
Seit dem durchschlagenden Erfolg von "The Ring" scheint es schon fast zu jedem Horrorfilm dazu zu gehören, dass ein unheimliches kleines Mädchen darin vorkommt, das mit einer bizarren Mischung aus Unschuld und dunklem Make-Up das absolut Böse verkörpert. In "The Dark" ist das nicht anders. Hier trifft sich das zerstrittene Ehepaar Adelle (Maria Bello) und James (Sean Bean, Boromir aus "Herr der Ringe") in seiner abgelegenen Farm auf der englischen Isle of Man, um sich ihrer Tochter Sarah (Sophie Stuckey) zuliebe wieder zu versöhnen (oder so ähnlich: was genau die beiden jetzt so auseinander trieb, wird nie so recht klar). Doch dann wird Sarah plötzlich auf unheimliche Weise von den Tiefen des Meeres verschluckt und bleibt spurlos verschwunden. Stattdessen taucht ein junges Mädchen namens Ebrill (Abigail Stone) auf, dass zwar lieb und unschuldig ist, aber aussieht, als wäre es aus dem Reich der Toten zurückgekehrt (große Überraschung: So ist es auch).
Adelle kommt nun, angetrieben durch einige erschreckende Visionen, einem dunklen Geheimnis aus der Vergangenheit der Farm ihres Mannes auf die Spur, wobei es wahrlich erstaunlich ist, wie viel Informationen und Schlussfolgerungen Adelle aus nur wenigen Sekunden langen, bruchstückhaften Bildern in ihrem Kopf ziehen kann. Wenn man bedenkt, dass Naomi Watts in "The Ring" mit dem Videoband Stunden und Tage verbracht hat, um es zu analysieren und begreifen, ist das schon eine detektivische Meisterleistung.
Auch ansonsten tut sich "The Dark" nicht gerade durch erzählerisches Geschick hervor. Ein per Holzhammer als besonders unheimlich und bedeutungsschwanger eingeführter Raum erweist sich als wahre Fundgrube, in der man bei jedem Besuch ein neues Loch in der Wand findet, das irgendeine weitere Spur verbirgt. Im Schweinsgalopp wird so die Hintergrundgeschichte um die Farm und eine einst hier hausende Religionsgemeinschaft (um nicht zu sagen: Sekte) aufgedeckt, und die damit zusammenhängende Grundprämisse des gesamten Plots - was nämlich mit Sarah passiert ist, und in welchem Zusammenhang die kleine Ebrill dazu steht.
Der Film basiert auf dem Roman "Sheep" des englischen Autors Simon Maginn, und es gibt vielversprechende Aspekte in der Geschichte von "The Dark" die vermuten lassen, dass es sich bei der Vorlage in der Tat um einen guten Horror-Stoff handelt. Im Film ist davon nur leider nicht viel übrig geblieben. Zu arg verstrickt sich der Film in einer ziemlich dünnen und widersprüchlichen Regelkonstruktion, was das Wechseln ins und das Wiederkehren aus dem Jenseits betrifft. Und wenn sich gegen Ende tatsächlich die Gelegenheit bietet, das Jenseits zu inszenieren, und damit die Steilvorlage für wirklich packende Atmosphäre kommt, wird diese Riesenchance auf fast erbärmliche Weise vergeben. Immerhin wissen wir dank "The Dark" jetzt, dass es auch im Jenseits Taschenlampen gibt.
Mit ähnlich bedenklicher Zielsicherheit vergibt Regisseur Fawcett jede andere gute Gelegenheit für ein wenig echten Grusel oder zumindest einen wirksamen Kurzschock. Die "Schreckmomente" von "The Dark" sind markant gekennzeichnet durch schnelle Schnitte und eine rasante Temposteigerung der plötzlich lauter werdenden Musik, als wolle Fawcett dem Publikum per Bild und Ton ins Gehirn martern, dass es jetzt bitte zu erschrecken habe. Was man in den meisten Fällen allerdings trotzdem nicht tut, weil es einfach nicht gruselig ist - ironischerweise vor allem wegen der unsubtilen Inszenierung, welche die Atmosphäre herbei zu prügeln versucht, und nicht herbei zu locken vermag.
Diese Misere fängt allerdings schon bei den knauserigen Produzenten an, da hier offensichtlich aus Kostengründen auf viele teurere oder komplizierte Einstellungen verzichtet wurde. Resultat ist eine Flut von nichtssagenden Nahaufnahmen, die eigentlich nur kaschieren sollen, das man sich die richtige Art, so eine Szene zu drehen, sparen wollte. Prägnantes Beispiel: In einer Szene geht Sarah an einer Steilklippe spazieren, als eine in der Nähe weidende Schafherde durchdreht, Sarah zuerst niedertrampelt und dann über sie hinweg die Klippe runter springt. Da man allerdings nur ein paar wild zusammengeschnittene Bilder von laufenden und hüpfenden Schafen vor einem neutralen Hintergrund sieht, und nie wirklich ein Tier über die Klippe zu springen scheint, verpufft das potentiell verstörende Bild (man denke wiederum nur an "The Ring" und den Selbstmord des Pferdes) wirkungslos und ist somit symptomatisch für den gesamten Film.
Dass derlei Sparmaßnahmen eine adäquate Umsetzung für den Regisseur nicht gerade erleichtern, kann man Fawcett immerhin noch zu Gute halten. Für die unüberzeugende Horrorinszenierung und vor allem die extrem holprige und löchrige Story muss er trotzdem gerade stehen (unter anderem wird mit viel Tamtam ein scheinbar ganz besonders wichtiges Kistchen eingeführt, für das den ganzen Film über der Schlüssel gesucht wird - was drin ist, erfährt man letztendlich nie).
"The Dark" erweist sich als ein unsauber produzierter und uninspiriert umgesetzter Grusel-Langweiler von der Stange, was in diesem Falle umso bedauerlicher ist, als dass man solche Horror-Wegwerfware schon zu Genüge von Hollywood gewohnt ist, und nun leider auch noch die Briten damit anzufangen scheinen. Zeitverschwendung für die an sich durchaus talentierten Darsteller (Bello und Bean gehören einfach in bessere Rollen), und ebenso Zeitverschwendung für das Kino-Publikum.
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