Nanu, was ist denn mit der deutschen Verleihfirma los? Nur "Hangover" und das war's? Kein cooler und verrückter deutscher Untertitel, der dem deutschen Zuschauer in eventueller Unkenntnis der Bedeutung des Originaltitels weiterhilft? Das war doch sonst immer so beliebt. Kein "Hangover - Verrückte Nächte in der Stadt der Sünde" oder "Hangover - Hilfe, wir haben den Bräutigam verloren"? Nein, einfach nur "Hangover", womit der Amerikaner den guten alten Kater nach durchzechter Nacht meint. Und mit eben so einem Kater der wirklich allerschlimmsten Art wachen die drei Feierkumpane Phil (Bradley Cooper), Stu (Ed Helms) und Alan (Zack Galifianakis) nach einem in Las Vegas zelebrierten feucht-fröhlichen Junggesellenabschied für ihren Freund Doug (Justin Bartha) auf. Den dreien geht es nicht so richtig gut, aber immer noch deutlich besser als ihrer Hotelsuite, die quasi in Schutt und Asche liegt. Und ein paar neue Bewohner gibt es auch: Ein ihnen unbekanntes Huhn, ein ihnen unbekanntes Baby - und ein ihnen unbekannter Tiger. Dafür fehlt aber auch einiges, etwa ein Schneidezahn, ausgerechnet bei Zahnarzt Stu. Und, noch viel wichtiger: der angehende Bräutigam ist verschwunden. Leider können sich die Jungs absolut nicht mehr erinnern, wie sie in diese Lage gekommen sind. Was ist in dieser wilden Nacht in Vegas bloß passiert?
Mit der Rekonstruktion dieser wilden Nacht beschäftigt sich "Hangover" - und das auf ausgesprochen witzige Art. Das durfte man bei einem Film von Todd Philips ("Road Trip", Starsky & Hutch", "Old School") trotz der üblichen Brachialkomik durchaus erwarten - den Riesenerfolg in den USA dagegen weniger. Dort hat sich "Hangover" zu der Sensation dieses Kinofrühjahrs entwickelt, der dieser Tage die 200 Millionen-Grenze erreicht - angesichts der Tatsache, dass der Film ohne Stars oder einen Markennamen auskommt sicherlich ein unverhoffter Überraschungscoup. Halbwegs unverhofft erweist sich der Film selbst auch als absolut brauchbar und fast durchgehend witzig - angesichts des manchmal doch arg schwankenden Geschmacks des amerikanischen Publikums ("Epic Movie" und Konsorten) ist das ja nicht immer gegeben.
Klar, nicht jeder Gag sitzt hier - wie immer wird humoristisch nicht mit dem Präzisionsgewehr, sondern der Schrotflinte gearbeitet. Was aber auch heißt, dass wenn ein Gag mal nicht sitzt, der nächste gleich um die Ecke kommt und es besser macht. Und es sich in diesem Fall im Großteil auch um wirkliche Gags handelt. Das reicht dabei von den für R-Rated Comedies üblichen Eskapaden mit halbnacktem Herumlaufen (bei dem sich vor allem Zack Galifianakis hervortut) oder dem Schlagen in Weichteile über einfallsreichen Slapstick bis hin zu durchaus gelungenem Wortwitz und absurden Charaktermomenten.
Apropos Charaktere: "Hangover" kann nur deswegen so gut funktionieren, weil die Figuren hier zwar nicht wirklich dreidimensional sind, zumindest aber dem reinen tumben Klischee entkommen. Weswegen etwa Bradley Cooper als An- und Wortführer Phil nicht zu sehr als arrogantes Arschloch herüberkommt, wofür es ja durchaus Potenzial gegeben hätte. Ed Helms als Weichei Stu macht seine Sache auch gut, aber der Film gehört natürlich Zack Galifianakis, der sich als reichlich merkwürdiger Vogel bis knapp hin zur Psychose nachhaltig ins Gedächtnis spielt.
"Hangover" nutzt seine Prämisse der Rekonstruktion einer erinnerungsfreien Nacht anhand einiger sehr dürftiger Indizien für eine sehr nett arrangierte, von diversen Absurditäten unterbrochene Schnitzeljagd (über deren Einzelheiten hier natürlich nichts verraten werden soll, das wäre ja Spielverderberei), die mit dem Abspann kongenial aufgelöst wird. Dort werden dann die letzten verbliebenen Lücken der wilden Nacht noch gefüllt und das Ganze wird zu einer richtig runden Sache.
Klar, in die Annalen der Filmunterhaltung wird "Hangover" nicht eingehen, aber zumindest Semi-Kultstatus wie "Ey Mann, wo ist mein Auto?!" oder "Harold und Kumar" dürfte dem Film beim einschlägigen, vor allem männlichen Ziel-Publikum sicher sein, und das wie gesagt völlig zurecht. Natürlich hilft es zum Genuss, wenn man sein Gehirn, zumindest aber seine Entrüstung über eventuell politisch nicht Korrektes vor der Tür lässt, denn "Hangover" greift manchmal schon in die Tüte von derben Stereotypen, deren Humorgehalt auch nicht immer ganz klar ist. Hier fällt etwa der tuntige Chinese negativ auf.
Aber ansonsten ist das Ganze wie gesagt durchgehend unterhaltsam und eine der wenigen Komödien der letzten Zeit, die halten, was sie versprechen. Darauf ein Glas oder drei, aber dann muss auch gut sein. Damit Sie morgen nicht mit einem Huhn, einem Baby und einem Tiger im Zimmer aufwachen.
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