Es konnte eigentlich nur Eines von Beiden werden. Wenn ein Regisseur, der gleich mehrere absolute Klassiker des Kinos geschaffen hat, nach einer langen Pause (und ein paar vorhergehenden Flops) noch einmal zurückkehrt, um endlich sein seit Jahrzehnten unverfilmtes und nun selbstfinanziertes Traumprojekt umzusetzen, dann kann das Ergebnis doch letztlich nur ein weiteres, spätes Meisterwerk sein oder halt der Totalreinfall eines komplett aus der Zeit gefallenen Reliktes, oder? Wobei beide Optionen fast gleich aufregend sind, ist es doch oft genauso spannend einem (ehemaligen?) Genie beim Scheitern zuzusehen. Daher ist es beinahe etwas ernüchternd, wenn nun das Fazit nach dem Betrachten von Francis Ford Coppolas „Megalopolis“ doch nur irgendwo zwischen den Extremen landet. Denn dieser Film ist letztlich einfach nur „gar nicht so schlecht“.
Dabei klang das im Vorwege doch schon sehr nach einem maßlosen, wenn nicht gar größenwahnsinnigen Projekt mit einer Prämisse, die einen eher ein verquastes Kunstprodukt erwarten ließ als eine auch nur halbwegs spannende und nachvollziehbare Geschichte. Denn wir sehen hier Adam Driver, der sich Caesar Catalina nennt und mit großer Überzeugung (und alberner Frisur) in einem New York, das sich in der nahen Zukunft als „New Rome“ versteht, als Chefdesigner wirkt und von revolutionären Gebäuden für die Sinne fabuliert, während er dazu Hamlets „Sein oder Nichtsein“-Monolog rezitiert. Als sein Gegenspieler fungiert dabei der Bürgermeister der Stadt, ebenfalls klassisch römisch als „Cicero“ betitelt, der die Sache eher konservativ und pragmatisch sieht und einfach nur zweckmäßige Bauten errichten lassen will, um die Menschen irgendwie unterzubringen. Es treten zudem auf: Die Reporterin Wow Platinum (die Namensgebung erschwert es in der Tat etwas das Ganze ernst zu nehmen), die zwar ein Affäre mit Caesar hat, dann aber doch lieber einen steinreichen alten Banker ehelicht, sowie dessen von Ehrgeiz und Neid zerfressener Sohn Clodio. Eine weit größere Rolle fällt jedoch Julia zu, der Tochter des Bürgermeisters, die sich – zu Caesars eigener großer Überraschung – nicht nur auf seine Seite stellt, sondern auch sein Herz erobert.
Doch, doch, es gibt tatsächlich eine nachvollziehbare Handlung in „Megalopolis“, obwohl man da ja im Vorfeld nicht so sicher sein konnte, wurde doch nach der großen Premiere in Cannes sehr häufig auf den künstlerisch-experimentellen Charakter des Films hingewiesen, der viele eher verwirrt zurückgelassen haben soll. Das Machtstreben, die Intrigen und Eifersüchteleien der einzelnen Figuren kommen aber eigentlich recht konventionell daher und ähneln den Mustern bekannter Familiensagen von „Romeo und Julia“ über "Dallas“ bis zu, ja genau, „Der Pate“. Jeder hat hier vor allem ein großes Ego und niemand ist dabei so richtig sympathisch, die Väter sind gerne mal bitter enttäuscht von ihren Sprösslingen und keinem ist so wirklich zu trauen. Das alles allerdings in einer auf Speed gedrehten, reichlich überdrehten Variante, bei der jeder mit großem Pathos agiert.
Das Experimentelle, Schräge macht sich daher eher in den waghalsigen Kostümen und Bühnenbildern bemerkbar, in denen die Figuren agieren und die eine offensichtlich gewollte Künstlichkeit ausstrahlen. Dieser Ansatz wird allerdings nicht konsequent und einheitlich verfolgt, denn mal kommt man sich vor wie auf einer keinerlei Realitätsanspruch erkennen lassenden Theaterbühne, mal dagegen wie in einem äußerst aufwändig konstruierten Showpalast, wenn sich etwa der Madison Square Garden in eine Art Kolosseum verwandelt und dem Volk pompöse „Brot und Spiele“ darbietet. Da erkennt man dann schon, wohin zumindest ein Teil der 120 Millionen Dollar aus Coppolas Privatvermögen gewandert sind, was aber nicht bedeutet, dass der Film auch durchgehend teuer aussieht. Denn, wie gesagt, ab und zu brechen bewusst einfach gehaltene Bühnenbilder mit dem Stil des Vorherigen und auch die Spezialeffekte sind von recht unterschiedlicher Qualität.
Was die Darsteller angeht, hat der Altmeister zwar ein namhaftes Ensemble versammelt, zu dem unter Anderem auch Shia LaBeouf, Aubrey Plaza und der nur noch selten gesehene Dustin Hoffman gehören. Die Art der Inszenierung, die mitunter halt doch eine Anmutung von Edeltrash hat, bei dem man davon ausgehen muss, dass eben nicht alles so ernst gemeint ist, wie es einem die bedeutungsschwangere Stimme des Erzählers suggeriert, gibt aber im Grunde keinem die Möglichkeit in seiner Rolle wirklich zu glänzen. Als Gesamtbild haben wir dann einen Film mit großem visuellen Einfallsreichtum, der mal amüsant, mal eher albern, aber niemals wirklich spannend daherkommt. Der aber als Stilmix doch recht einzigartig dasteht und auch durchaus Spaß macht. „
Kann man gucken“ lautet daher hier das Fazit, auch wenn das womöglich nicht ganz das ist, was sich Herr Coppola nach der Vollendung seines Traumprojekts als Reaktion erhofft hat.
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