Als Andy Muschietti vor zwei Jahren mit seiner Adaption des von vielen als besten Stephen King-Roman überhaupt bewerteten „Es“ herauskam, trug dieser Film nicht den Zusatz „Kapitel 1“ im Titel, obwohl er nur einen Teil der Geschichte erzählte, nämlich den Kampf der jugendlichen Freunde gegen das kinderfressende Monster. Die schon im Roman enthaltene Fortführung mit der Rückkehr der erwachsen gewordenen Protagonisten war zunächst nur eine Option, wurde nach dem überragenden kommerziellen Erfolg des Films aber schnell zur Gewissheit. Und für die Fortsetzung hat man die Laufzeit dann auch nochmal verlängert, so dass sich die im Horrorgenre doch ziemlich ungewohnte Länge von 169 Minuten ergibt. Ist die gerechtfertigt? Auch wenn wir es bei dieser Geschichte mit mehr als einer Handvoll relevanter Figuren zu tun haben, die nach ausführlicher Charakterisierung verlangen, kann diese Frage dennoch nicht mit einem klaren „Ja“ beantwortet werden. Denn die Gewichtung der einzelnen Handlungselemente ist leider recht unausgewogen, ufert an einigen Stellen unnötig aus, während man von anderen gern mehr gesehen hätte.
Sie hatten einen Eid geleistet, und als nach 27 Jahren in der Kleinstadt Derry erneut Kinder verschwinden und der Horror-Clown Pennywise wieder sein Unwesen treibt, erinnert Mike Hanlon (Isaiah Mustafa) seine Freunde von einst daran, nun zurückkehren und das begonnene Werk zuende führen zu müssen. Eine Nachricht, die von den in alle Winde verstreuten Mitgliedern des „Clubs der Verlierer“ mit unterschiedlichen Stufen des Entsetzens aufgenommen wird. Nicht nur, dass eigentlich keiner zurück will, auch die Erinnerung an die Geschehnisse von damals ist bei jenen, die Derry verlassen haben, mittlerweile verblasst. Doch sie kommt Stück für Stück zurück, als sich die Jugendfreunde schließlich im Ort einfinden um sich sowohl ihren ganz persönlichen Dämonen als auch vereint ihrem größten Feind zu stellen. Der hat seine „würdigen Gegner“ von damals sogar erwartet und quält sie nun erneut mit perfiden Spielchen und Schreckensaktionen.
Nach einem starken emotionalen Auftakt ist man gespannt, wie sich das Leben der Freunde im Laufe der Jahre entwickelt hat, doch dieser Part, der sowohl in der Buchvorlage, als auch in der ersten Verfilmung von 1990 größeren Raum einnahm, wird hier erstaunlich schnell und fast pflichtschuldig wirkend abgearbeitet, da das Drehbuch jedem der Sieben genau eine Szene zugesteht um deren jeweils aktuelle Lebenssituation zu etablieren. Vor allem die Motivation Beverlys (Jessica Chastain) sich stets nur mit dominanten und aggressiven Männern zusammenzutun, bleibt so ziemlich unklar. Dabei ist die nicht unwichtig, gerade weil die einzige Frau des Bundes sich im Verlauf noch zwischen zwei sehr unterschiedlichen Männern wird entscheiden müssen. Jessica Chastain verleiht ihrer Beverly dennoch viel Charisma, und überhaupt gehört das Casting zu den absoluten Stärken des Films. Ausnahmslos jeder wirkt hier tatsächlich wie ein älteres Ebenbild seiner Jugendversion, inklusive des Gegenspielers Henry Bowers. Aus einem hervorragenden Cast ragt dabei neben Chastain aber nicht etwa der prominente Name James McAvoy heraus, sondern etwas unerwartet Bill Hader. Denn der „Saturday Night Live“-Star und bisher eigentlich als reiner Komödiant bekannte Darsteller verkörpert den seine Unsicherheit stets hinter lässigen Sprüchen verbergenden Richie Tozier extrem überzeugend.
Auch aufgrund dieser starken Besetzung hätte man sich deshalb etwas mehr Szenen gewünscht, die die zwischenmenschliche Dynamik ausspielen, doch nach dem packenden, sich schnell zu einem Schrecken wendenden Wiedersehen in einem chinesischen Restaurant kommt da in Sachen „Gruppe“ nicht mehr allzu viel. Denn so wie im Vorgänger jeder einzeln seine erste Begegnung mit dem Clown zu absolvieren hatte, stellt sich nun auch jeder seinem persönlichen, zu überwindenden Trauma. Und das wirkt halt recht redundant, wenn es am Stück serviert und nicht wie in der Buchvorlage durch den Wechsel der Handlungsebenen verteilt wird. Einzelne starke Szenen bleiben dabei nicht aus, doch – und das ging ja vielen auch beim Vorgänger schon so – echter „Horror“ mag sich auch in diesem Kapitel nicht einstellen.
Denn die übertrieben grotesken Auftritte von Peter Skarsgard als Clown Pennywise zeigen zwar den Einfallsreichtum der Macher, was Verformung von Körpern angeht, kommen aber mit ihrer klar erkennbaren CGI-Herkunft oft auch etwas albern daher. Der subtile Grusel und Horror, den Stephen King in seinen Büchern so imponierend zu vermitteln weiß, lässt sich halt nur schwer ins Medium Film übertragen, dafür ist leider auch die neue Adaption von „Es“ wieder ein Beleg. Denn wenn er dort einfach nur schildert, wie sich auf einem Foto in einem Buch plötzlich jemand zu bewegen beginnt, erschreckt das deutlich mehr als diese aufgeblähte Visualisierung. Nicht ohne Grund hat man wohl für den Trailer eine lange, fast ungekürzte Sequenz ausgewählt, in der diese Erzeugung einer gruseligen Atmosphäre tatsächlich mal gelingt.
Aber diese „Immer noch ein bisschen mehr“-Philosophie der modernen Blockbuster ist eine Krankheit, der auch Regisseur Muschietti verfällt, hier noch etwas mehr als bereits im Vorgänger. Wenn dann im Finale der Antagonist immer wieder und noch einmal in neuer Gestalt auf die tapferen Freunde niederkommt und sich das über eine gefühlte (und auch tatsächlich fast erreichte) Stunde hinzieht, dann ist es einfach zu viel des Guten und eben auch des Bösen. So bleibt ein sehr gemischtes Fazit zurück, bei dem man die Darstellerleistungen und die handwerkliche Arbeit anerkennt, allzu oft jedoch die passende Atmosphäre und Subtilität vermisst.
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