Ja, Bille August gehört zu den drei Regisseuren, die es geschafft haben zweimal die goldene Palme von Cannes zu gewinnen (Einmal 1988 für "Pelle der Eroberer" und das zweite Mal 1992 für "Die besten Absichten"). Nein, auch das bedeutet nicht, dass August nur ambitionierte Kinojuwelen ins Kino bringt. Leider. Auch der 59-jährige Däne produziert ab und zu Hollywood-artige Dutzendware, die ein möglichst breites Publikum ansprechen soll. Eigentlich ist das nicht ungewöhnlich und auch nicht weiter verwerflich. Problematisch wird das ganze aber, wenn ein Film versucht seine harmlose Geschichte durch historische Fakten aufzuwerten. Dies ist der Fall in "Goodbye Bafana".
James Gregory (Joseph Fiennes) ist Gefängniswärter im Südafrika der 1960er Jahre. Die weiße politische Führung hat große Schwierigkeiten mit den Ausschreitungen der Anti-Apartheidsbewegung. Gruppen wie der ANC und der Pan-African Congress werden verboten. Und auch der charismatische Bürgerrechtler Nelson Mandela (Dennis Haysbert) wird eingesperrt. Das Schicksal will es, dass Gregory aus Gründen, die dem Zuschauer nicht weiter erklärt werden, der einzige Wärter zu sein scheint, der die Landessprache Xhosa spricht. Und so kommt James samt Ehefrau Gloria Gregory (Diane Kruger) und Söhnchen Brett (Shiloh Henderson) auf die berühmte Gefängnisinsel Robben Island. Dort soll er ein ganz besonderes Auge auf Mandela werfen, der auch als Gefangener den Behörden noch Angst zu machen scheint. Nun kommen sich die beiden verschiedenen Männer immer näher, und der eine wird nicht nur das Leben des anderen verändern, sondern dazu auch noch die politischen Umstände eines ganzen Landes.
Die ganze Geschichte basiert auf den Memoiren von James Gregory.
Der Gefängniswärter starb 2003 an Krebs und konnte die
Premiere seines verfilmten Lebens nicht mehr miterleben. Joseph
Fiennes, der jüngere Bruder von Ralph Fiennes, spielt diesen
Menschen mit nur einem Gesichtsausdruck, der so unfassbar starr
und willenlos erscheint, dass man sich nach einiger Zeit fragt,
ob da nicht der Maskenbildner am Set mit dem Make-Up übertrieben
hat. Fiennes schleppt sich von einer Einstellung in die nächste,
erfährt hier und da, was die Motive der Apartheidsbewegung
sind, und wenn der Film uns nicht mit aller aufdringlichen Deutlichkeit
sagt: Ja dieser Mensch verändert sich jetzt - dann könnte
man meinen, das ganze Leben rauscht an ihm vorbei und prallt an
ihm ab wie an einer öden weißen Wand.
Von
Schauspielern, die wichtige politische Größen porträtieren,
ist man meist auch entsprechend großartige Leistungen gewöhnt,
als aktuelles Beispiel sei nur Forest Whitaker als Idi Amin in "Der
letzte König von Schottland" genannt. Aber der im
Kino noch weitestgehend unbekannte Dennis Haysbert (er spielt David
Palmer in der Erfolgsserie "24")
kann für Nelson Mandela kein würdiges und einprägsames
Kinoego erschaffen. Da spürt man keine Hingabe oder Leidenschaft.
In ähnlicher Weise bleiben auch die anderen Figuren blass und
distanzieren sich so vom Zuschauer.
Nun gut, eine misslungene Figurenzeichnung könnte immerhin
ein bisschen durch eine differenzierte Darstellung von Gregorys
geistiger Wendung aufgewogen werden, aber auch hier wird man herb
enttäuscht. Die Lösung, die der Drehbuch-Autor Bob Graham
hier findet, beschränkt sich auf ein Familienunglück.
Beide Männer sollen sich aus dem Trauma eines Vaters heraus
einander annähern. Der Versuch, dies als glaubwürdig zu
verkaufen, ist dank simpler Küchenpsychologie zum Scheitern
verurteilt. Getoppt wird das Ganze nur noch von der sagenhaft schlechten
Vorstellung von Diane Kruger. Sie spielt Gregorys rassistische,
treusorgend konservative Ehefrau mit großen Kulleräuglein.
Wenn sie am Ende doch noch zur großen Mandela-Freundin mutiert,
kann man nur noch resigniert den Kopf schütteln.
Dass
der Plot bei all diesen Missständen auch noch auf viel zu lange
140 Minuten gedehnt wird, macht die Sache alles andere als besser.
Wir begleiten Greg und Nelson von den 60ern bis einschließlich
zu Mandelas Entlassung am 11 Februar 1990. Dazwischen liefert der
Film eine simple und schlichte Chronologie der Ereignisse, ein kreuzbraves
und ödes erzählerisches Vorgehen, das kürzlich schon
Volker Schlöndorffs "Strajk"
zum Verhängnis wurde.
Das Gütesiegel "basierend auf wahren Begebenheiten"
wird immer öfter benutzt um eine ansonsten lasche Geschichte
zu vermarkten. Gespickt mit einigen namhaften Darstellern möchte
man möglichst viele Leute ins Kino bewegen, schließlich
können die nicht nur Fräulein Krugers Schönheit bewundern,
sondern bekommen auch den Geschichtsunterricht mit dazu. Doch auch
hier bekommt man, wie schon in den anderen Filmen des aktuellen
Afrika-Trends wie "Catch a fire"
oder auch "Blood Diamond",
leider zu viele Klischees serviert, die letztlich doch wieder auf
die typisch weiße, westliche Sicht auf diesen Kontinent rekurieren.
"Goodbye Bafana" (Bafana heißt übrigens "Freund")
macht all diese Fehler auch und schafft es, ein ernstes und wichtiges
Thema als netten gemütlichen Familienfilm zu verpacken. Man
muss wohl kaum erwähnen, dass dies den historischen Personen
nicht gerecht wird. Die zeitgeschichtlichen Ereignisse fungieren
hier nur als Schablone für eine ansonsten beängstigend
inhalts- und ideenlosen Geschichte.
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