Im fantastischen Land Gaya hat alles seinen angestammten Platz: Energie stiftet ein mysteriöser, magischer Stein, der Dalamit. Heldentaten vollbringt der wagemutige Zino, während sein ängstlicher Freund Buu ihm mit Erfindungen zur Seite steht. Wenn es hier Ärger gibt, sind daran hauptsächlich die verschlagenen Schnurks Galger, Zeck und Brampf schuld. Und Alanta, die Tochter des Bürgermeisters, sehnt sich nach einem abenteuerlichen Leben außerhalb ihrer repräsentativen Pflichten. Was die Bewohner von Gaya nicht wissen: Sie sind fiktionale Erfindungen des Fernsehautors Albert Drollinger, ihre Abenteuer Episoden der Fernsehserie "Die Abenteuer von Zino und Buu". Was jedoch Drollinger nicht weiß, der mysteriöse Professor N. Icely (har, har!) aber schon: So fiktional ist Gaya mitsamt seinen Einwohnern nicht. Dank einer von ihm erfundenen Maschine stiehlt der größenwahnsinnige Wissenschaftler den Dalamiten. Um Gaya zu retten, machen sich die rivalisierenden Gruppen von Gayanern - Zino, Buu und Alanta und Schnurks - auf die Suche nach dem Dalamiten und landen dabei in der menschlichen Welt. Hier ist alles nicht nur viel größer, sondern auch verdammt gefährlich. Es gilt, dem gefährlichen Professor N. Icely das Handwerk zu legen, und dann zurückzukommen, zurück nach Gaya.
Wie der erwähnte verrückte Professor macht man auch in beschaulichen mittelständischen deutschen Städten große Pläne zur Weltbeherrschung. In Hannover zum Beispiel. Da sagte man sich bei der Konzeption des ersten komplett computeranimierten Films aus deutschen Landen, "Back to Gaya", "heute Deutschland, morgen Europa, danach die ganze Welt!". Na gut, letzteres vielleicht nicht ganz. Aber den Vergleich mit Pixar, dem Branchenprimus aus Übersee, werden sich auch die Macher von "Back to Gaya" gefallen lassen müssen. Wer sich mutig in den Bereich Volldigitalanimation hervorwagt, wird eben an den Besten gemessen.
Und was soll man sagen, der Hannoverschen Animationsstätte Ambient Entertainment gelingt zumindest ein halber Erfolg. Denn optisch kann "Back to Gaya" zwar mit der mittlerweile erreichten Perfektion eines "Findet Nemo" nicht wirklich mithalten, leistet aber dennoch Beachtliches. Schon ganz zu Anfang, wenn die Welt Gayas im Luftflug erkundet wird, werden die money shotsrausgeholt. Unterlegt mit bombastischer Musik (der letzte Score des verstorbenen Michael Kamen) will "Back to Gaya" gleich mal so richtig Eindruck scheffeln - was sogar ganz gut gelingt. Sobald der Blick allerdings von der Umgebung auf die Protagonisten fällt, wird's weniger beeindruckend. Hauptproblem: Die Helden der Geschichte - sowohl Gayaner als auch Schnurks - geben optisch einfach zu wenig her und sehen ein wenig lahm aus. Erstaunlich gut gelungen dagegen die leicht cartoonigen menschlichen Figuren, traditionell die schwierigste Aufgabe im Animationsfilm, die hier zufriedenstellend gelöst wurde.
Woran es fehlt: Witz, Ironie, Esprit. Und - sorry, lieber Jan Berger - eine interessante Geschichte. Ein kreuzbiederes Kinderfilmchen mit zumeist zwischen funktional und kläglich schwankenden Dialogen wird hier feilgeboten, was in Zeiten der Pixar-Epen und "Shrek" reichlich antiquiert wirkt. Aber daran sind schon andere gescheitert. Denn bei Pixar geht's in erster Linie nicht um die Pixel, sondern die Geschichten, die mit ihnen erzählt werden. Und von den zitatgespickten, auch (und gerade) für Erwachsene urkomischen und einfallsreichen Geschichten aus dem Pixar-Haushalt ist man hier demnach so weit entfernt wie Hannover von Hollywood. Weswegen "Back to Gaya" zwar das Auge erreicht und auch erfreut, aber auf dem Weg zu Herz und Hirn schon kurz nach dem Start liegen bleibt. Und zum Trotz von internationaler Kollaboration in Teilbereichen (die amerikanischen Drehbuch-"Aufpolierer" stammen, jawoll, aus den Pixar Studios, arbeiteten dort allerdings auch am verhältnismäßig schwächeren "Das große Krabbeln") und englischsprachigen Handlungsorten zwecks internationaler Auswertung haftet "Back to Gaya" auch noch ein bisschen der leicht muffige Duft des Provinziellen an. Es ist halt doch noch ein weiter Weg von Hannover bis zur Weltherrschaft.
Trotzdem: Für die Kleinen, immerhin das Zielpublikum, ist der Film eine schöne Sache und als deutscher Versuch, dem übermächtigen amerikanischen Animationsimperium etwas entgegen zu setzen, eindeutig aufmunternder Anerkennung wert. Aber Vorsicht ist geboten: Schon mit dem nächsten Film sollte, dürfte und müsste es dann etwas mehr sein (vor allem beim "Was", nicht beim "Wie"), um sich wirklich als ernst zu nehmende Konkurrenz betrachten zu können. Sonst endet der Versuch des internationalen Erfolges schon frühzeitig vor den Stadttoren von, genau, Hannover, ganz in der Nähe des brachliegenden EXPO-Geländes.
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