Vor gut 3 Jahren überraschte
Regisseur Curtis Hanson Publikum und Kritik mit einem Werk, das dem
als soliden Handwerker („Am wilden Fluß“) bekannten Filmemacher
wohl kaum jemand zugetraut hatte: „L.A. Confidential“ gilt allgemein
und wohl auch zu Recht als Geniestreich mit oscarwürdigen Drehbuch-
und Darstellerleistungen. Mit „Die Wonder Boys“ präsentiert Hanson
uns nun aber ein ganz anderes Stück Erzählkino,
nämlich einen kleinen feinen Ensemblefilm mit überschaubarer
Handlung, einer gehörigen Portion Lebensphilosophie und dem Treffen
zweier Schauspieler an gänzlich unterschiedlichen Punkten ihrer
Karriere: Michael Douglas und Tobey Maguire.
Michael Douglas spielt dabei eine für ihn sehr untypische Rolle:
Den verschrobenen und ausgebrannten Literatur-Professor Grady Tripp,
der seine besten Tage in mehrerer Hinsicht bereits hinter sich hat.
Seinen erfolgreichen ersten und bisher einzigen Roman veröffentlichte
er vor gut einem Jahrzehnt. Seitdem wartet die Welt immer weniger
gespannt auf das Nachfolgewerk, aber dafür braucht Grady einfach
noch ein bißchen mehr Zeit – schließlich ist er ja erst
auf der 2000. Manuskriptseite angelangt und hat noch so viel zu sagen.
Seine Ehefrau hat ihn gerade verlassen. Da dies aber bereits zum dritten
Mal geschieht, weiß Grady mit der Situation umzugehen. Unter
Druck setzen ihn da viel mehr sein sehr spleeniger Lektor und Agent
Crabtree (Robert Downey Jr.) und seine sehr geschwängerte Geliebte
Sara (Frances McDormand), die fatalerweise auch
die Ehefrau des Schuldirektors ist. Außerdem zeigt sein junger
Student James Leer (Tobey Maguire) bedrohliche Anzeichen zum genialen
Autoren und seine ebenso junge Schülerin Hannah (Katie Holmes)
bedrohliche Anzeichen zu gutem Sex. Grady hat ziemlich viele Entscheidungen
zu treffen, seine Lebenslethargie dafür aber eigentlich schon
viel zu lieb gewonnen. Doch der alljährliche Literatur-Wettbewerb
„Wordfest“ und ein unglaublich verlaufendes Wochenende sorgen dafür,
daß nicht nur Grady gezwungen wird, endlich erwachsen zu werden.
Michael
Douglas‘ Tage als geschniegelter und aalglatter Macho-Darsteller,
die ihn in den Achtziger Jahren zu einem Superstar gemacht haben,
scheinen endgültig vorüber. Der Mitfünfziger zeigt
in „Wonder Boys“ einen erstaunlichen Mut zur Uneitel- und Häßlichkeit.
Graue Haare und Bierbauch werden nicht kaschiert, und wenn er einen
Großteil des Films mit seinem rosafarbenen Bademantel durch
die Gegend watschelt, wirkt er fast schon wie eine lächerliche
und bemitleidenswerte Figur. Grady ist meistens so durch den Wind
und zugekifft, daß man sich fragt, wie er es überhaupt
noch pünktlich zu seinen Vorlesungen schafft. Es scheint als
wollte Michael Douglas unbedingt mal eine Rolle spielen, die komplett
gegen seine sonstigen Charaktere gebürstet ist.
Das Problem von Douglas und damit auch ein Kernproblem des ganzen
Filmes aber ist, daß man ihm diese Figur einfach nicht richtig
abnimmt. Zu geballt kommen da die ganzen Schwächen und Macken
des „Professor Grady“
daher, zu klischeehaft erfolgt auch dessen unvermeidliche Läuterung.
Er schlägt sich bei bibbernder Kälte durch die Nacht um
sich um einen Schüler zu kümmern, mit dem er bis vor zwei
Tagen kaum ein Wort gesprochen hat, der ihn ständig belügt
und noch nicht mal besonders dankbar ist. Er läßt seine
Ehefrau ziehen und bevorzugt die „inneren Werte“ seiner nicht besonders
attraktiven Geliebten. Den Annäherungsversuchen einer Katie Holmes
widersteht er mühelos. Nun sollte man einen Schauspieler zwar
nicht mit seinen Rollen verwechseln, aber wenn man weiß, für
welche Frauen sich Michael Douglas im „richtigen Leben“ entscheidet,
macht ihn das in dieser Rolle nicht gerade glaubwürdiger. Man
kann Douglas nicht wirklich als Fehlbesetzung bezeichnen, dafür
ist sein Professor Grady doch einfach zu sympathisch und liebenswert
angelegt, aber das Ganze wirkt eben eindeutig zu gewollt und inszeniert.
Ganz und gar nicht gegen den Strich besetzt ist dagegen Tobey Maguire.
Sein genialer aber leicht verhaltensgestörter James ist eher
ein Spiegelbild seiner bisherigen Rollen im „Eissturm“ oder „Gottes
Werk und Teufels Beitrag“. Der etwas unbeholfene und schüchterne
junge Mann, der mit großen Augen und ausdruckslosem
Gesicht die Welt um sich herum betrachtet und dabei immer etwas außerhalb
derselben steht. Maguire macht eigentlich nicht viel, aber das macht
er gut. Die Frage ist nur, ob er auch noch anders kann. Wenn er demnächst
in die Rolle des „Spider-Man“ schlüpft, darf man gespannt sein,
wie er sich als sprücheklopfender Netzschwinger macht.
Der Rest des Ensembles hat einige nette Szenen, die meisten davon
Robert Downey Jr. als Gradys Agent, der verzweifelt an dessen nächsten
Bestseller glauben will und recht eigenwillige Damenbegleitung pflegt.
Die sonstigen Damen sind allerdings nicht viel mehr als Stichwortgeber,
die Bilder von Pittsburghs Winterlandschaft nicht viel mehr als hübsch
und der Hund nicht viel mehr als tot.
Die Moral von der Geschicht soll zwar hier nicht verraten werden,
erscheint aber zumindest simpel, wenn nicht gar fragwürdig. Letzendlich
ist der ganze Film aber doch so warmherzig und kuschelig, daß
man ihm nicht wirklich böse sein kann. Für die Dauer der
Vorführung fühlt man sich gut unterhalten, aber eine nachhaltige
Wirkung hinterläßt „Wonder Boys“ leider nicht. Was bleibt
ist ein sympathischer kleiner Film. Mit Schwächen.
Originaltitel
The Wonder Boys
Land
Jahr
2000
Laufzeit
110 min
Genre
Regie
Release Date
Bewertung
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