
Auch ein Hollywood-Star braucht Sicherheiten. Trotz
mehrfacher Gagen jenseits der 20 Millionen Dollar und
anzunehmender
Rücklagen muss sich Jim Carrey massive Sorgen um seine
Karriere
gemacht haben, um die Hauptrolle in "Bruce Allmächtig"
anzunehmen. Nachdem er sich mit "Die Truman Show" und
"Der
Mondmann" mehr als
eindrucksvoll vom Klamauk-Image befreit und als
ernstzunehmender
Schauspieler etabliert hatte, folgte mit der Kitschfest "The
Majestic" ein unvorgesehener Flop, der nach sofortiger
Reparatur verlangte. Das Ergebnis:
Ein durch und durch "sicheres" Projekt, das heißt
die Hauptrolle in einer konventionellen,
familienfreundlichen, hochmoralischen
und kreuzbraven Komödie. Die garantiert ein fettes
Einspielergebnis
und somit die weitere Festigung des Star-Status. Damit es
auch für
den nächsten Film 25 Millionen Dollar gibt.
Man kann es Jim Carrey wohl nicht wirklich vorwerfen, dass
er zwischendurch
solch eine Rolle annimmt, um vielleicht zukünftig wieder
interessantere
Projekte wagen zu können. Nichtsdestotrotz ist es schon
eine
relative Enttäuschung, diesen Klassemann in einer Rolle zu
sehen, in der sein relativ extremer Schauspielansatz ein
wenig deplatziert
wirkt. Schließlich haben TV-Nachrichtenreporter stets ein
gewisse Beherrschung zu wahren, und das gilt auch für
Bruce
Nolan, der mit seinem Job als Außenreporter für einen
Lokalsender im amerikanischen Buffalo nicht sonderlich
glücklich
ist, darf er doch nur süße und nette Reportagen über
die Bäckerei um die Ecke und ähnlich langweiliges
Alltagszeug
machen. Viel lieber wäre er der neue Anchorman der
Nachrichtensendung,
doch als dieser Job an einen schmierigen Kollegen geht,
platzt Bruce
der Kragen: In einer großen Schimpftirade beschwert er
sich
bei Gott für all das Unglück in seinem Leben (das wirklich
ganz enorm ausfällt, wenn man bedenkt, dass er eine
akzeptable
Wohnung hat und seine Freundin Grace immerhin von Jennifer
Aniston
gespielt wird). Gott hört natürlich zu, sorgt für
ein persönliches Treffen mit dem nölenden Nolan und
überträgt
ihm göttliche Allmacht - nicht für die ganze Welt, nur
für Buffalo - damit er mal sehen kann, wie schwer es ist,
es
allen Leuten recht zu machen.
Ein
lustiger Ansatz, in der Tat, und der folgende
Filmabschnitt, in
dem Bruce erst einmal nach Herzenslust seine unbegrenzten
Kräfte
für den Eigenbedarf einsetzt, ist wirklich witzig, wenn
auch
zu keinem Zeitpunkt richtig zündend einfallsreich. Die
meisten
Gags sind naheliegend, wenn auch gut ausgeführt, was für
den weiteren Filmverlauf nur noch bedingt gilt. Denn was
hier folgen
muss, ist klar: Bruce verliert den Kontakt zu seinem
wahren Ich,
entfremdet sich von seiner Freundin, Trennung und
Liebeskummer.
Gleichzeitig muss er erkennen, dass Gott sein gar kein so
einfacher
Job ist, und man nicht einfach zu allen eintreffenden
Wünschen
ja sagen kann (weil dann z.B. auf einmal die ganze Stadt
gleichzeitig
im Lotto gewinnt). Lektionen werden gelernt und die
Läuterung
erfolgt, und alles ist so dermaßen konventionell
abgesteckt,
dass der Film im letzten Drittel eigentlich gar keinen
Spaß
mehr macht.
Da
hilft es auch nicht, dass Carrey seine Vorstellung
ordentlich über
die Bühne bringt oder dass Jennifer Aniston einfach immer
bezaubernd
wirkt. Auch nicht hilfreich: Dass Morgan Freeman als
lieber Gott
einen brillanten Auftritt voller tatsächlich göttlicher
Ruhe und Besonnenheit hinlegt, aber eben auch nur für die
Exposition
gebraucht wird und danach weitgehend verschwindet. Und
wenn die
großen Szenen dann recht bald zur Neige gehen, drängt
sich zwangsläufig die ganze Konstruiertheit des Drehbuchs
in
den Vordergrund, dem man sein von der Grundidee
ausgehendes Standard-Strickmuster
viel zu deutlich anmerkt.
"Bruce Allmächtig" ist eben nix weiter als ein
durchkalkuliertes
Erfolgsfilmchen. Künstlerisch hat hier niemand was
gewonnen,
der Selbstzweck steht im Vordergrund: Carrey festigt seine
Riesengagen,
Aniston kann sich als nettes Anhängsel in der ersten
Hollywood-Liga
etablieren, und Freeman sichert sich einen nützlichen
Gehaltsscheck
auf dem Weg zur nächsten wirklich großen Rolle, die ihm
vielleicht endlich einmal den längst verdienten Oscar
einbringen
wird. Wer komplett problemfreie und anständige
Familienunterhaltung
mag, ist hier genau richtig. Ansonsten ist "Bruce
Allmächtig"
fürs Kinoprogramm wie für die Karriere seiner Darsteller
nicht mehr als eine Durchlaufstation, die getrost abgehakt
und vergessen
werden kann.
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