Italien 1929. Die junge russische Aristokratin Natalia (Emily Watson) verbringt mit ihrer Mutter Vera (Geraldine James) einen langen Urlaub in einem Nobelhotel am Comer See. Während Vera intensiv Ausschau nach einem potentiellen Schwiegersohn hält - und schließlich glaubt, diesen in dem Adligen Jean de Stassard (Christopher Thompson) gefunden zu haben - zeigt Natalia sich von ihrer überaus kultivierten Umgebung eher gelangweilt. Das ändert sich, als das exzentrische Schachgenie Alexander Lushin (John Turturro) zur Teilnahme an der Schachweltmeisterschaft anreist. So virtuos er die Züge auf dem Schachbrett versteht, so unvertraut zeigt er sich mit den Spielregeln der Gesellschaft und wird von seiner Umgebung als Sonderling belächelt. Als Natalia sich ihm nähert, beginnt eine außergewöhnliche Romanze, welcher Vera und Natalias eiligst nach Italien beorderter Vater ablehnend gegenüberstehen.
Das Paar muss jedoch nicht nur gegen gesellschaftliche Konventionen, sondern auch gegen die Schatten aus Alexanders Vergangenheit kämpfen. Immer wieder sucht ihn die Erinnerung an die unglückliche Ehe seiner Eltern heim, vor der sich der kleine Alexander in die Welt des Schachs flüchtete. Als sein ehemaliger Lehrer Valentinov (Stuart Wilson) mit der Absicht auftaucht, Alexanders Weltmeisterschaftssieg um jeden Preis zu verhindern, wird Alexander selbst zu einer Figur in einem intriganten Spiel. Natalia setzt alles daran, einen Mann zu retten, der sich auf dem Schachbrett verliert, ohne dieses Spiel jedoch nicht lebensfähig ist...
Die niederländische Regisseurin Marleen Gorris (die 1997 für "Antonias Welt" den Oscar für den besten ausländischen Film erhielt) schafft eine wunderbare Romanze, die streckenweise die Spannung eines Thrillers erreicht. John Turturros Darstellung geht in ihren Facetten weit über die Antipoden "Genie" und "Wahnsinn", die ja bekanntlich so nah beieinander liegen, hinaus und gibt seinen Alexander niemals der Lächerlichkeit preis, auch wenn er oftmals Anlass zum Lachen bietet. Emily Watsons Natalia hält ein wenig zu unerschütterlich an ihrer Liebe fest. Sie bleibt von dem Konflikt mit ihren Eltern und Alexanders pathologischen Zügen so unberührt, dass sie als lichter, ruhender Pol im Leben des Genies streckenweise langweilig wirkt.
Umso interessanter gestalten sich da die Nebenfiguren wie Natalias Eltern oder Jean de Stassard. So skeptisch Vera und Ilya sich auch gegenüber Alexander zeigen, so sehr bemühen sie sich darum, ihrer Tochter zur Seite zu stehen und insbesondere Ilya kann sich schwer der Faszination des Schachspiels entziehen. Auch Jean de Stassard lässt sich nicht auf die Rolle des abgelehnten Liebhabers, der seinem verletzten Stolz nachgibt, reduzieren.
Der russische Schriftsteller Vladimir Nabokov, selbst ein passionierter Schachspieler, lieferte die literarische Vorlage. Wie schon in seiner weltberühmten Novelle "Lolita" steht auch hier eine pathologische Faszination im Mittelpunkt, die von Gorris in wunderschönen Bildern und mit erstklassigen Darstellern auf die Leinwand gebracht wird.
Neuen Kommentar hinzufügen