Freunde

Jahr
2000
Laufzeit
103 min
Genre
Release Date
Bewertung
5
5/10
von Frank-Michael Helmke / 8. Januar 2011

Zwei ehemals beste Freunde, der eine Drogendealer, der andere Polizist, sind der selben Frau verfallen. Hat da gerade einer „Tequila Sunrise“ gemurmelt? Stimmt, die Grundidee von „Freunde“, dem ersten Projekt der neuen Verleihfirma „Zoomfilm“, erinnert auffallend an den Thriller von 1988, in dem Mel Gibson und Kurt Russell sich um Michelle Pfeiffer balgten. Im Gegensatz zum damaligen mehr auf Krimi und Action ausgerichteten Plot setzt Regisseur Martin Eigler in seiner deutschen Variante aber mehr auf das zwischenmenschliche Drama. Was seinen Film jedoch, ähnlich wie das vermeintliche Vorbild, nicht vor der Mittelmäßigkeit bewahrt.

Nils, Caro und Tayfun waren als Kinder die besten Freunde. Das sollte man in der Tat vorher wissen, denn das Autorenduo hat den Dialoganteil in seinem Buch so dermaßen zurückgeschraubt, daß aus dem eigentlichen Film heraus niemals klar wird, daß es sich bei dem 12jährigen Trio, das während den Opening Credits in verwaschenen Handkamera-Bildern umherturnt, um die Hauptcharaktere des Films handelt. Gut fünfzehn Jahre später hat Nils dem Kiez von Berlin den Rücken gekehrt und ist Polizist geworden, während Tayfun eine eigene Bar führt und krumme Dinger unterm Tresen dreht. Bei einer Razzia in diesem Etablissement versteckt Nils ein dort gefundenes Paket mit Kokain, um seinen alten Kumpel zu entlasten, was jedoch wenig später von den Kollegen bei ihm gefunden wird. Einziger Ausweg, wenn er nicht selbst in den Knast wandern will: Er soll sich das Vertrauen von Tayfun zurück erarbeiten und in seinem Dunstkreis Informationen beschaffen. So kehrt der Bulle in sein altes Viertel zurück, was schnell nur leidlich verheilte Wunden aufreißt. Denn Caro, die ihn damals für Tayfun verlassen hat, sorgt erneut für Spannungen emotionaler Natur.
Die zwischenmenschliche Dramatik, die sich im Anschluß entspinnt, wäre wohl nicht gar so anstrengend mitzuverfolgen, wenn Eigler nicht die Wortlosigkeit als Dogma über seinen Film gehängt hätte. Jeder tragende Charakter in „Freunde“ erweist sich als komplett unfähig, seine Gefühle und Gedanken vernünftig zu artikulieren, was einerseits natürlich ein Statement über die Figuren ist, andererseits aber ganz schnell ganz fürchterlich nervt, weil der Zuschauer sämtliche Motivationen und Beweggründe erraten muß. Selbst ausdrucksstarke Mimen wie Benno Fürmann (der für diesen Film, aus welchen Gründen auch immer, den Bayrischen Filmpreis bekam) und Christiane Paul vermögen nicht alles mit entrückten Blicken ins naßkalte Berlin auszudrücken, da kann man ihnen mit noch so extremen Großaufnahmen zu Leibe rücken. Der Zuschauer fährt mehr als einmal entvervt aus dem Kinosessel hoch und möchte am liebsten „Macht endlich mal die Klappe auf!“ zur Leinwand hoch brüllen. Besonders bei einem ohnehin deplaziert wirkenden Subplot um einen jugendlichen Kleingangster mit aufkeimendem Liebesfrust wirken die spärlich gesetzten Dialogzeilen dann nur noch ungewollt komisch.
Das ist umso bedauerlicher, da alle wichtigen Charaktere anscheinend über eine Menge Substanz verfügen, die nie zum tragen kommt. Da bleibt auch der Kern von Nils‘ leicht selbstzerstörerischer Beziehung zu einer mindestens zwanzig Jahre älteren Frau im Dunkeln, so daß nur noch die Frage „Was will der denn von der komischen Alten?“ im Raum hängt. Einzig Michael Gwisdek als eiskalt pragmatischer Kommissar kann in seiner Rolle voll aufgehen und den „Mir egal“-Sarkasmus aufreizend unbeteiligt zum Besten geben.
Die etwas sprunghafte Handlung läßt bald jegliches Gefühl von Anschluß vermissen, so daß bei Beginn des Abspanns noch einige Fragezeichen in der Luft hängen, deren Antworten dann aber auch nicht mehr wirklich interessieren. Wen kümmert schon die Motivation von Leuten, die diese sowieso nicht in Worte fassen können.

Es bleibt ein weiterer Film, der irgendwo zwischen zwei Stühlen sitzt und daher irgendwann auf dem Hosenboden landet. Es ist wohl einfach keine gute Idee, seinen Film „Freunde“ zu nennen, und eben diese essentielle Verbindung zwischen den Hauptcharakteren als einen gegebenen Fakt anzusehen, dessen Hintergründe nicht näher durchleuchtet werden müssen. Erst recht nicht, wenn das eigentlich das Zentrum der ganzen Geschichte ist.


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