Und nun ist er doch da. Als echter Spielfilm und im Kino auf der großen Leinwand. Mehrere Jahre an Vorbereitung und Produktion hat es gebraucht und schließlich auch die finanzielle Unterstützung der Internetgemeinde mittels des modernen „Crowdfunding“. Denn die Idee war einfach zu schön und es gab genügend Leute, die sie wahr werden lassen wollten. Der Titel „Iron Sky“ stand zwar von Beginn an fest, doch ansonsten reichte bereits ein einziger Satz an Handlungsbeschreibung, um bei vielen den Reflex „Das will ich sehen!“ auszulösen: „Die Nazis leben seit dem Ende des 2. Weltkriegs auf der dunkle Seite des Mondes, und jetzt kommen sie zurück“ lautete diese Prämisse, so simpel und genial, dass man sich im Grunde fragen muss warum da vorher denn noch keiner drauf gekommen war. Tolle Idee also, aber wie macht man daraus einen kompletten Film? Und inszeniert man das dann absolut ernst oder als Komödie? Bemüht man sich um überzeugende Effekte oder setzt man von vornherein auf billigen Trash? Wer würde mitspielen und wer dafür Geld geben? Eine Menge Fragen, und hier kommen die Antworten.
Im Jahre 2018 starten die USA nach langer Pause wieder einen bemannten Flug zum Mond. Die amtierende Präsidentin (Stephanie Paul) betrachtet die Aktion in erster Linie als PR-Maßnahme für ihre Wiederwahl und schickt nicht zuletzt deshalb auch den schwarzen Astronauten James Washington (Christopher Kirby) mit an Bord. Doch der macht mit seinem Kollegen auf dem Mond dann eine unglaubliche Entdeckung: Auf der der Erde abgewandten Seite des Trabanten leben Menschen, und die sind den Ankömmlingen nicht sehr freundlich gesonnen. Es sind überzeugte Nazis, die sich hier seit Jahrzehnten eine neue Basis (natürlich in Hakenkreuzform) aufgebaut haben und mit ihrem gewaltigen Raumschiff „Götterdämmerung“ und unter ihrem aktuellen Führer Wolfgang Kortzfleisch (Udo Kier, wer sonst) die Rückkehr zur Erde vorbereiten, um die Menschheit so doch noch von den Segnungen und der Überlegenheit ihrer Ideologie zu überzeugen. Über die Ankunft des ungewohnt dunkelhäutigen Washington ist man nicht sehr erfreut und nimmt ihn prompt gefangen. Gehirngewaschen und mit einem Albinoserum „kuriert“ beschließt man, den Astronauten zusammen mit dem ehrgeizigen Klaus Adler (Götz Otto) und dessen Verlobter, der gutmütigen Lehrerin Renate Richter (Julia Dietze) als kleine Vorhut zurück zur Erde zu schicken.
Auch wenn wir oben die Beantwortung von Fragen versprachen, so gibt es ein paar die hier offen bleiben müssen, da auch der Film darauf lieber keine genauen Antworten gibt. Das sind die kleinen Logik-Fragezeichen, die sich natürlich ganz automatisch aufbauen, wenn man ernsthaft darüber nachdenkt wie es denn bitte den Deutschen mit der Technik der 40er Jahre gelungen sein soll zum Mond zu kommen und dort mehrere Dekaden lang zu überleben (vor allem da sie nach wie vor die gleichen klobigen Maschinen nutzen und daher ungläubig die Möglichkeiten eines Handys bestaunen). Und wie sie sich denn wohl dort im kleinen Kreise fortgepflanzt haben, möchte man vielleicht auch gar nicht genauer wissen. Aber natürlich ist es letztlich genauso egal wie klug, gar nicht erst eine bemühte pseudowissenschaftliche Erklärung für diese Prämisse anzubieten, die man einfach nur genauso haben wollte.
