Wenn man mit der eigenen Produktionsfirma mal eben die beiden erfolgreichsten deutschen Filme des letzten Jahrzehnts auf die Leinwand gebracht hat, dann genießt man wahrlich Narrenfreiheit. So erging es Comedy-Virtuose Michael "Bully" Herbig, der sich mit "Der Schuh des Manitu" und "(T)Raumschiff Surprise" zu Deutschlands einzigem veritablen Blockbuster-Garanten gemausert hat. Und als Bully sich entschied, mit den Verballhornungen der Sissi-Filme noch eine weitere Sketch-Reihe aus seiner legendären Comedy-Show "Bullyparade" fürs Kino zu adaptieren, und zwar als Animationsfilm, gab es dann auch nichts und niemanden, um Bully von diesem riskanten Unterfangen abzuhalten. Riskant deshalb, weil es erstens in Deutschland keine namhaften Animationsstudios gibt, und weil Bully zweitens mit dem Schritt zum Zeichentrick seinen beliebten Figuren ihre bekannten Gesichter raubte - und damit auch viel garantiertes Erfolgspotential. Viel gewagt - und leider nicht gewonnen, wie das Endergebnis zeigt.
Dass die hier in Lissi umgetaufte Gemahlin des österreichischen Kronprinzen in der Bullyparade-Persiflage als unerschütterlich lebensfrohes und gut gelauntes Dummerchen nicht wirklich als tragende Filmfigur taugt, war dann auch für Bully und seinen Co-Autoren Alfons Biedermann so offensichtlich, dass der wahre Protagonist von "Lissi und der wilde Kaiser" ein ganz anderer ist - nämlich der Yeti. Den bekommt man hier dann auch als Erstes vorgestellt, und zwar als einen Kotzbrocken von Schneemonster, der zu allen harmlosen Tieren gemein ist (die Parallelen zu "Shrek" sind kaum zu übersehen, bis hin zum eigentümlichen Sprachstil - während Shrek im Original einen leicht schottischen Einschlag hat, spricht Waldemar Kobus den Yeti hier mit einem deutlichen Hauch Rheinland in der Stimme). Doch als der Yeti in eine Schlucht zu stürzen droht und der Teufel kommt, um ihn in die Hölle zu holen, macht der Schneemensch mit ihm einen Deal: Er kommt ungeschoren davon, wenn er dem Teufel die schönste Frau der Welt bringt.
Dies ist dann die Titelgebende Kaiserin Lissi (Bully scherzte auf der begleitenden Pressekonferenz zu den Pressevorführungen des Films, Lissis Figurenbeschreibung sei die größte Herausforderung an die Animatoren gewesen: Sie ist die schönste Frau der Welt - und hat eindeutige Ähnlichkeit mit ihm), und ihre Entführung durch den Yeti sowie die anschließende Verfolgung des Kidnappers durch den tapferen Kronprinz Franz ist alles, was der Film an Handlung zu bieten hat. Das sah ja schon bei den Vorgängern "Manitu" und "Surprise" ähnlich dünn aus, und wie gehabt feuert Bully auch hier wieder aus allen Gag-Kanonen, um die mangelnde Geschichte durch genügend gelungene Lacher auszugleichen.
Doch was zuvor noch fabelhaft funktionierte und die Fans zu Mehrfach-Kinobesuchen animierte, will diesmal leider nicht klappen. Denn "Lissi und der wilde Kaiser" ist vor allem eins: Überraschend unlustig. Die Bemühungen um die Lacher sind natürlich da, und quasi jede Szene tut im Vor- oder Hintergrund ihr Bestes, um so witzig wie nur möglich zu sein. Einzig, der Funke will nicht so richtig überspringen, und während man desöfteren beherzt schmunzeln darf, ist hier lautes Loslachen doch chronische Mangelware.
Das liegt wiederum vor allem am gewählten Stil des Animationsfilms, denn genau genommen ist "Lissi und der wilde Kaiser" nichts anderes als ein 80-minütiger Bully-Sketch, nur eben in der gezeichneten Version. Die Stimmen und Figuren sind dieselben wie in der Bullyparade, auch die Mimik ist Eins-zu-Eins übertragen - aber es fehlen die echten Gesichter, das echte Spiel von Bully und seinen Kompagnons Christian Tramitz und Rick Kavanian. Das unnachahmliche Talent dieses Trios für physische Komik und absurden Humor in seinen Sketchen war stets das Rezept ihres Erfolgs - sei es in der Fernsehshow oder den Kinofilmen. Und genau dies fehlt hier, denn selbst wenn im Prinzip genau das gezeichnet wurde, was die drei ohnehin gespielt hätten - es bleibt dabei etwas auf der Strecke, was den eigentlichen Lacher ausgemacht hätte. So sitzt man bei "Lissi und der wilde Kaiser" im Kino, um einen Bully-Film zu sehen, und bekommt stattdessen sozusagen die nachgezeichnete Kopie eines Bully-Films. Das ist einfach längst nicht so befriedigend.
Das ist von daher auch sehr schade, weil der Film handwerklich durchaus gut gemacht ist. Die Qualität der Animationen kommt zwar an amerikanische Vorbilder von Pixar oder Dreamworks bei weitem nicht heran, kann sich im internationalen Vergleich aber dennoch mehr als sehen lassen und bietet keinen Grund zur Klage. In seiner Inszenierung nutzt Bully die Freiheiten, die der Animationsfilm bietet, auch ordentlich aus und beweist ansonsten erneut, dass er ein vortrefflicher Regisseur mit grandiosem Gefühl für Timing ist. Doch gerade weil der Film so gut gemacht ist, wundert man sich umso mehr, dass er einen nicht mehr zum Lachen bringt. Um dann erneut bei der Erkenntnis zu landen, dass man eben lieber einen Realfilm gesehen hätte.
So kann man dann auch nur konstatieren, dass Bully besser daran getan hätte, überhaupt keinen Lissi-Film zu machen, und darf gespannt sein, ob die Publikumsmassen an der Kinokasse das ähnlich sehen. Wenn auch "Lissi" mehrere Millionen Zuschauer einfährt, hat Bully wohl endgültig bewiesen, dass aus allem Gold wird, was er anfasst. Ob das klappt, daran darf man diesmal allerdings berechtigte Zweifel haben. Verdient wäre es in diesem Falle jedenfalls leider nicht.
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