Man muss sich einfach in sie verlieben. Wenn Audrey Hepburn als für einen Tag aus ihren fesselnden Konventionen geflohene Prinzessin mit staunenden Augen die pure Freude des Lebens in der ewigen Stadt Rom genießt, dann muss man sich in sie verlieben. Es geht nicht anders. Audrey Hepburn ist zurecht eine der größten weiblichen Leinwand-Legenden, die das Kino je erleben durfte, auf einer Stufe mit Marilyn Monroe und Greta Garbo. Denn ebenso wie diese beiden verkörpert Hepburn die Verinnerlichung eines weiblichen Idealtypus: Wo die Monroe die ultimative Inkarnation der verführerischen blonden Sexbombe war und Garbo die kühle Unnahbare, war Hepburn stets die unschuldige Kindsfrau - auf ewig eine engelsgleiche, bezaubernde Schönheit. Und "Ein Herz und eine Krone" war nicht nur ihre erste große Rolle, sondern diesbezüglich auch ihre wichtigste.
Doch die besondere Größe des Films beruht nicht nur auf der Magie seiner Hauptdarstellerin. "Roman Holiday" - um von nun an beim wesentlich schöneren Originaltitel zu bleiben - ist die Großmutter aller modernen romantischen Komödien, was vor allem daran liegt, dass er in kongenialer Weise einen der Urmythen dieses Genres umdrehte - und so einen neuen Urmythos kreierte. Hier ist es nicht das einfache Mädchen, das sich überraschend als edle Prinzessin erweist, sondern die edle Prinzessin, die sich nach dem Leben als einfaches Mädchen sehnt. Hepburn spielt die Prinzessin Ann eines nicht näher bezeichneten Landes, die vor lauter formellen und diplomatischen Pflichten kreuzunglücklich ist und sich so während eines Staatsbesuches in Rom kurzerhand eines Nachts aus dem Staub macht. Unter dem ungünstigen Einfluss eines Beruhigungsmittels stehend, wird sie des Nachts ausgerechnet von dem amerikanischen Journalisten Joe Bradley eingesammelt (Gregory Peck, dessen damals schon großer Name eigentlich den Film fürs breite Publikum interessant machen sollte, der aber postwendend von der Newcomerin Hepburn in den Schatten gestellt wurde). Als dem klar wird, wen er da eingesammelt hat, wittert er die große Story: Den großen Ahnungslosen spielend, begibt er sich mit der Prinzessin auf einen ereignisreichen Tagesausflug quer durch die ewige Stadt, bei dem schließlich - trotz aller Professionalität - gewisse romantische Gefühle nicht ausbleiben.
Die Geschichte ist simpel, aber das ist bei romantischen Komödien schon immer so gewesen. Was zählt, ist der geschickt konstruierte Aufhänger, die Chemie zwischen den Darstellern und die reine Magie der Story selbst. Und bei "Roman Holiday" stimmt einfach alles in Perfektion. Erdacht von Dalton Trumbo - einem der begabtesten Skript-Autoren der 50er Jahre, der später Opfer der propagandistischen Kommunistenhatz der McCarthy-Ära wurde und über Jahre keine Arbeit fand - erweist sich "Roman Holiday" als wundervoll leichtfüßige, fast schon selig schwebende Komödie, die in unnachahmlicher Weise die Begeisterung ihrer Hauptfigur für die einfachen Freuden des Lebens einzufangen versteht. Nicht unerheblich ist dabei natürlich der Beitrag des heimlichen dritten Hauptdarstellers, der Stadt Rom selbst: komplett an den Originalschauplätzen gedreht (auch so eine Sache, die heute keine Hollywood-Produktion mehr machen würde), feiert der Film völlig schamlos sämtliche Touristik-Highlights der italienischen Metropole ab und extrahiert so erfolgreich den gesamten verfügbaren romantischen Touch - eine einfache Masche, aber sie funktioniert perfekt. Selten hat sich ein Hollywood-Film in Atmosphäre und Stimmung derart europäisch angefühlt. Als Einstimmung für oder nostalgischer Rückblick auf eine Rom-Reise ist dieser Film optimal - schon allein, weil er die Stadt in genau der romantischen Verklärung einfängt, in der wir sie ohnehin alle sehen wollen. Eine Stadt, in der magische Liebe noch möglich ist.
