Der Ort Mwanza befindet sich im ostafrikanischen Tansania am Ufer des Viktoriasees, des zweitgrößten Süßwassersees der Welt; und Mwanza besitzt einen in der Welt einzigartigen Exportschlager - den Viktoriabarsch. Täglich starten von hier riesige russische Ilyushins mit 500 Tonnen Barschfilets in Richtung "Erste Welt". Die gesamte Wirtschaft der Region hängt somit am Haken des Fischfangs, der nur auf den ersten Blick einen Segen für die Gegend darstellt. Tatsächlich jedoch beruht die Existenz dieses Fisches auf einer vom Menschen geschaffenen ökologischen Katastrophe.
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So wie vom Menschen eingeschleppte Ratten auf so manchem tropischen Eiland die komplette Tier- und Pflanzenwelt zerstörten, wurde hier durch die Aussetzung des Nilbarsches in den 1950er Jahren der ursprüngliche Artenreichtum des Sees fast völlig vernichtet. Das Ergebnis ist nahezu eine Monokultur an riesigen Barschen, die sich nur noch kannibalistisch ernähren.
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Allein dies wäre sicher schon ausreichend gewesen, um Charles Darwin, dem Begründer der Evolutionstheorie, Alpträume zu bescheren. Hubert Saupers beeindruckende Dokumentation konzentriert sich jedoch vielmehr auf die katastrophalen Auswirkungen, die diese ganze Situation auf die Spezies Mensch hat. Die boomende Fischwirtschaft führt in der gesamten Region zu einer fatalen Landflucht - in der Hoffnung auf Arbeit und ein besseres Leben strömen die Menschen an die Ufer des Sees.
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Die Prostitution floriert, unzählige Fischer verlieren ihr Leben bei der harten Arbeit oder aufgrund des grassierenden HIV-Virus. Sie hinterlassen infizierte und totgeweihte Frauen und Straßenkinder, die in unbeschreiblichem Elend um ihr Leben kämpfen. All dies scheint man hautnah mitzuerleben, denn Sauper begibt sich mit seiner Kamera wie ein Kriegsberichterstatter mitten ins Geschehen. Man bekommt verstörende und groteske Bilder von Menschen zu sehen, die zwar vom Fischfang leben, sich jedoch von Fischabfällen ernähren müssen. Sauper zeigt, dass der Fischreichtum eines Sees tatsächlich zu Hungersnöten führen kann und er deckt investigativ auf, dass Ostafrika im Tausch für die begehrten Fischfilets mit Waffen der Industrienationen beliefert wird.
"Darwin's Alptraum" ist ein unglaublich interessanter und aufrüttelnder Dokumentarfilm, der sich auf überraschende und erfreuliche Weise von gewöhnlichen Auslandsdokumentationen abhebt und zurecht bereits mehrere internationale Filmpreise erhalten hat.
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