So ein echter Wikinger ist schon ein sturer Hund. Das Dorf am Rand einer kleinen Insel, in dem sich der Stamm von Häuptling Haudrauf dem Stoischen eingerichtet hat, wird zwar regelmäßig von einer Horde wilder Drachen dem Erdboden gleichgemacht und anschließend wieder aufgebaut, doch klein beigeben und wegziehen ist kein Thema für die rauen Gesellen. Obwohl die regelmäßigen Vergeltungsfeldzüge der Nordmänner stets ergebnislos verlaufen, sind sie ein festes Ritual der Marke "War schon immer so und haben wir schon immer so gemacht". Dass sich der eher schmächtige Häuptlingssohn Hicks damit nicht abfinden mag, liegt nicht nur daran, dass er als Krieger von seinen Stammesgenossen sowieso nicht ganz für voll genommen wird, sondern auch an seinen ganz persönlichen Erfahrungen mit einem verletzten Drachen, der zur geheimnisumwitterten Art der "Nachtschatten" gehört. Der schließt nämlich langsam Freundschaft mit dem Jungen und lässt diesen daran glauben, dass der ewige Krieg zwischen Menschen und Drachen vielleicht beendet werden könnte. Dumm nur, dass ihm das natürlich keiner glauben mag.
Die beiden Autoren und Regisseure Chris Sanders und Dean DeBlois zeichneten mit "Lilo & Stitch" für einen der besseren Zeichentrickfilme der Disney-Studios in der schwierigen Zeit im Schatten der computeranimierten Effektwunder verantwortlich. Bei der Konzeption zu "Bolt" zerstritt man sich jedoch mit dem nun auch für Disney verantwortlichen Pixar-Chef John Lasseter und wechselte für das nächste Projekt zum Konkurrenten Dreamworks. Geschadet hat diese Entwicklung offensichtlich aber keinem, denn mit "Drachenzähmen leicht gemacht" dürfte das durch "Shrek", "Madagascar" und "Kung Fu Panda" bereits hinreichend erfolgsverwöhnte Studio den nächsten sicheren Hit verbuchen können. Außer bei dem sowohl im deutschen als auch im Original recht umständlichen Titel ("How to train your Dragon") hat man bei der Adaption der Kinderbuchreihe von Cressida Cowell nämlich alles richtig gemacht. Das beginnt schon bei der "State of the Art"-Animation mit vielen Details und Feinheiten bei den Charakteren und einer beeindruckenden Dynamik bei den Actionszenen. Wenn man im Zeitalter eines "Avatar" mit den eigenen Flugsequenzen und Kamerafahrten noch derart punkten kann, ist das ein gutes Zeichen und auch allemal ein Qualitätsmerkmal. Insbesondere der Einfallsreichtum bei den unzähligen verschiedenen Drachenarten weiß zu erfreuen, wenn dabei solch markante und erinnerungswürdige Figuren wie der "Schreckliche Schrecken" oder der "Wahnsinnige Zipper" (konsequenterweise eine Art lebendes Feuerzeug) herauskommen. Vor allem die behutsam erzählte Annäherung zwischen dem menschlichen Außenseiter und dem auf seine Hilfe angewiesenen "Nachtschatten", der sich entgegen aller Legenden als alles andere als ein grausames Monster entpuppt, wird derart überzeugend erzählt, dass man sich phasenweise schon fast in einem der in dieser Hinsicht doch eigentlich unschlagbaren Meisterwerke des Studio Ghibli und dessen Hausregisseur Hayao Miyazaki wähnt. Auch der Witz kommt nicht zu kurz und obwohl auf die sonst gerne genommenen Popkultur-Anspielungen für die Erwachsenen diesmal fast vollständig verzichtet wird, bedeutet das im Umkehrschluss keineswegs, dass der gebotene Humor deshalb nun infantil wäre. Auch der deutschen Synchronisation darf ein Lob ausgesprochen werden, denn selten war wohl mal die Verwendung eines regionalen Dialekts so sinnvoll und passend wie bei den hier in einem köstlichen norddeutschen Slang parlierenden Nordmännern.
Gut, die Geschichte vom unterschätzten kleinen Außenseiter, der sich beweisen und andere von seinen Fähigkeiten überzeugen muss, ist alle andere als revolutionäres Storytelling, und eine ganz ähnliche Vater-Sohn Beziehung in exakt dem gleichen Setting haben sich hierzulande gerade erst rund fünf Millionen Zuschauer im Kino angeschaut. Doch kann man den Amerikanern ja nun schlecht vorwerfen, sie würden unseren "Wickie" kopieren, zumal der phantastische Ansatz dann doch ein anderer ist und "Drachenzähmen" im Vergleich sogar mehr Tiefgang aufweist als Bullys Parade der leibhaftigen Wikinger. Weil dann selbst das andernorts sonst gerne etwas ausufernde oder zähe Finale nochmal einen visuellen Höhepunkt bietet und dabei trotzdem erfreulich kompakt bleibt, darf man also völlig altersunabhängig rundum zufrieden sein mit diesem Werk und damit dem vermutlichen Auftakt einer neuen Franchise (denn ein paar weitere Abenteuer mit dem tapferen Hicks sind schließlich schon geschrieben).
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