Genau wie bei seinem Kollegen Jim Carrey teilt sich auch die Karriere von Adam Sandler mittlerweile auf in einen Pflichtteil, der einmal pro Jahr mit einer massentauglichen Komödie abgedeckt wird, und in die Kür, bei der die Mimen sich von ihrer anderen, anspruchsvolleren Seite zeigen. Und beide Schauspieler stoßen dabei mit ihren ernsthaften Filmen regelmäßig auf nur geringes Zuschauerinteresse, obwohl diese fast durch die Bank gut gelungen sind. Das gilt auch für das Drama "Die Liebe in mir", das dieses Lob aber nur zum geringeren Teil Sandler zu verdanken hat.
Denn der ist, genau genommen, eigentlich nur die Nebenfigur in einer Geschichte, die uns aus der Sicht von Alan Johnson (Don Cheadle) nahe gebracht wird. Der erfolgreiche Zahnarzt trifft nach Jahren seinen ehemaligen Studienkollegen Charlie Fineman (Adam Sandler) wieder, der Frau und Kind bei den Terroranschlägen des 11. September verloren hat. Alan findet nur langsam Zugang zu dem traumatisierten Freund und stellt fest, dass sich dieser in eine eigene Welt aus Videospielen und Schallplatten zurückgezogen hat, mit aufgesetztem Kopfhörer durch die Gegend schlurft und auf alle Fragen und Andeutungen zu seinem früheren Leben entweder gar nicht oder extrem aggressiv reagiert. Alan macht es sich zur Aufgabe, Charlie zu helfen einen Weg zurück ins Leben zu finden, ohne zunächst zu bemerken, dass auch er selbst Hilfe braucht.
Denn
während die Probleme des Charlie Fineman offensichtlich sind,
verbirgt sich die Lebens- und Sinnkrise von Alan Johnson hinter
der äußerlichen Fassade eines beruflichen Erfolgsmenschen
mit glücklicher Familie. Alan ist nicht wirklich glücklich
mit dem was er tut, mit dem Stress seiner Gemeinschaftspraxis und
den Anforderungen, die von überall an ihn gestellt werden.
Er sehnt sich nach etwas Freiraum und Luft zum Atmen. Wenn er sich
dann also zu einer stundenlangen Videospielsession herab lässt
um Charlie Gesellschaft zu leisten, tut ihm das selbst überraschend
gut. Und wenn Charlie ihm einen lustigen Kinoabend samt anschließendem
Abhängen verschreibt, stellt sich die Frage wer hier eigentlich
wen therapiert.
Mit seinen eigenen Hilfsversuchen riskiert Alan zudem das Vertrauen
Charlies zu verspielen, der ihn nur etwas an sich ran lässt,
da der alte, lange aus den Augen gewesene Freund der Einzige aus
seinem Umfeld ist, der seine Familie eben nicht kannte und ihn auch
nicht ständig darauf anspricht. Da Alan mit seinen diversen
Versuchen, Charlie dazu zu bringen sich der Vergangenheit zu stellen,
zunächst auch nur Unheil anrichtet, stellt man sich zwangsläufig
die Frage, ob das denn wirklich alles sein muss oder ob es nicht
doch sinnvoller wäre, ihn einfach sein jetziges Leben weiterführen
zu lassen, anstatt ständig auf das "sich stellen"
und die Konfrontation zu beharren.
Aber
diesen Weg beschreitet der Film letztendlich natürlich nicht,
es kommt irgendwann zum erwarteten Ausbruch von Charlie. Das allerdings
ziemlich plötzlich, nach einer kurzen Sitzung bei der attraktiven
Psychotherapeutin Angela (Liv Tyler), und Sandler kann bei diesem
sich lange ankündigenden dramatischen Höhepunkt auch nur
bedingt überzeugen. Denn während er den leicht autistisch
angehauchten und vor sich hin brummelnden Schluffi noch mühelos
verkörpert, tut er sich beim großen Gefühlsausbruch
doch schwer, die plötzliche Veränderung glaubhaft darzustellen.
Zudem muss die Frage erlaubt sein, warum sich "Die Liebe in
mir" nun unbedingt den Stempel eines Films, der die langfristigen
Folgen der Anschläge vom 11. September 2001 aufzeigt, verpassen
muss. Denn wie auch schon bei Oliver Stones "World
Trade Center" wird ein persönliches Schicksal geschildert,
dass sich genauso gut vor dem Hintergrund jedes anderen x-beliebigen
Unglücks abspielen könnte, bei dem das Trauma kaum geringer
wäre. Es handelt sich hier allerdings um einen Film, dessen
Figuren tief in der Stadt New York verankert sind und der sich auch
bemüht, das Lebensgefühl dieser Stadt einzufangen.
Dies
mag deshalb als Erklärung für den spektakulär gewählten
Hintergrund akzeptabel sein. Aber wie bereits erwähnt: Die
Geschichte von Alan Johnson ist zwar weniger plakativ als die des
Charlie Fineman, sie ist auch nicht unbedingt die Interessantere,
erweist sich aber als eindeutig überzeugender umgesetzt. Das
leise und feine Spiel von Don Cheadle ist dabei nicht nur ein Kontrapunkt
zum etwas abgedrehten Sandler-Charakter, es vermittelt zudem auch
glaubhaft die langsam reifende Selbsterkenntnis, was im Leben dieses
Mannes falsch läuft und welch kleiner, präziser Änderungen
es bedarf, ihn wieder in die richtige Spur zu lenken.
Trotz kleiner Schwächen also, die fast ausnahmslos in der Konzeption und Darstellung des nur vorgeblich "ersten" Hauptcharakters liegen, erweist sich "Reign over Me" (wie es im Original und in einem hier verwendeten Klassiker von "The Who" heißt) als insgesamt gelungener und sehr stimmungsvoller Film, der zudem allemal interessanter ist als die ebenfalls anstehende und ziemlich lieblose neue Sandler-Komödie "Chuck & Larry". Wer sich also für den ernsten Adam entscheidet, macht ihm nicht nur vermutlich eine Freude, er trifft auch eindeutig die bessere Wahl.
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