Bereits 1986 hatte Deutschlands Super-Produzent Bernd Eichinger die Filmrechte an der Comic-Reihe um die "Fantastischen Vier" erworben, doch erst fast zwei Jahrzehnte später entwickelten sich Comic-Verfilmungen zum erfolgsträchtigen Big-Budget-Genre, und im Fahrtwind von "Spider-Man", "X-Men", dem neuen "Batman" und so weiter versuchte 2005 auch Eichinger mit kräftiger Rückendeckung durch ein Hollywood-Studio, "seine" Comic-Franchise als internationalen Kino-Hit zu etablieren.
Schon dieses erste Kino-Abenteuer der vier Superhelden - der dehnbare "Mr. Fantastic" Reed Richards (Ioan Gruffudd); seine Kraftfelder beherrschende, bei Bedarf unsichtbar werdende Freundin Sue Storm (Jessica Alba); deren Bruder Chris, die menschliche Fackel (Chris Evans); und Reeds zum steinharten und -starken "Ding" mutierter Freund Ben Grimm (Michael Chiklis) - stellte sich allerdings klar gegen den Trend der supererfolgreichen Comic-Filme des neuen Jahrtausends, die sich ihren Figuren mit dramatischer Ernsthaftigkeit widmeten und die charakterlichen Untiefen im oberflächlich knallbunten Comic-Genre ausleuchteten. Nicht so bei den "Fantastic Four": Hier wurde auf kurzweilige Unterhaltung gesetzt, zwischen der Action gab es soviel Komödie, wie ging, so dass das Beziehungsgeflecht zwischen den vier Helden (vor allem die sich ständig streitenden Chris und Ben) seicht und Gag-tauglich blieb.
Das Ergebnis war arg mittelprächtig, und die Fortsetzung zeigt nun überdeutlich, wo eine Franchise hinführt, die man bereits an ihrem Ursprung in flachstes Fahrwasser manövriert: Sie versandet schon beim zweiten Anlauf in schlimmsten Plattitüden und kompletter Ideenlosigkeit.
"Fantastic Four - Rise of the Silver Surfer" erweist sich als ein lehrbuchartiges Beispiel für ein einfallsloses Drehbuch, das weder mit seinen Figuren, noch mit seiner Geschichte so richtig etwas anzufangen weiß. Das geht schon bei der Ausgangssituation los: Reed Richards und Sue Storm wollen sich endlich in einer großen Zeremonie das Ja-Wort geben. Gestört werden die Hochzeits-Vorbereitungen nicht nur durch die Meute der Klatschpresse (die "Fantastic Four" sind weltberühmte Superhelden, die Hochzeit eine entsprechend große Story), sondern auch durch merkwürdige Vorkommnisse auf der ganzen Welt, die offenbar von einer kosmischen Kraft ausgelöst werden. Es kommt, wie es kommen muss: Super-Wissenschaftler Reed lässt sich gegen den Willen seiner Zukünftigen vom US-Militär einspannen, den Ereignissen auf den Grund zu gehen. Und just, als es Zeit für das Ja-Wort wird, beginnt sich das Mysterium als globale Bedrohung zu entpuppen.
Diese besteht aus der Ankunft des titelgebenden Silver Surfer, eine Figur aus der Comic-Reihe, die dank ihrer Popularität später eine eigene Serie auf den Leib geschrieben bekam. Was genau der Silver Surfer auf der Erde will und warum seine Ankunft eine Gefahr für den gesamten Planeten bedeutet, diese Erklärungen zögert der Film allerdings bis in sein Schlussdrittel hinaus - wer so wenig Erzählstoff zustande bringt wie diese Fortsetzung, muss mit seinem Material eben sehr haushalten.
Darum dauert es auch über eine halbe Stunde, bis man den Silver Surfer überhaupt das erste Mal richtig zu Gesicht bekommt. Bis dahin langweilt man sich durch das platte Alibi einer Charakter-Handlung zwischen den vier Helden, die banaler nicht sein könnte. Reed und Sue lieben sich über alles, und ihr Übermaß an Vertrauen und Verständnis füreinander ruft schon bald erste Würge-Reize hervor angesichts eines so durch und durch perfekten Paares. Deren einzige Sorge ist es dann auch, wie sie bei ihrem gefährlichen Superhelden-Job jemals eine Familie gründen können sollen. Diese Gedanken hört "Fackel" Chris zufällig mit, der petzt das gleich dem "Ding" Ben, und schon denkt die eine Hälfte des Teams, die andere wolle sie demnächst sitzen lassen.
Das ist Konflikt-Dramaturgie auf Daily-Soap-Niveau, fühlt sich genauso spannend an und hat leider auch zur Konsequenz, dass sich die Schauspieler der erzählerischen "Klasse" des Films angleichen: Mit papierdünnen Figuren komplett allein gelassen, chargieren Gruffudd, Alba und Co. auf unterem Fernseh-Niveau und unterstreichen mit ihrer hölzernen Hilflosigkeit nur den Eindruck eines durch und durch drittklassigen Skripts.
