme an seiner zunächst eher lächerlich wirkenden Figur zu erzeugen. Wenn das geschieht sind John Turturro und seine Liebesdienste schon längst in den Hintergrund getreten. Was zwar durchaus dem Originaltitel "Fading Gigolo" gerecht wird, aber eben auch verdeutlicht, dass wir es bei „Plötzlich Gigolo“ mit nicht mehr als einer sympathischen kleinen Fingerübung zu tun haben, bei welcher der eigentliche „Macher“ wohl nicht so ganz der Offizielle ist.

Bilder: Copyright

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