Wer zum Henker sind Erkan und Stefan? Ich bin wahrscheinlich nicht der einzige, der sich das beim ersten Erblicken dieses Filmtitels gefragt hat. Mag davon kommen, daß ich und die meisten anderen Menschen in der falschen Gegend von Deutschland wohnen: Erkan und Stefan sind ein Komiker-Duo aus München, die dort durch eine Sendung auf Radio Energy berühmt geworden sind, und seither mit einem (anscheinend nicht ganz so mörderberühmten) Programm durch die Lande tingeln, sowie schon drei CD’s rausgebracht haben, die angeblich ganz irre erfolgreich waren. Komischerweise habe ich trotzdem noch nie von ihnen gehört. Mir persönlich wäre es auch lieber, wenn es dabei geblieben wäre.
Damit klar wird, auf was für einem sprachlichen Niveau wir
uns hier befinden, darf ich mal kurz die ersten Absätze der
Inhaltsangabe aus den Produktionsnotizen zitieren:
„Der Film heißt „Erkan & Stefan“. So wie
wir. Und wir stehen garantiert für brontale Action, scharfe
Bunnys und krass-schnelles Texte-Wort-Kong-Fu. Schon am Anfang springt
dir des auch gleich direkt in Optik rein. Da gibt’s halt in
Hamburg die fette Undercover-Übergabe von endswertvoller Audio-Cassette,
auf der die brontale Geheiminformation drauf is. Und die Geheiminformation
is halt so geheim, dass die krassen Typen von BND und CIA massiv
die Panik haben, dass sie rauskommt, quasi an die Öffentlichkeit.
Deswegen kommt’s hier gleich zu der krassen Batscherei zwischen
jeder gegen jeden. So von wegen mit fetten Explosionen und Knall
und so. Es geht halt fett ab.
Jedenfalls der Typ, der was die Cassette dann bekommt, arbeitet halt für so millionenschwere Checker-Zeitung und will die Geheiminformation veröffentlichen. Aber des haut net so ganz hin, weil seine mörderscharfe Tochter Nina – die was halt wirklich das endsscharfe Bunny is, isch schwör! – die Cassette aus Versehen einsteckt und damit nach München checkt.“ (zwecks besseren Verständnisses verlassen wir hier den vorgegebenen Text). Das haben BND und CIA, die übrigens interessanterweise die ganze Zeit getrennt und gegeneinander operieren, spitz gekriegt, und sorgen dafür, daß zwei ultra-hohle Penner von der Straße zum Flughafen geschickt werden, als Bodyguards für Nina, damit die Agenten sie leichter einsammeln können. Auftritt der Fahrrad-Proleten Erkan und Stefan, die in verruchten Kneipen einen Doppelten bestellen und zwei Dosen Red Bull meinen, sich für die härtesten Kriminellen und übelsten Stecher halten und natürlich nichts davon sind. Der Schwachsinn nimmt seinen Lauf. Zu erwähnen, daß keiner der Geheimdienste an das geheimnisvolle Tonband kommt, weil die beiden Deppen mit ihrer Tolpatschigkeit das Ding immer wieder verschwinden lassen, ist fast schon überflüssig.
So überflüssig wie dieser ganze Film, genau genommen. Der versagt nämlich schon auf der wichtigsten Ebene: Das unkomischste an „Erkan & Stefan“ sind Erkan und Stefan. Der zitierte Text hat sicher den Eindruck erweckt, daß sich die beiden wie eine müde Kopie von „Mundstuhl“ anhören. Nun, sie hören sich nicht nur so an. Auch wenn man jetzt ausdiskutieren könnte, wer von beiden eigentlich vorher da war, die Frage, wer komisch ist, und wer nicht, ist schnell beantwortet. Warum dieses ganze „konkret krasse“ Gelaber bei Mundstuhl so gut funktioniert, liegt daran, daß die ihre Charaktere komplett gut drauf haben und in gewisser Weise realistisch wirken. Warum das bei Erkan und Stefan nicht funktioniert, liegt daran, daß sie zwei waschechte Münchner mit bayrischem Akzent sind (meine Fresse, der eine heißt Erkan MARIA MOOSLEITNER!!!), und man das auch jede Sekunde merkt. Sie hören sich nicht so an, als würden sie tatsächlich so quatschen, sondern, als würden sie sich diesen Slang aufsetzen, weil sie es cool finden (bzw. „krass“, um im Jargon zu bleiben). So bricht in jedem Satz der urbayrische Tonfall raus und das ganze wirkt so unnatürlich, daß es als Komik nicht einen Moment lang funktioniert. Es muß in München ein paar Leute geben, die das saukomisch finden, sonst wäre dieser Film nie gemacht worden. Vielleicht können diese Leute dem Rest des Landes mal erklären, wo der Witz liegen soll.
