
Eine Frau aus der Schweiz trifft während ihres Urlaubs in Kenia einen Samburu-Krieger aus dem Busch, und dann wird's romantisch - "Rosamunde Pilcher lässt grüßen", das ist ein nahe liegender Gedanke, wenn man sich den Inhalt von "Die weiße Massai" ansieht:
Die junge Schweizerin Carola (Nina Hoss) verbringt zwei Wochen Strandurlaub mit ihrem Freund Stefan (Janek Rieke) in Kenia. Am letzten Ferientag trifft sie auf den Samburu-Krieger Lemalian (Jacky Ido) und ist sofort wie geblendet. Am Flughafen verkündet sie ihrem Freund, nicht mit ihm heim zu fliegen, sondern in Kenia zu bleiben. Doch Lemalian ist bereits wieder zu seinem Stamm in den Busch zurückgekehrt.
Carola reist ihm per Bus nach und trifft in Maralal auf die Deutsche Elisabeth. Sie lebt schon seit Jahren mit ihrem kenianischen Mann dort und schildert Carola das harte und schwierige Leben für europäische Frauen in den traditionsreichen Stämmen. Dennoch will sie Lemalian finden, und eines Tages steht er wirklich vor Elisabeths Tür. Die erste Zweisamkeit ist niederschmetternd für die Schweizerin: Statt liebevoll geküsst und gestreichelt wird sie von ihrem Angebeteten genommen wie ein Tier. Dennoch geht sie mit ihm in sein Dorf Barsaloi.
Sie muss sich an Vieles neu gewöhnen: Ihr Haus ist eine winzige Lehmhütte, in der sie mit Lemalians Mutter und seiner Nichte wohnt. Erst langsam gewöhnt sie sich an das Leben in der fremden Kultur, und von Pater Bernando (Nino Prester), der eine Missionsstation betreibt, erfährt sie nur Verachtung und Ablehnung. Doch ihre Liebe macht sie stark....
Dieser Film ist definitiv nichts für Realisten und Freunde der Vernunft, denn Heldin Carola stolpert mit einer unnachahmlichen Naivität und geradezu fanatischem Idealismus durch ihre unglaubwürdige Geschichte. Doch diese ist auch noch wahr: Der Film basiert auf den Berichten von Corinne Hofmann, die drei Jahre lang in Kenia lebte und mit dem Verkauf ihrer Erinnerungen internationale Bekanntheit errang. Doch was dem durchaus wohl geneigten Leser schon im Buch nicht plausibel erklärt wurde, versteht dieser auch im Film nicht: Wieso gibt die Schweizerin ihr ganzes Leben für einen völlig Unbekannten auf, den sie im Urlaub attraktiv fand?
Der Film möchte die auftretenden Probleme nicht schönfärben und das tut er auch nicht, er geht ihnen stattdessen aus dem Weg. Malaria? Wirf dir eine Decke über und alles ist gut. Beschneidungen? Trink dir erstmal einen zur Beruhigung. Von Anfang bis Ende bleibt der Film in der Beobachterposition eines Touristen und zählt brav alle Dinge auf, die wir von Afrika aus dem Fernsehen und aus den bunten Bildbänden kennen. Während Carola durch die Landschaft fährt, laufen glückliche afrikanische Kinder mit ihrer Ziegenherde durch die Landschaft und strahlen den vorbeifahrenden Rumpelbus an. Alle Menschen sind so freundlich und glücklich und können so gut Englisch, dass man sich übergeben möchte. Mit ähnlich naivem Idealismus behandelt die Story die beiden Hauptdarsteller. Die Probleme der Beziehung sind für jeden durchschnittlich gebildeten Europäer schon von Anfang an ersichtlich - nur Hauptperson Carola wundert sich immer wieder, warum die Verständigung nicht klappt. Ihre Probleme kreisen immer um dasselbe Thema - Lemalians Tradition gegen Carolas Weltsicht. Die Liebe wird zur Aufklärungsstunde in Sachen Sex: Ihre Kulturdifferenzen werden im Bett überwunden. Als Durchhaltebonus für die üblichen Afrika-Probleme (Glaube an Geister, schlechte Stellung der Frau gegenüber dem Mann und mangelnde Kenntnisse in Ökonomie) führt die gute Dame ihre alle Grenzen überschreitende Liebe an, wovon der Zuschauer allerdings nicht viel mitbekommt.
Obwohl der Film einige dramatische Szenen enthält, bleibt die eigentliche Dramatik der Geschichte auf dem Niveau einer Daily Soap. Die Darsteller agieren mehr und mehr wie Statisten vor der großen Kulisse Afrika. Lediglich Katja Flint schafft es, einen vielschichtigen und authentischen Charakter auf die Leinwand zu bringen. Lobenswert ist außerdem die wunderschöne Filmmusik von Niki Reiser, der schon die Musik zu "Jenseits der Stille" komponiert hat - also besser nur den Soundtrack besorgen, anstatt sich im Kino zu ärgern.
Carola braucht für ihre Erlebnisse mit Sicherheit eine gewisse Ausdauer und Beharrlichkeit, die ihr auch nicht abgesprochen werden sollen. Doch die Grenze zwischen Mut und naiver Dummheit ist fließend, und in dieser Geschichte wird sie leider sehr weit überschritten.
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