Während sich aber in den ersten Minuten noch nicht so recht einschätzen lässt, mit was für einer Art Film wir es denn hier nun zu tun bekommen, zeigt sich dann recht schnell, dass es also doch in Richtung Satire gehen wird. Eine Satire, die erstaunlich clever und mit vielen gelungenen Ideen daherkommt. Clever ist es beispielsweise, aus der weiblichen Hauptfigur eine Englischlehrerin zu machen, die ihren germanischen Schützlingen notgedrungen diese verachtenswerte Sprache beibringt, schließlich muss man ja diese ungebildeten Erdlinge demnächst auf den richtigen nationalistischen Pfad lenken. Daher parliert die Dame also wenn nötig auch in Englisch („This way, Mr. Untermensch!“), was für ihre Mission äußerst praktisch und auch für den Film sehr nützlich ist.
Der kommt nämlich in seiner originalen Fassung (und nur die bietet das volle Vergnügen) als deutsch-englischer Sprachbastard daher, in dem jeder in seiner jeweiligen Muttersprachen kommuniziert. Demnach gibt es dann hier auch keine radebrechenden Amerikaner sondern mit dem ehemaligen Bond-Bösewicht Götz Otto, Altgestein Udo Kier und Julia Dietze („1 ½ Ritter“) recht namhafte deutsche Schauspieler in der Besetzungsliste. Auch die Amerikaner sind sämtlichst Profis, wenn auch wenig bekannte. Mit Stephanie Paul hat man sich für die Rolle der US-Präsidentin dabei sicher nicht zufällig einen optischen Sarah Palin–Verschnitt organisiert, die dann auch passend als höchst unsympathische Furie agiert.
Denn – und das konnte man nicht unbedingt so erwarten – in „Iron Sky“ werden keinesfalls nur die Nazis persifliert, sondern praktisch genauso stark die mal ahnungs-, mal rücksichtslosen Vertreter des realen Kapitalismus, die sich zur Not auch gerne selbst mal Nazi-Methoden zu eigen machen, so es denn den eigenen Interessen dient. Wie einfallsreich man dabei zu Werke gegangen ist mag vielleicht ein konkretes Beispiel verdeutlichen: So zeigt man den brav gescheitelten Schülern auf dem Mond, wie sehr sogar ein damals angesehener Amerikaner wie Charlie Chaplin den deutschen Führer verehrte, indem man einfach die bekannte „Tanz mit der Weltkugel“-Szene aus dessen berühmtem „Der große Diktator“ vorführt.
Hat man das mit der intelligenten Satire also erstaunlich gut hinbekommen, folgt als nächste positive Überraschung die technische Umsetzung des SF- Abenteuers. Zwar sind knapp acht Millionen Euro, zu denen erstaunlicherweise sogar zwei deutsche Förderfonds beigetragen haben, an sich ja nicht wenig, aber andererseits doch auch ein sehr überschaubares Budget für einen Science-Fiction-Film mit epischen Weltraumkämpfen. Und als sich nach gerade mal einem Drittel der Laufzeit die Handlung erst einmal auf die Erde verlagert, schaut das im ersten Moment auch nach einer einfachen Methode zum Geld sparen aus. Aber weit gefehlt, denn es wird später nicht nur wieder zurück zum Mond gehen, sondern sowohl die Weltall- und Raumschiffaufnahmen als auch die finale große Schlacht sehen ausgesprochen gut aus und können absolut überzeugen.
Echten „Trash“ verkörpert „Iron Sky“ somit tatsächlich nur in der überzogenen und abstrusen Geschichte, doch selbst das ist dabei dann dank der oben erwähnten Einfälle ein B-Movie–Appeal auf ziemlich hohem Niveau, der wohl selbst einem Quentin Tarantino Freude machen dürfte. Ob dieser Film irgendeine Chance hat mehr als die für solche Themen eh offenen Genrefans zu erreichen, bleibt natürlich die Frage, aber verdient hätte es diese etwas andere Art von deutscher Komödie auf jeden Fall (dass der Regisseur ein Finne ist, spielt dabei keine große Rolle). Denn zumindest in filmischer Hinsicht verläuft diese Nazi-Mission äußerst erfolgreich, wenn man das denn so formulieren darf.
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