Abgesehen von den beiden Totalversagern in den Hauptrollen ist der Film sogar ziemlich gut. Die Story ist völlig hirnverbrannt, und die ständigen Einlagen von BND und CIA scheinen aus einem schlechten Spionage-Film geklaut, aber das hat alles Sinn und Zweck. Regisseur Michael Herbig (besser bekannt als „Bully“ aus der „Bullyparade“) inszeniert eine manchmal unpassende, aber durchaus interessante Mischung aus billiger Slapstick-Komödie und überdrehter Agentenfilm-Parodie. In manchen Sequenzen tobt er sich richtig aus, mit Bildteilungen wie in schlechten 70‘s-Serien, kleinen Anspielungen auf „True lies“ oder einer gnadenlos auf cool getrimmten Eröffnungsszene. Das sieht wirklich gut aus, will sich aber so gar nicht dem Rest des Films anpassen, und daher stößt es schon ein bißchen merkwürdig auf, wenn in so einer harmlosen Schmalspur-Komödie ein gutes Dutzend Menschen erschossen wird. Trotzalledem beweist Herbig ein nicht zu leugnendes Talent, und so hat man des öfteren das Gefühl, daß eine Kinofassung der „Bullyparade“ das lohnendere Projekt gewesen wäre.
Es ist fast schon peinlich, das zuzugeben, aber Alexandra Neldel entwickelt sich zu einem echten Lichtblick. Schon im grandiosen „Bang Boom Bang“ war sie der heimliche Star, und in diesem Film gehört die Leinwand nur ihr allein. Gut, es ist kein großes Kunststück, die beiden blödquatschenden Idioten an die Wand zu spielen, aber Alexandra Neldel entwickelt einige charismatische Qualitäten, die über ihren Körperbau hinausgehen. Es gibt eine richtig schöne Szene in „Erkan & Stefan“, in der sie als Nina glücklich lächelnd zu weinen beginnt, und da entfleucht auch dem vom Dummlaber entnervten Kritiker ein gerührter Seufzer.
Aber auch Alexandra Neldel kann nicht darüber hinweg täuschen, daß dieser Film einfach vollkommen unkomischer Blödsinn ist. Ich stelle mal das Postulat in den Raum, daß kein Komiker einen Kinofilm machen sollte, der es nicht mal in den „Quatsch Comedy Club“ geschafft hat, und auch die dort vertretenen Damen und Herren sollten besser im Fernsehen bleiben. Was „Erkan & Stefan“ betrifft, so sind dies zwei so unglaublich untalentierte Burschen, daß ich beinahe glaube, Menschen in meinem Bekanntenkreis zu haben, die das witziger rüberbringen würden. Diese in Großteilen von Deutschland eher unbekannten Sprücheklopfer ohne Umwege auf die große Leinwand zu schicken, zeugt nicht von großem Mut, sondern von großer Dummheit. Alles in allem ist dieses Duo so uninteressant, flach und überflüssig, daß es nur eins verdient hat: Totale Nichtbeachtung. Das nächste Mal macht ihr besser einen Film mit "Mundstuhl“, die haben die Nummer wenigstens drauf. Aber diese beiden: Konkret krass ungeil, isch schwöre.
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