Als Beca (Anna Kendrick) an die Barden University kommt, will sie gleich wieder weg: Eigentlich will die Musik-begeisterte Nachwuchs-MashUp-Mixerin so schnell wie möglich nach Los Angeles und dort als DJ Karriere machen. Doch ihr Vater, der in Barden Philosophie unterrichtet, möchte gern, dass seine Tochter einen College-Abschluss macht, und in der verzweifelten Hoffnung, dass Beca ihre Meinung zum College noch revidieren wird, macht er mit ihr einen Deal: Beca soll ein Jahr am College bleiben, wenn sie dann immer noch gehen will - in Gottes Namen, bitte sehr. Oh, achja: Und sie soll sich in diesem Jahr wenigstens einer außerschulischen Aktivitätsgruppe anschließen.
Womit wir beim eigentlichen Thema von "Pitch Perfect" wären, dem vielleicht ersten "College-Film", in dem man nicht einen der Protagonisten auch nur einmal in einem Klassenzimmer sieht. Beca entscheidet sich nach einigem Widerstreben schließlich dafür, sich der Mädchen-A-Cappella-Gruppe der Universität anzuschließen, den Barden Bellas. Die befinden sich in einer ewigen Dauerfehde mit der alles überragenden Jungen-A-Cappella-Gruppe der Uni, den "Treblemakers" - ein derart erbitterter Konkurrenzkampf, dass Bella-Anführerin Aubrey jedweden sexuellen Kontakt zu einem der "Treblemakers" mit dem sofortigen Rausschmiss aus der Gruppe bestraft. Ungünstig für Beca, dass der niedliche Jesse (Skylar Astin) sich ordentlich in sie verliebt und nicht aufhören mag, ihr den Hof zu machen. Denn der Weg zur großen nationalen A-Cappella-Endausscheidung ist weit, und Aubrey will mit ihrer Truppe endlich einmal über die scheinbar unbesiegbaren "Treblemakers" triumphieren.
So richtig ernst nehmen kann man diese Mär vom erbitterten A-Cappella-Wettstreit natürlich nicht, und damit in dieser Hinsicht auch keine Missverständnisse aufkommen, macht "Pitch Perfect" auch in aller Deutlichkeit selbst klar, dass man das alles natürlich nicht richtig ernst nimmt, was man hier erzählt. Wenn gleich zur Eröffnung das Vorjahresfinale des großen A-Cappella-Wettstreits gezeigt wird und der Auftritt der Bellas mit plötzlichem, Explosions-artigem Erbrechen der Lead-Sängerin auf die vorderen Zuschauerreihen ein unrühmliches Ende findet, dann ist - zusammen mit den Sprüchen der begleitenden TV-Kommentatoren ("Women are about as good at al capella as they are at being doctors") - die Tonart für diesen Film nachhaltig gesetzt.
Wobei zur Beruhigung gleich hinterher geschoben werden sollte, dass der Film im Folgenden Gott sei Dank nicht permanent in Kotz-und-Fäkal-Humor abgleitet. Der sehr markante, überironische Ton jedoch bleibt erhalten und wird so konsequent durchgezogen, dass es beizeiten fast schon etwas anstrengend wird, wenn die Schlagzahl der nur um des bissigen Kommentars Willen eingeschobenen, ironischen Dialogzeilen einen Grad erreichen, der an Selbstverliebtheit grenzt. Trotzdem ist diese Taktik verständlich, versucht "Pitch Perfect" damit doch durchaus erfolgreich die Flucht nach vorn - bevor sich irgend jemand über sein Sujet lustig machen kann, macht er sich gleich selbst drüber lustig.
Mit dieser Herangehensweise und überhaupt seinem allgemeinen Thema ähnelt der Film nicht von ungefähr der TV-Serie "Glee" um einen Highschool-Chor (in den USA extrem erfolgreich, hierzulande bei SuperRTL versendet). Deren Erfolg dürfte denn auch entscheidende Inspiration bzw. Geburtshilfe für diesen Film gewesen sein, der - ebenfalls ähnlich wie "Glee" - mit einigen hinreißend gelungenen, überzeichneten Figuren und zum Teil großartig inszenierten Gesangsnummern über seine deutlichen erzählerischen Schwächen hinweg tröstet. So passiert hier von der ersten bis zur letzten Minute nichts, was irgendwie überraschend wäre, die "Liebesgeschichte" zwischen Beca und Jesse wird auch nur ziemlich pflichtschuldig abgehandelt, und das schwierige Verhältnis von Beca zu ihrem Vater - immerhin Ausgangspunkt der gesamten Plotkonstruktion - wird irgendwann einfach gar nicht mehr weitererzählt. Reichlich unglaubwürdig erscheint auch, dass die Barden Bellas ein phänomenal schüchternes asiatisches Mädchen in ihre Reihen aufnehmen, das mit derart leiser Stimme spricht, dass man tatsächlich nicht ein Wort von dem versteht, was sie von sich gibt. Von Gesang gar nicht zu sprechen.
Andererseits zählt diese formvollendete Überhöhung des Klischees "Mädchen mit Pieps-Stimme" zum Sammelsurium an absurden Figuren, die zur größten Stärke von "Pitch Perfect" werden, allen voran eine junge Dame namens Fat Amy. Fat Amy nennt sich wirklich selbst so, weil es die anderen sonst eh tun würden, und wird von der begnadeten australischen Komikerin Rebel Wilson gespielt, an die sich manch ein Zuschauer vielleicht noch aus ihrer kleinen, aber sehr prägnanten Rolle als Mitbewohnerin in "Brautalarm" erinnern mag. Hier stiehlt Wilson gnadenlos jede Szene, in der sie auftaucht, und hat mit ihrer unvergleichlich eigenwilligen Art die besten Lacher des Films gesamt auf ihrer Seite. Hohen Unterhaltungswert haben auch die diversen Gesangssequenzen, mit einem gut platzierten Zwischen-Highlight in Form eines Freestyle-Battles in der A-cappella-Variante. Und wie Jesse beim Umwerben der an Filmen gänzlich uninteressierten Beca nicht müde wird zu betonen, ist das Ende eines Films immer der beste Teil - wer so etwas vollmundig ankündigt, sollte dann auch besser liefern, und tatsächlich ist die letzte hier dargebotene Performance ein großartiger, mitreißender Schlusspunkt.
Das alles macht im Gesamtpaket dann doch zuviel Spaß, als dass man "Pitch Perfect" ernstlich wegen irgendwas böse sein könnte. Auch wenn das alles ziemlicher Unsinn ist. Aber ein Vergnügen ist es eben auch.
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