Magische Liebe, am besten zu einer magischen Gestalt wie Audrey Hepburn. Das besondere Geheimnis ihres Charmes konnte nie jemand ergründen, wohl deshalb bleibt er bis heute so zauberhaft. Einer derart zierlichen, zerbrechlichen und stets naiv erscheinenden Person traute man gar keine sonderlichen schauspielerischen Fähigkeiten zu - nichtsdestotrotz erwies sich Hepburn als enorm wandlungsfähig und tauchte so überzeugend in ihre Charaktere ein, dass ihr bereits diese erste große Hauptrolle in "Roman Holiday" den Oscar als beste Hauptdarstellerin einbrachte.
Eine romantische Komödie in perfekter Formvollendung, das zeigte Wirkung, damals ebenso wie heute: Hepburns und Pecks Spritztour auf einer weißen Vespa im Film sorgte für eine wahre Manie um die eleganten Motorroller und machte sie erstmals weltweit bekannt. Eine nachhaltige Wirkung, die sich selbst im Video der HipHop-Band Fettes Brot zu ihrem Song "Lieblingslied" wiederfand: das dortige Vespa-Cruisen in Schwarzweiß ist ein einziges Zitat auf "Roman Holiday". Der Einfluss des Films aufs RomCom-Genre an sich kann indes kaum überschätzt werden. Abzusehen ist dies allein an "Notting Hill", einer der erfolgreichsten und besten RomComs der letzten zehn Jahre: Der Plot um Film-Superstar Julia Roberts, die sich nach den einfachen Freuden des Lebens zurück sehnt, ist eine kaum verhüllte Variation von "Roman Holiday", und kulminiert nicht rein zufällig genau wie das historische Vorbild in einer Pressekonferenz. Der feine Unterschied: "Roman Holiday" fügt seiner zuckersüßen Geschichte hier schließlich einen traurig-realistischen Touch hinzu, der den vorherigen Erlebnissen der Prinzessin eine umso größere Relevanz gibt. Und wenn Audrey Hepburn als Prinzessin auf die Frage, wo es ihr auf ihrer Europareise am besten gefallen hat, nach kurzem Zögern nicht die formell richtige, sondern die grundehrliche Antwort gibt; dann ist gegen das unsterbliche Leuchten in ihren Augen selbst das zauberhaft strahlende Lächeln einer Julia Roberts nicht mehr als eine kleine Sternschnuppe.
P.S.: Ein kurzes Wort zur DVD-Fassung des Films: Die Disc ist ein weiteres Beispiel für absolut brillante Restaurationsarbeit, die den Film besser aussehen lässt, als er es vielleicht je getan hat. An solchen Veröffentlichungen merkt man, dass DVD als Medium inzwischen wirklich ernst genommen wird: In den Anfangszeiten wurden Klassiker noch ohne größere Bearbeitung oder Extras auf den Markt geworfen. Das Ergebnis waren DVDs, die sich ihrer eigenen Existenz schämen sollten. Die Klassiker, die nun kommen, erhalten eine aufwendige Restaurierung, weil man erkannt hat, dass sich DVD perfekt als langfristiges Speichermedium für ansonsten mehr und mehr verfallende Filme eignet (da Zelluloid selbst bei vorbildlicher Lagerung und Pflege mehr und mehr zersetzt und beschädigt wird, stellt die Digitalisierung für viele ältere Filme die einzige Chance da, der Nachwelt sicher und in hoher Qualität erhalten zu bleiben). Wie auch einer der Restaurateure in einer Mini-Doku, die zum Bonus-Material der Disc gehört, meint: "Wenn man auf eine DVD nur Müll aufspielt, kann man damit auch nur Müll abspielen." Recht hat er. Die DVD-Edition von "Roman Holiday" ist ein meisterhaftes Beispiel dafür, wie man die großen Klassiker der Filmgeschichte in Perfektion zu neuem Leben erweckt. Ein unvergesslicher Film, den man sich jetzt auch in großartiger Fassung in den Schrank stellen kann.
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