Als die ersten Trailer zur Neuverfilmung von „Doctor Dolittle“ im Netz auftauchten, gab es doch tatsächlich diverse Leute, die sich ganz zeitgemäß darüber echauffierten, wie man denn aus dem Tierversteher schwarzer Hautfarbe nun einfach einen mittelalten weißen Mann machen könne. Nun, diesen Vorwurf muss sich das 175 Millionen Dollar teure Spektakel mit Robert Downey jr. wirklich nicht gefallenn lassen, orientiert man sich im Gegensatz zu den Eddie Murphy-Filmen doch einfach nur wieder stärker an der mehr als einhundert Jahre alten Buchvorlage und vor allem auch an der farbenprächtigen Musical-Version mit Rex Harrison von 1967. Die zwar später im Fernsehen viele Kinderherzen erfreute, zur Zeit ihrer Produktion aber ein kapitaler Kassenflop war. Auch in diesem Punkt eifert die 2020er-Variante der Erstverfilmung nach, denn nach vielen Produktionsquerelen im Vorfeld schmierte der Doktor auch an der amerikanischen Kinokasse bereits gnadenlos ab und die Studiobosse erreicht die späte Erkenntnis: Geschichte wiederholt sich halt doch.
Wie der Doktor überhaupt die Sprachen der Tiere erlernte ist nicht das Thema des aktuellen Films, denn zu Beginn von „Die fantastische Reise des Dr. Dolittle“ sehen wir den Titelhelden ziemlich runtergekommen, zerzaust und desinteressiert an der Welt außerhalb seines Anwesens. Grund dafür ist der Tod seiner geliebten Frau, der dafür gesorgt hat, dass sich Dolittle (Robert Downey jr.) von der Welt zurückgezogen hat. Doch diese Welt braucht ihn dringend, nicht nur um angeschossene Eichhörnchen zu heilen sondern vor allem um die Königin von England zu retten, die (dank des Giftes verräterischer Höflinge) in ihrem Bett dahin siecht. Zusammen mit seinem neuen, etwas forschen Assistenten Stubbins (Harry Collet) und einer bunten Schar Tiere macht sich Dolittle nach sanfter Überredung schließlich doch auf um die heilende Frucht zu finden, welche die Queen retten kann.
Dabei handelt es sich wohlgemerkt um die junge Königin Victoria, denn die Geschichte ist dem Original entsprechend nun wieder im späten 19. Jahrhundert angesiedelt. Und allein deshalb durfte man sich doch Einiges ausmalen an prächtigen Sets mit Segelschiffen, unbekannten Inseln und toll animierten Tieren, wie sie im analogen Zeitalter der Erstverfilmung noch nicht möglich waren. Dazu noch der charismatische Robert Downey jr. in der ersten großen Rolle nach seinem Abschied aus dem Marvel-Universum, und es stellt sich mehr als ein Hauch von „Pirates of the Carribean“-Feeling ein.
Eine Reihe, die allerdings zuletzt ebenfalls Mühe hatte ihre hübschen Kulissen mit kreativem Leben zu füllen. An dieser Aufgabe scheitert dann auch die Reise von Dolittle und läuft handlungstechnisch nach einem munteren Auftakt schnell auf Grund. Es ist den Autoren, zu denen auch Regisseur Stephen Gaghan gehört, tatsächlich kaum etwas Interessantes eingefallen für diese Quest, die komplett vorhersagbar dahin plätschert, während sich die Besatzung bemüht mit mäßigen und oft sehr gezwungen wirkenden Sprüchen und Gags das Publikum von der Ereignislosigkeit des Geschehens abzulenken. Witzchen, die zu einem guten Teil erst in der Postproduktion eingefügt wurden, nachdem man bei den Testvorführungen erkennen musste, dass die Zuschauer das Spektakel längst nicht so lustig und unterhaltsam fanden wie erhofft.
Das hat sich aber auch durch die kosmetischen Maßnahmen nicht geändert, selbst die Hauptzielgruppe der während der Pressevorführung anwesenden Kinder blieb während der gesamten Laufzeit bemerkenswert still, und so etwas ist abseits des Genörgels von berufsmäßigen Kritikern dann wirklich ein schlechtes Zeichen. Dem bisher durch seine Arbeit für politisch ambitionierte Werke wie „Syriana“ oder „Traffic“ bekannten Gaghan Buch und Regie eines familienfreundlichen Blockbusters zu übertragen sorgte schon im Vorfeld für leichtes Stirnrunzeln und darf angesichts der Nachdrehs und auch des fertigen Endergebnisses wohl als Fehlgriff bezeichnet werden. Die Motivation, seinen eigenen Kindern eine Freude zu machen, hat da leider nicht ausgereicht und man muss sich schon wundern, wie man von Studio-Seite für eine derart kostspielige Produktion mit einer schon einmal böse gefloppten Marke überhaupt grünes Licht geben konnte.
Die Antwort auf diese Frage wird vermutlich Robert Downey jr. lauten, auf dessen Popularität man natürlich gesetzt und wohl die Chance für eine neue lukrative Franchise gewittert hat. Doch auch Downey jr. kann hier nicht viel retten, zumal er im Grunde einfach nur seiner seit Tony Stark und Sherlock Holmes bekannten Figur des zwar genialen, aber sozial schwer verträglichen Egomanen einen anderen Namen gibt. Eine Rolle, die der hier auch als Mit-Produzent fungierende Schauspieler mittlerweile auf Autopilot geben kann - und genauso wirkt es hier leider oft auch. Da freut man sich dann viel mehr über die Spielfreude eines Antonio Banderas, der als lokaler Herrscher mit kurzer Zündschnur wirklich Spaß macht, was man von den übrigen, erschreckend flachen und unwitzigen Charakteren – ob Mensch oder Tier – halt leider nicht behaupten kann. Natürlich bietet der Film dennoch Einiges an Schauwerten und ein paar Mal Schmunzeln kann man sicherlich auch – insgesamt ist der moderne, teure und enorm aufwändige Dr. Dolittle aber dennoch eine herbe Enttäuschung.
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