Havanna Blues

Originaltitel
Habana Blues
Jahr
2005
Laufzeit
115 min
Genre
Release Date
Bewertung
8
8/10
von Sandra Hertel / 1. Januar 2010

Kuba und Musik - das gehört einfach zusammen. Genauso tauchen der Cuba Libre, die dicke Zigarre und die tanzenden Bikini-Mädels im Kopf auf, wenn von dem karibischen Land die Rede ist. Benito Zambranos neustes Werk will, wie so viele vor ihm, dem Publikum Kuba über seine Musik nahe bringen. Doch dabei geht es nicht um Salsa und den Buena Vista Social Club, sondern um elektronische Gitarren und Schlagzeug. Und um viel Gefühl.

Ruy (Alberto Joel García Osorio) und Tito (Roberto Sanmartín) träumen von einer internationalen Karriere als Musiker. Tagsüber unterhalten sie mit traditionellen kubanischen Liedern die Touristen am Strand, abends proben sie mit ihrer Band im Wohnzimmer von Ruys Großmutter. Ihre Mischung aus Samba, Salsa und Blues kommt in der Underground-Szene Havannas gut an, zum Überleben reicht es aber lange nicht. So kommt es immer öfter zum Streit zwischen Tito und seiner Frau Caridad, unter dem die beiden Kinder leiden. Caridad versucht die Familie mit selbst gemachten Halsketten, die sie an Touristen verkauft, über Wasser zu halten. Doch immer öfter denkt sie daran, mit den Kindern aus Kuba zu verschwinden und die gefährliche und illegale Flucht über das Meer nach Florida zu wagen.
Als Talentsucher eines spanischen Plattenlabels in Havanna Station machen, ergreifen Tito und Ruy ihre Chance: Sie vermitteln den Talent-Scouts Marta (Marta Calvó) und Lorenzo (Roger Pera) ein schönes Ferienhaus und führen sie durch die Musikszene von Kubas Hauptstadt. Doch umso mehr sich Tito um seine Karriere und insbesondere um Marta kümmert, desto schlechter läuft seine Ehe: Caridad und er haben sich entfremdet. Und bis zu einem festen Vertrag ist es noch ein weiter Weg...

"Havanna Blues" hat alles, was ein guter Film braucht: Mitreißende Musik, eine faszinierende und fremde Umgebung, sympathische und engagierte Schauspieler und eine Handlung voller Hochs und Tiefs mit unerwarteten Ereignissen. Benito Zambrano aus Spanien hat selbst lange in Kuba gelebt und schon mehrere Filme dort gemacht. Er kennt und schätzt die Kubaner als begeisterungsfähige Menschen mit erstaunlichem Überlebenswillen in einem völlig runter gewirtschafteten Land. Für ihn ist die Musik das Essentielle an Kuba.
Aber leider gehört zu Kuba auch das Ausreiseverbot seiner Bewohner und damit die illegale Emigration. Trotz seiner oft kritischen Töne hatte Zambrano beim Dreh mit wenig Behinderungen durch die Ministerien zu rechnen. Doch beim Drehbuch mussten Einschnitte gemacht werden: So wollte Zambrano das große Drogenproblem der kubanischen Jugend aufgreifen, dies wurde von der Regierung verboten. Zambrano nahm den Änderungswunsch hin, um den Film überhaupt machen zu können. Doch einer seiner Musiker wurde während des Drehs zu vier Jahren Gefängnis verurteilt, da er Amphetamine an ein Mädchen verkauft hatte. Die fehlenden Szenen mit ihm wurden in seinem Knast gedreht.

Trotz der Ausklammerung dieser traurigen Realität konnten die Filmmacher ein Kuba der Ausgegrenzten und Hilflosen zeigen: Mit langen Haaren und viel Cuba Libre rocken die jungen Männer für ein besseres Leben und die Freiheit, das Land einmal verlassen zu dürfen. Dabei geraten sie in Konflikt mit den Familien, der Kindererziehung und ihrem eigenen Gewissen: Wie viel gebe ich auf, damit es besser gehen kann? Das ist die Frage, die sich jeder hier stellt.

Während Ruy und Tito Hohelieder auf die Liebe und die Schönheit ihres Landes singen, durchstreift die Kamera dreckige und bunte Straßen mit spielenden Kindern, als ob sie auf einen "Stop-Ruf" des Zuschauers warten würde: Das Elend Kubas wird ebenso offensichtlich angeklagt, wie die Ehre Havannas verteidigt wird. Die Frauen und Männer in diesem Film sind ohne Job und ohne Perspektive, oft sind sie verzweifelt, und trotzdem hat man das Gefühl, sie würden ihr Leben in vollen Zügen genießen. Sie sind Spielball des großen Nachbarn USA, der gleichzeitig Fluch der dort Lebenden wie auch Hoffnung der Flüchtenden ist.
Klar, der Film will uns auf die Missstände in Kuba aufmerksam machen. Aber dank dem persönlichen Blickwinkel wirken die Probleme der Protagonisten gar nicht so fremd und weit weg, sondern ziemlich bekannt und vertraut. Da fällt es leicht mitzulachen und mitzuweinen. Der Film will auch unsere Begeisterung und unsere Bejahung für die kubanische Lebensweise. Und weil er das gar nicht offensichtlich oder plump macht, bekommt er am Ende unsere Zustimmung: Kuba ist toll und "Havanna Blues" echt sehenswert.

Bilder: Copyright

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