
Ja, sie sind Monster und zugegeben, sie sehen zum Teil schon ein wenig furchterregend aus, aber eigentlich möchten Frankenstein, Werwolf, Mumie und deren Freunde doch nur ihre Ruhe haben und nicht ständig von den Menschen gejagt werden. Und genau deshalb hat ihr inoffizielles Oberhaupt Dracula (auf deutsch gesprochen von Rick Kavanian) irgendwann ein eigenes Luxushotel für seine Monsterkollegen geschaffen, eines in dem sie unter sich sind und zu dem Menschen keinen Zutritt haben. Also alles gut gelaunt und lustig im „Hotel Transsilvanien“, nur Draculas Tochter Mavis (Josefine Preuss) mault anlässlich ihres 118. Geburtstages ein wenig rum – möchte die immer noch junge Dame doch endlich der übertriebenen Fürsorge ihres Papas entkommen und die Welt kennenlernen. Mithilfe eines ausgeklügelten und etwas hinterlistigen Plans bringt der gutmeinende Vater sie zwar zunächst davon ab, doch dann geschieht etwas, was nicht nur den Vampirfürsten in nackte Panik versetzt: Ein Mensch hat den Weg ins Hotel gefunden. Zwar erweist sich der junge Rucksacktourist Jonathan (Elyas M'Barek) als total nett und harmlos, doch trotzdem ist der Hotelchef der Meinung, die übrigen Gäste dürften auf keinen Fall von seiner Anwesenheit erfahren.
In einem Jahr, das im Animationssektor von wenig inspirierten Fortsetzungen bereits ziemlich ausgesaugter Marken („Madagaskar 3“, „Ice Age 4“) geprägt ist und in dem auch der Branchenprimus Pixar mit seiner „Legende der Highlands“erneut schwächelt, freut man sich über jedes halbwegs neue oder originelle Konzept und da bringt Sonys „Hotel Transsilvanien“ nun eine angenehme frische Brise ins für sämtliche große Studios so lukrative Animationsgenre (dessen anderer origineller Ableger dieses Jahres, "ParaNorman", sich ja auch schon vom Horrorbereich inspirieren ließ). Es handelt sich dabei um einen der angenehmen Beiträge, der für Kinder und Erwachsene gleichermaßen zu genießen ist, denn auf der einen Seite sorgen die vielen verschiedenen Monster mit ihren Eigenheiten für reichlich Action und Tempo, zusätzlich lassen sich jedoch für den Kenner der alten Monsterfilme auch diverse hübsche Anspielungen entdecken. Insbesondere die ganz klassische erste Hochphase der Horrorkinos mit den berühmten Universal-Monsterfilmen um Dracula, Frankenstein, Wolfsmann und den Unsichtbaren wird hier ausführlich zitiert, ohne dass es für die Kleineren ein Problem sein dürfte wenn die diesen „Mehrwert“ im Gegensatz zu den Kennern dann nicht wirklich mitbekommen.
Der Einfallsreichtum, mit dem dabei zu Werke gegangen wird, ist bemerkenswert und man darf schon konstatieren, dass hier sehr liebevoll gearbeitet wurde. Die Figur des Dracula ist dabei ziemlich dominant und wurde in der Originalfassung stark auf Sprecher Adam Sandler zugeschnitten, doch auch Rick Kavanian verleiht ihm in der deutschen Version eine sehr prägnante Stimme und einen schönen Akzent. Auch beim Obervampir erinnern Umhang, Körperhaltung und Gesten in nahezu jeder Phase an die Darstellung des legendären Bela Lugosi, zusätzlich hat man aber einige weitere wirkungsvolle Einfälle parat, denn der prinzipiell sehr höfliche Hausherr versteht es von einer Sekunde auf die andere ausgesprochen wütend zu werden und dann furchteinflößend mit funkelnden Augen zu doppelter Größe anzuwachsen – dies aber stets nur für winzig kurze und schnell geschnittene Momente, was dann einen sehr schönen Effekt ergibt. Auch bei der Besetzung des sich langsam annähernden Pärchens aus hundertachtzehnjähriger Teenagertochter und naivem Weltenbummler hat man sich ein wenig was gedacht und lässt das „Türkisch für Anfänger“-Paar Josefine Preuß und Elyas M'Barek ähnliche Wortduelle aufeinander abfeuern wie in deren gemeinsamer Erfolgsserie.
Auch bei „Hotel Transilvanien“ stellt sich allerdings der leider oft zu beobachtende Effekt ein, dass das Konzept vor allem dann richtig Spaß macht solange es wirklich brandneu ist und genau damit protzt - in der ersten halben Stunde werden hier erst einmal alle Figuren und Ideen in einem wahren Feuerwerk auf den Zuschauer abgefeuert. Nachdem man die Grundkonstellation jedoch verarbeitet hat und die Figuren kennt, muss halt auch noch eine Geschichte erzählt werden, die über Spielfilmlänge trägt. Zwar ist gegen die hier gewählte Parabel über das Erwachsenwerden und den Vater, der lernen muss sein Kind irgendwann loszulassen, auch grundsätzlich nicht viel einzuwenden, doch hat man das so oder ähnlich dann halt doch schon öfter gesehen und die in der zweiten Hälfte verstärkt auftretende Ernsthaftigkeit bremst das Geschehen nicht nur etwas aus, sie ist auch schlicht nicht stark und überzeugend genug um den Film in diesen Momenten durchgehend interessant zu halten.
Soll heißen: „Hotel Transsilvanien“ ist eine sehr nette und auch schön umgesetzte Idee, trägt aber nur mit etwas Mühe schon über diesen einen Film, so dass man das Konzept nun nicht unbedingt noch in diversen Fortsetzungen weiter auswalzen sollte. Doch da sprechen die Gesetze des Marktes und das in den USA bereits sehr starke Einspielergebnis vermutlich eine andere Sprache, so dass uns diese Versionen von Monster und Mumie und Co. wohl bald in allen möglichen Formen begegnen werden. Das muss zwar nicht unbedingt sein, für ihren ersten Auftritt auf der Leinwand sprechen wir aber allemal eine „Anschauen!“-Empfehlung aus.
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