Ted Crawford (Anthony Hopkins) ist ein wohlhabender Unternehmer, ein selbstbewusster und oft sogar arrogant auftretender Mann. Und er ist ein Mann, der sich Nichts gefallen lässt. Als er erfährt, dass seine deutlich jüngere Ehefrau (Embeth Davidtz) eine Affäre hat, zieht er daher die aus seiner Sicht einzig logische Konsequenz und erschießt sie. Die Tat bestreitet er nicht und legt ein Geständnis ab. Ein glasklarer und einfacher Fall, den der ehrgeizige Staatsanwalt Willy Beachum (Ryan Gosling) noch schnell so im Vorbeigehen mit nimmt, bevor seine Karriere in einer besser zahlenden Privatkanzlei weitergehen soll. Doch Beachum und auch alle anderen Beteiligten haben sich verrechnet, denn Crawford weiß genau was er tut und hat keinesfalls vor, den Rest seines Lebens hinter Gittern zu verbringen. Er verteidigt sich selbst und zieht seinen naiven Gegenspieler in einen ungleichen Zweikampf hinein, bei dem sich Stück für Stück die einzelnen Mosaiksteinchen eines perfiden Plans entfalten.
Man hat ihn in den letzten Jahren eher selten gesehen, den gestylten Hochglanz-Thriller aus der kühlen Welt der besseren Gesellschaft, und über "Basic Instinct 2" wollen wir in diesem Zusammenhang mal besser nicht reden. Es wurde ja eigentlich seit der seligen Agatha Christie auch schon oft genug durchgespielt, das Thema vom "perfekten Mord", der dann doch meist an einer winzigen Kleinigkeit scheitert. Man muss sich dementsprechend schon Einiges einfallen lassen um sein Publikum in diesem Feld erst einmal überhaupt anlocken und dann auch bei der Stange halten zu können.
Das gelingt bei "Fracture" schon mal ziemlich gut und auf jeden Fall deutlich besser, als es der extrem langweilige deutsche Standardtitel "Das perfekte Verbrechen" vermuten lässt. Man sucht ja bei solch filigran inszenierten Geschichten als Zuschauer meist nicht nur selbst mit nach den entscheidenden Indizien, sondern eben auch nach den selten zu vermeidenden kleinen Fehlern der Filmemacher, die sich, vor allem wenn es dann Richtung Auflösung geht, nur allzu gern mal selbst in ihren kunstvoll ausgeworfenen Fallstricken verheddern. In diesem Punkt gibt sich "Fracture" jedoch keine Blöße, denn abgesehen von einem etwas lang gezogenen Finale, in dem man auf die eine oder andere Storywendung sicher hätte verzichtet werden können, bekommen wir einen auch am Schluss noch sehr stimmigen und runden Film serviert.
Der aber wohl trotzdem kaum gedreht worden wäre (und das wird von den Machern auch freimütig eingeräumt), wenn man für die Hauptrolle nicht die erstrebte Idealbesetzung in Person von Anthony Hopkins hätte verpflichten können. Er mag es vielleicht nicht gerne hören, dürfte aber als er diese Rolle annahm doch sicher schon gewusst haben, dass man allerorten nun wieder das böse "H"-Wort" hervor kramen würde. Ein eiskalter, genauso bösartiger wie intellektuell brillanter Charakter, der mit sichtlichem Genuss seine Spielchen treibt und seine Mitmenschen manipuliert - das ist natürlich nichts anderes als ein Hannibal-Light, eine Variante von Hopkins' legendärer Paraderolle, bei der lediglich auf die gröbsten physischen Perversitäten verzichtet wird.
Die Figur des Ted Crawford wirkt derart für Hopkins maßgeschneidert, dass man sich wirklich kaum einen anderen Darsteller dafür vorstellen kann. Und auch wenn man die Absicht erkennt, so fällt es doch schwer, darüber in irgendeiner Form verstimmt zu sein. Denn es macht einfach wieder großen Spaß dabei zu zusehen, wie er zunächst alle Beteiligten in Sicherheit wiegt um dann (für das Publikum natürlich nicht ganz) unerwartet einen Satz raus zu lassen, der seinem Gegenüber die Gesichtszüge entgleisen lässt.
Daher lebt der Film trotz seiner eigentlich bitter ernsten Rahmengeschichte in erster Linie auch von dem Vergnügen, dass einem durch die diversen Winkelzüge und einige sehr gelungene Dialoge bereitet wird. Ein Vergnügen, dass ganz offensichtlich nicht nur "Ted Crawford" sondern eben auch sein Darsteller hat. Obwohl er in wesentlich mehr Szenen zu sehen ist, gibt es erwartungsgemäß keine Chance für den soliden Ryan Gosling, gegen diese von Hopkins geprägten kleinen Kabinettstückchen anzuspielen. In den gemeinsamen Szenen hält sich der Nachwuchsstar dabei sogar recht gut, aber dem Füllmaterial kann auch er nur wenig Leben einhauchen.
Das gilt vor allem für den Handlungsstrang um die plötzlich gefährdete Karriere des jungen Anwalts Beacham, der zudem noch um eine komplett überflüssige Liebesgeschichte mit einer neuen Kollegin (Rosamund Pike) angereichert wird. Auch David Strathairn, der vor kurzem noch mit einer Oscar-nominierten Darstellung als Ed Murrow in "Good Night, and Good Luck" glänzen konnte, hat als vorgesetzter Bezirksstaatsanwalt hier im Grunde nur die Rolle eines Stichwortgebers.
Im Kern bleibt dann also die große Anthony Hopkins-Show, die sich dank eines brauchbaren Drehbuchs recht gut goutieren lässt. Die Frage, ob man sich denn auch diesmal an die ungeschriebene Regel hält, dass ganz am Schluss der Bösewicht dann doch noch zur Strecke gebracht werden muss, die lassen wir natürlich offen - das ist in diesem Falle ohnehin gar nicht mehr so wichtig.
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