Alexandre Dumas’ „Die drei Musketiere“ ist einer der großen Abenteuer-Klassiker der Literatur, und ist dementsprechend ungefähr genauso oft verfilmt worden wie „Robin Hood“. Die letzte große Kino-Version ist allerdings schon wieder eine Weile her (genau genommen 18 Jahre), manch einer mag sich noch erinnern an Kiefer Sutherland, Charlie Sheen und Oliver Platt als die drei Titelhelden mit Chris O’Donnell als D’Artagnan an ihrer Seite. Also durchaus mal wieder Zeit für eine Neuauflage, und die wurde diesmal komplett in Deutschland gedreht (im Studio in Babelsberg und an vielen barocken Außendrehorten in Bayern) und ursprünglich angeschoben von Bernd Eichinger, vor seinem unerwarteten und plötzlichen Tod Anfang dieses Jahres (entsprechend ist der Film auch ihm gewidmet).
Die Regie für dieses Update unternahm Paul W.S. Anderson. Der ist mit Titeln wie „Mortal Kombat“, „Event Horizon“, „Resident Evil“ und „Alien vs. Predator“ in seiner Filmografie eigentlich ein Garant für eher sinnfreies Popcorn-Kino, allerdings mit gutem Stilgefühl. Und so kommt denn auch Andersons Version der drei Musketiere daher: Aufgebrezelt und hochgetunt zu einem Action-Feuerwerk in furiosem 3D, ohne viel Substanz, aber mit mächtig Schauwerten, nicht wirklich ernst gemeint, aber großartig unterhaltend.
Die Handlung orientiert sich grob an der ursprünglichen Romanvorlage, zumindest an deren Anfang: Da bricht der junge Heißsporn D’Artagnan (Logan Lerman) aus der französischen Provinz nach Paris auf, um wie sein Vater Musketier in der Leibgarde des Königs zu werden. Dort angekommen, handelt er sich in Windeseile drei Duelle mit den unfreiwillig außer Dienst gestellten Musketieren Athos (Matthew Macfadyen), Portos (Ray Stevenson) und Aramis (Luke Evans) ein, doch statt sich zu erdolchen, schließt man Freundschaft, als man gemeinsam ein paar Dutzend Garden des Kardinals Richelieu (Christoph Waltz) nieder macht, welche die illegalen Duelle verhindern wollen. Durch Athos’ ehemalige Geliebte, die durchtriebene Opportunistin Milady (Milla Jovovich) werden die Freunde schließlich in eine Intrige Richelieus hineingezogen, der mit dem englischen Lord Buckingham (Orlando Bloom) einen Krieg anheizen will, um sich selbst anstelle des Teenager-Königs Ludwig XIII. auf den Thron zu setzen. Da sind die getreuen Vaterlandsverfechter mit ihren flinken Klingen natürlich vor….
Vor einer allzu komplexen Handlung mit vielerlei intriganten Winkelzügen muss man sich bei den „Drei Musketieren“ 2011 nicht fürchten. Tatsächlich spart diese Neuauflage die zweite Hälfte des Romans im Prinzip komplett aus und nutzt lediglich die Anfänge des Buchs als Sprungbrett für eine eigene, zunehmend wilde und im wahrsten Sinne des Wortes abgehobene Achterbahnfahrt. Spätestens, als Lord Buckingham mit einem wortwörtlichen Luftschiff auf dem Vorplatz von Versailles (gedoublet von der Würzburger Residenz) landet, verabschiedet sich „Die drei Musketiere“ fröhlich winkend von historischer Akkuratheit und hat lieber einfach nur Spaß. Und das funktioniert ganz ausgezeichnet.
Tatsächlich sucht man im gesamten Film vergeblich nach einem Hauch ernsthaften Dramas (oder Subtilität). Dieser Film will Spaß machen, und das haben seine zentralen Akteure auch ziemlich gut verinnerlicht. Das Casting erweist sich hier nach anfänglicher Skepsis angesichts der quasi namenlosen Musketier-Bande als wirklich großartig gelungen, die relativen Nobodys Lerman, Stevenson, Evans und MacFadyen haben allesamt die nötige Präsenz und Lässigkeit und glänzen zudem durch kernige Männlichkeit, so dass man ihnen die gekonnte Degenführung auch abnimmt. Richtig Spaß am böse sein hat derweil das Trio Jovovich, Bloom und Waltz, die hier so genussvoll gemein und hinterhältig sind, das es eine wahre Freude ist, dabei zuzusehen. Das ist alles überhaupt nicht ernst gemeint (bestes Beispiel: Der junge König, portraitiert als ein launiger Teenager mit Fashion-Victim-Anflügen). Das ist reines Oberflächen-Kino. Und als solches wirklich hübsch anzusehen.
Dass „Die drei Musketiere“ solch ein visuelles Fest ist, liegt nicht nur an der sehr stilsicheren und schwungvollen Inszenierung Andersons und der wahrlich barocken Wonne, mit der hier jeder Drehort in all seiner Pracht in Szene gesetzt wird, sondern auch am wirklich famos eingesetzten 3D-Effekt. Während man bei anderen „Brillen-Filmen“ der letzten Zeit oftmals ziemlich bald vergessen hatte, dass das hier eigentlich ein 3D-Spektakel sein soll, vergeht in „Die drei Musketiere“ kaum eine Minute, in der man nicht durch gelungene Bildeffekte und grandiose Tiefenschärfe nachhaltig an das optische Plus erinnert wird. Hier ist 3D endlich mal wieder ein echter Schauwert, für den sich der Aufpreis lohnt.
Überhaupt, Schauwert. Das ist es, was dieser Film zuerst und vor allem haben will, und davon tischt er wirklich eine Menge auf. Hier geht’s nicht um historische Korrektheit oder wirkliches Drama, hier geht’s um Jahrmarkt-Kino und Popcorn-Feeling, um eine echte Kino-Attraktion. Und das ist hier wahrlich hervorragend gelungen. Tatsächlich ist dieser Film atmosphärisch und vom Entertainment-Faktor her wesentlich näher an „Pirates of the Caribbean“ als an den „Drei Musketieren“. Und ist dabei auch noch deutlich besser als die Teile 2-4 der Piraten-Mär mit Johnny Depp.
Geschichts-Puristen und Anhänger altmodischer Mantel-und-Degen-Abenteuer dürften hier gehörig die Nase rümpfen, aber ansonsten bleibt festzustellen: „Die drei Musketiere“ in 3D ist ein spektakulär gut aussehender Film geworden, der als höchst unterhaltsame Kino-Party jeden Popcorn-Esser mehr als zufrieden stimmen wird. Da sieht man dann auch wohlwollend der Fortsetzung entgegen, die hier am Ende absolut schamlos eingeläutet wird. Wenn das wieder so kurzweilig, hübsch und unterhaltsam wird – gerne.
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