Exit through the Gift Shop

Originaltitel
Exit through the Gift Shop
Jahr
2010
Laufzeit
87 min
Regie
Release Date
Bewertung
6
6/10
von Matthias Kastl / 14. November 2010

Es gibt manchmal Filme, die hinterlassen den Zuschauer mit einem merkwürdigen Gefühl der Unschlüssigkeit, angesichts dessen was da gerade auf der Leinwand passiert ist. War das nun ein guter Film oder nicht? Die Street-Art-Dokumentation "Exit through the Gift Shop" des berüchtigten britischen Graffiti-Künstlers Banksy ist so ein zweischneidiges Schwert. Auf der einen Seite erlaubt der Film einen faszinierenden Einblick in die Street-Art-Szene und die Arbeit einiger ihrer kreativsten Köpfe. Auf der anderen Seite ist es aber nicht leicht das gesehene in vollen Zügen zu genießen, da man andauernd damit beschäftigt ist abzuwägen, ob man denn hier nun gerade von Regisseur Banksy verschaukelt wird oder nicht.

Schon seit Jahren sorgt Banksy mit seinen Aktionen nun ja schon für allerlei Aufsehen und jede Menge fragende Blicke. Großstädte werden von ihm mit ebenso einfallsreichen wie mysteriösen Graffiti durchzogen, eigene Werke heimlich in berühmte Museen gehängt oder mal eben hunderte von gefälschten Paris Hilton-Alben in britischen Musikläden verteilt. In nur wenigen Jahren ist der britische Street Artist so zu weltweitem Ruhm gekommen und beglückt die Öffentlichkeit nun mit seinem ersten Film. Dass dieser nicht ganz normal werden dürfte war abzusehen und so erzählt uns der Meister in der ersten Szene auch gleich davon, dass diese Dokumentation ganz anders gelaufen ist als man sich das eigentlich vorgestellt hatte.
Denn nicht er selbst, sondern der eigenwillige Franzose Thierry Guetta ist letztendlich als Hauptfigur für diesen Film von Banksy auserwählt worden. Warum? Nun, der selbsternannte Dokumentarfilmer Guetta hat über Jahre hinweg Street Artists auf der ganzen Welt mit seiner Videokamera begleitet und dabei faszinierendes Material angesammelt. Doch nicht nur das hat ihm die Aufmerksamkeit von Banksy eingebracht. Eines Tages beschloss Guetta doch tatsächlich, dass das mit diesen Graffitis ja so schwer nicht sein kann und startete seine eigene Karriere - mit ganz erstaunlichem Ergebnis. Eine viel faszinierende Geschichte als meine eigene, dachte sich Banksy wohl, und so präsentiert er uns hier anstatt seiner Geschichte die eines sehr seltsam anmutenden und leicht chaotisch veranlagten Franzosen.

Ja, dieser Thierry Guetta ist ein wirklich interessanter Mensch. Aber mehr dazu später. Erst einmal bleibt festzuhalten, dass dessen Aufnahmen von der Arbeit der Graffiti-Künstler, welche im Wesentlichen die komplette erste Hälfte des Filmes ausmachen, wirklich faszinierend sind. Immer am Rande der Legalität schwärmen diese meist spätnachts durch die Städte, um alten Häuserfassaden einen ganz neuen Look und Charme zu verpassen. Die Ergebnisse sind dabei oft so humorvoll, einfallsreich und clever, dass man richtiggehend deprimiert an das meist armselige Gekritzel denken muss, das uns an deutschen Bahnhofsunterführungen so erwartet. Interessant ist vor allem, auf welch faszinierende Weise die Künstler stellenweise die Eigenheiten der jeweiligen Gebäude in ihre Werke integrieren. Ohne Zweifel, den Begriff Straßenkünstler haben diese Leute sich redlich verdient.
Mindestens ebenso faszinierend ist aber Thierry Guetta, der all das auf seiner kleinen Videokamera festhält und kommentiert. Guetta, der wie eine Kopie des verstorbenen "Blues Brothers"-Darstellers John Belushi wirkt (französischer Akzent mal ausgenommen), ist wirklich ein Kunstwerk an sich. Der oft etwas verplant und emotional instabil wirkende Franzose hat ohne Zweifel eine unglaubliche Präsenz, auch wenn man vielleicht nicht unbedingt mit dessen Familie tauschen möchte. Es erscheint nur logisch, dass er im weiteren Verlauf des Films immer weiter in den Vordergrund rückt, insbesondere als Thierrys eigene, geradezu wahnwitzige Karrierepläne Fahrt aufnehmen.
So ein Glück, dass Banksy dieses exotische französische Juwel zufällig entdeckt hat. Wie passend auch, dass Guetta schon seit Jahren jeden Moment seines eigenen Lebens auf Video festhält und, ohne scheinbar sonst einem Job nachzugehen, quer durch die Welt jettet um die Arbeit der Street Artists zu dokumentieren. Und ist es nicht wunderbar, wie Guettas Geschichte am Ende auch noch das perfekte Beispiel für die von Banksy oft kritisierte Kommerzialisierung und Banalisierung der Kunstszene abgibt?