Da wundert es dann auch nicht, dass die "Fantastic Four" mit einer im Vergleich zu anderen Comic-Großproduktionen bescheidenen Laufzeit von 90 Minuten auskommen - selbst so fühlt sich die Story schon mühsam gestreckt an, und die erste Stunde scheint nur aus dümmlichen Pärchen-Dilemmata und Techno-Bastel-Gefasel von Reed Richards zu bestehen, der diverse Geräte zusammenschustert, die irgendwas Tolles können, ohne das man so recht versteht, was eigentlich. Aber es bringt die Story voran. Zumindest in kleinen Schritten.
Auch nicht so richtig verstehen kann man die Wiederauferstehung von Bösewicht Victor von Doom (Julian McMahon) aus dem ersten Teil. Der wird zwar nach seinem erneuten Auftreten hier mehrere Male gefragt, wie seine Rückkehr nach dem vermeintlichen Ableben bitte schön von Statten ging, als Antwort gibt's jedoch immer nur ein schiefes Grinsen. Mehr ist den Autoren dazu anscheinend wirklich nicht eingefallen. Sich um eine - so oder so hanebüchene - Erklärung herumdrücken, indem man offensiv bespielt, dass man keine geben wird, ist allerdings auch keine elegante Lösung.
Mit einer so flachen Geschichte hängt der Film vollkommen von seinen Komödien- und Action-Elementen ab, doch auch die sind bestenfalls Mittelmaß, im Falle der sehr schnell ermüdenden Sprücheklopf-Duelle zwischen "Fackel" Chris und "Ding" Ben wiederum deutlich darunter. Mit seinen krampfhaften Bemühungen, aus jeder sich bietenden Gelegenheit ein bisschen Komik zu ziehen, biedert sich "Rise of the Silver Surfer" viel zu angestrengt und unüberzeugend als seichte Unterhaltung an, steht sich damit dann aber selbst im Weg, als im Showdown die große "Ende der Welt"-Bedrohung mit überbordender Dramatik hochgefahren wird.
Die Actionszenen sind zu wenige und zu unbeeindruckend, um als Gegengewicht noch ordentlich fesseln zu können, zudem hat man sich hier - trotz spinnerter Comic-Story - noch ein paar böse Logik-Klopper geleistet. Als der Silver Surfer an einer Stelle zum Beispiel einen riesigen Krater in der Londoner Themse hinterlässt, stürzt sich der Fluss in diese Untiefen - was in einer Großaufnahme eines komplett ausgetrockneten Flussbetts resultiert, als sei die Themse ein See, und kein Fluss. Müsste da nicht aus einer Richtung immer noch Wasser kommen?
Wie wenig die "Fantastic Four"-Franchise mit ihren nominellen Helden anzufangen weiß, wird spätestens im Finale überdeutlich. Dann erweist sich der eigentlich nur am Rande auftauchende Silver Surfer, eine Figur wortwörtlich ohne richtiges Gesicht und mit kaum mehr als zehn Dialogsätzen, nämlich endgültig als interessantester, wichtigster und vor allem heldenhaftester Charakter der ganzen Geschichte, neben dem die Fantastischen Vier zu bloßem Beiwerk verkommen.
"Fantastic Four - Rise of the Silver Surfer" ist ein Paradebeispiel dafür, was passiert, wenn ein Film mit nichts mehr als Profitabsichten produziert wird, wenn es nur darum geht, eine etablierte Franchise auszuschlachten und sich niemand darum schert, ob die Sache auch nur einen Hauch von Substanz oder Sinn hat. Das resultiert dann auch darin, dass der legendäre Comic-Schöpfer Stan Lee seinen üblichen Gastauftritt bei der Verfilmung seiner Stoffe diesmal als Stan Lee selbst hat, der vergeblich versucht, als prominenter Gast auf die Hochzeit von Reed und Sue zu kommen. Was als Gag gemeint ist, zerschießt mit einem Streich das fiktionale Universum dieses Films - schließlich tritt hier, bildlich gesprochen, quasi Gott in seiner eigenen Welt auf. Und darf nicht mal mitfeiern.
Zum Schluss gibt es dann noch einen "Gag", der bei so ziemlich allen Frauen im Kinopublikum laute Empörung hervorrufen dürfte. Wer als Mann seine Begleitung in diesen Streifen geschleppt hat, sollte danach dann wenigstens den Anstand haben, sich zu entschuldigen. Nicht nur für den schlechten Schlussgag, sondern vor allem dafür, dass die Begleiterin sich die schlechteste Story und den ideenlosen Tiefpunkt im Comic-Genre des neuen Jahrtausends antun musste.
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