Nein, nein, ganz im Ernst: Man kann sich schon vorstellen, wie das aussah, als Duncan Kennedy, Donna Powers und all die anderen, die wahrscheinlich an diesem Drehbuch herumgepanscht haben, sich das erste mal auf ein Bier getroffen haben: "Laß uns doch einen Film machen, so ähnlich wie der "Weiße Hai", nur noch viel ekliger und grausamer," meinte der eine. "Neeee, seh ich nicht so, aber "Alien" fand ich total klasse!" sagte da ein anderer. Die Plagiatvorschläge erstreckten sich noch über "The Abyss", "Moby Dick" und "Titanic", da schlichtete ein weiser Mensch und brachte das Team darauf, doch alles unter einen Hut zu bringen. Einen schönen großen Hut. Und dem ganzen Projekt einen möglichst unverbindlichen Namen zu geben: "Deep Blue Sea".
Die Handlung: Auf einer alten Navy-Base westlich von Kalifornien forscht das "Aquatica"-Team an Haien. Hier, mitten im Pazifik, soll ein Mittel gegen Alzheimer gefunden werden, das man aus dem Gehirn der "ältesten Tötungsmaschine der Welt" gewinnen kann. (Die grauen Zellen von diesen Kreaturen bleiben nämlich, bis der Vorhang fällt, aprilfrisch. Die Frage ist nur: Warum fällt der Vorhang dann?)
Dafür müssen die Viecher aber auf ein Vielfaches ihrer üblichen Größe gezüchtet werden, damit man genug Testmaterial bekommt. Daß diese Knorpelfische mit extrem viel Grips saumäßig gefährlich sind, daran besteht kein Zweifel, doch komischerweise stört es kaum jemand, daß die Gehege im offenen Meer gar nicht so richtig gesichert sind. Als dann bei einem Versuch etwas schiefgeht, die halbe Anlage explodiert und Gliedmaßen durch die Luft segeln, schlägt die Stunde der Haie: "Wir haben mit ihnen gespielt, jetzt spielen sie mit uns".
Ganz offen gesagt: "Deep Blue Sea" ist einer der dümmsten Filme, die in den letzten Monaten zu sehen waren. Mal ganz abgesehen vom mangelnden Realismus, den das Genre mit sich bringt, gibt es so viele eindeutige Goofs, daß man nicht mehr mitzählen mag. Gerade war die Tür noch zu, da steht sie offen. Gerade zerhackt der Mann das linke Auge des Hais, in der nächsten Szene blinzelt der Fisch uns schon wieder lustig an.
Als wäre das nicht genug, wird die Größe der mächtigen Killertiere stetig verändert, damit die Viecher durch Türen, Gänge und Löcher durchkommen, um so den Spannungsbogen am Leben zu halten. Gerade eben noch dick wie ein Schwertwal, jetzt schon unsichtbar im knietiefen Wasser verborgen. Klasse.
Interessant auch die Anatomie des "Aquatica"-Personals, offensichtlich von Mutter Natur nicht mit Trommelfellen gesegnet, denn solche müßten im Laufe des Films (um mal physikalisch zu werden) einige hundertmal geplatzt sein. Man könnte ewig so weiter sinnieren.
Die Besetzung ist recht merkwürdig: Leute wie Samuel L. Jackson und Stellan Skarsgard ("Good Will Hunting") vertrocknen in ihren Nebenrollen, während Grünschnäbel wie Thomas Jane und Saffron Burrows tüchtig im Salzwasser eingeweicht werden. LL Cool J ist auch dabei, er sorgt als Koch immerhin für ein paar gute Lacher.
Das Verrückte an "Deep Blue Sea" ist, daß all diese Mißstände die Spannung dennoch nicht über die Wupper bringen. Der Film funktioniert trotz alledem, man zieht des öfteren erschrocken die Beine an. Und das trotz der recht eindeutigen Voraussehbarkeit, auch trotz einer hundsmiserablen Animationstechnik.
Das Grundschema von "Jaws", "Moby Dick" oder von "Alien" ist also noch lange nicht tot zu kriegen. Zumal nicht, wenn man - auch das keine Überraschung - den Gewaltbogen bis zum Bersten durchzieht. Abgetrennte Unterleiber hat man schon gesehen, daß danach aber noch die Füße zucken, das ist, sagen wir mal: apart.
Und solange die Leiber noch in einem Stück aneinanderhängen (in der richtigen Reihenfolge), bieten Thomas Jane (für die Mädels) und Saffron Burrows (für die Jungs) was für die Optik, war ja auch klar, daß keine häßlichen Menschen auf "Aquatica" tätig sind. Ja, sie wird sich auch ausziehen. Hier ist nicht das ob, sondern das *warum* das eigentlich erstaunliche. Kurios.
Regisseur Renny Harlin kann sich rühmen, nach "Cliffhanger" und "Stirb Langsam II" wieder mal zumindest eine menschliche Basisemotion zum Schwingen gebracht zu haben: Angst. Der Rest ist sekundär, zumindest für ihn.
"Deep Blue Sea" ist kein Film, den man sich allein ansehen sollte. Das gemeinsame Drüberherziehen danach und das leise angefügte "War aber irgendwie schon geil" rechtfertigen den Besuch.
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