Ja, hier sind schon eine Menge Zufälle am Werk. Genauer gesagt deutlich zu viele. Hier stimmt etwas nicht, diesem Gefühl kann man sich schon nach kurzer Zeit nicht mehr entziehen. Zugegeben, dass man bis zum Schluss immer noch am rätseln ist, ob es hier mit rechten Dingen zugeht oder nicht, spricht für die Inszenierung der Macher. Es wirkt einfach alles so authentisch, selbst dann wenn ein sichtbar überdrehter Thierry sich in den genialen Künstler "Mr. Brainwash" verwandelt. Betrachtet man die Sache aber nüchtern, dann ist es mit der Authentizität vieler Szenen nicht wirklich weit her. Genau das kreiert aber auch ein Problem. Denn nicht zu wissen, was nun fiktiv oder real ist, raubt dem Film schon deutlich an Kraft. Viele Momente und Aktionen in dem Film wären nur halb so interessant, wenn sie wirklich reine Inszenierung wären - und das scheint ja dann letztendlich doch sehr oft der Fall zu sein.
Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn Banksy seine ironische Herangehensweise noch konsequenter durchgezogen hätte. Denn auch wenn die Ironie gegenüber den Mechanismen des Kunstmarktes und vor allem die Kritik seiner Kommerzialisierung deutlich zu spüren sind, gibt es dann doch immer noch einige zu ernsthafte und vor allem zu selbstbeweihräuchernde Szenen, die irgendwie befremdlich wirken. So ist immer wieder vom großen Banksy und seinen revolutionären Ideen die Rede, was angesichts der Tatsache, wer hier für den Film verantwortlich ist, dann doch einfach ne Schippe zu selbstverliebt daherkommt. Ein bisschen mehr Bescheidenheit in seinem eigenen Film hätte Banksy vielleicht besser zu Gesicht gestanden, denn nicht jede seiner Aktionen ist nun auch so beeindruckend wie sie im Film gemacht werden (Beispiel Disneyland).

Trotzdem kann man dem Film eine gewisse Genialität natürlich nicht absprechen, denn die Herangehensweise an das Thema ist nun wirklich erfrischend - auch wenn man als Zuschauer letztendlich doch ein wenig ratlos in der Luft hängt. Ob das nun ein angenehmes Gefühl ist oder nicht, muss letztendlich jeder für sich selbst entscheiden. So ist das nun mal mit der Kunst.

Bilder: Copyright

9
9/10

Zu so einer Rezension fällt mir echt nicht mehr viel ein. Sorry, aber eventuell wurde das gesamt Kunstwerk nicht richtig verstanden. Ich kann mir so eine Wertung bei Filmszene echt nicht erkären.

Permalink

9
9/10

Die Tatsache, dass zunächst völlig unklar ist, was und wieviel an dem Film "echte" Dokumentation oder inszeniert ist, macht es für mich eher interessanter. Im Netz wird auch intensiv und mit offenem Ausgang genau darüber debattiert, wobei die ganze Spannbreite - von "alles ist authentisch" bis "alles ist inszeniert" ihre Anhänger hat.

Zum Bespiel schreib Tobias Kniebe in der SZ vom letzten Samstag:
"Und wieder die große Frage: Ist hier, erstens, halb L.A. Opfer einer perfiden Inszenierung geworden? Oder werden wir, zweitens, Zeuge einer brillanten, jeden Kunsthype entlarvenden, geradezu satirischen Wendung des Schicksals, die niemand - nicht einmal Banksy selbst - so genial vorhersehen konnte? Um es ganz klar zu sagen: Dieser Kritiker hat jeden Frame des Films studiert und auch Material von Ereignissen, die erst danach kamen, etwa einer "Mr. Brainwash"-Show im Februar in New York. Er glaubt inzwischen an Möglichkeit zwei, und zwar ausschließlich."

Ich selbst bin nicht ganz so sicher, tendiere aber auch zu der zweiten Variante. Stichhaltige Indizien dagegen - und dazu zähle ich nicht "zuviele Zufälle" - habe ich bisher jedenfalls keine gefunden.

So oder so, genialer Film. Sehr unterhaltsam, witzig, spannend, und man kann aus genannen Gründen lange darüber nachdenken...

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9
9/10

Genialer Film, fragwürdige Rezension.

Zu den zahlreichen Fehlern:

- Thierry beginnt nicht mit Streetart "weil das ja nicht so schwer sein kann", sondern weil Banksy ihm den Auftrag erteilt hat.

- Die Aktion in Disneyland war immerhin so gelungen, daß das FBI sich damit beschäftigt hat. Geht's noch größer?

- Die Kritik, die der Film ausdrückt, wird nicht dadurch geschmälert, ob es sich um wahre Ereignisse handelt. Die Kunst ist so oder so kommerzialisiert, es wird hier nur eine Geschichte erzählt, die verdeutlicht, wie Zufall, Hype und Gier funktionieren. Genauso könnte man behaupten, Apocalypse Now sei kein legitimer Antikriegsfilm, weil die "wahren Begebenheiten" fehlen würden...

- Deutsche Bahnhofsunterführungen haben ganz ausnehmend gute Streetart zu bieten.

Etc.

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