An der Person von Eddie Murphy lässt sich bestens aufzeigen, wie ernst die alljährlichen Verleihungen von Oscars und Goldenen Himbeeren zu nehmen sind. Hinter dem 80er-Jahre-Star liegt ein Jahrzehnt extremer Widersprüche. Für seine Nebenrolle im Musical „Dreamgirls“, sein vielleicht einziger vorzeigbarer Film einer ganzen Dekade, wurde er mit einer Oscar-Nominierung bedacht. Der Rest war bestenfalls künstlerischer Durchschnitt, kommerziell jedoch meist ertragreich. Seine letzten beiden Auftritte („Zuhause ist der Zauber los“ und „Mensch, Dave!“) allerdings lockten nur noch die härtesten Fans ins Kino – und das waren nicht (mehr) viele. Dass diese beiden Werke immerhin nicht ganz so kolossal floppten wie das trashige Mond-Abenteuer „Pluto Nash“ dürfte für Murphy nur ein schwacher Trost gewesen sein. Fast folgerichtig sahnte der einstige Beverly Hills Cop bei den „Razzie Awards“ im vergangenen Jahr mächtig ab und darf sich seitdem als offiziell schlechtester Schauspieler des vergangenen Jahrzehnts bezeichnen.
Für so ziemlich jeden der mittlerweile sieben Milliarden Menschen auf diesem Planeten war die Karriere des Eddie Murphy tot – bis „Rush Hour“-Regisseur Brett Ratner auf den Plan trat. Dieser besetzte Murphy erst für sein Heist-Movie „Aushilfsgangster“ und wünschte sich anschließend selbigen als Moderator der von ihm produzierten Oscar-Show im kommenden Februar. Der Wunsch wurde ihm erfüllt. Zudem verspricht „Aushilfsgangster“ nicht zuletzt dank der vielen namhaften Co-Stars zumindest kommerziellen Erfolg. Um die Qualität des Films vorsichtig zu umschreiben, sei zunächst folgendes festgehalten: Eddie Murphy wird in der von ihm moderierten Show nicht gleichzeitig mit einer Oscar-Nominierung bedacht werden.
Murphy spielt einen Kleinkriminellen namens Slide, der zunächst nicht viel mehr macht als weiße Anzugträger zu beleidigen, die seinen Weg kreuzen. Einer davon ist Josh (Ben Stiller), der als Manager eines noblen Hotels/Wolkenkratzers in Manhattan arbeitet. Zu seinen Stammgästen zählt der Milliardär Arthur Shaw (Alan Alda), dessen Börsengeschäfte ihn zu einem der 200 reichsten Menschen der Welt gemacht haben. Deshalb leistet dieser sich auch den Luxus, einen Ferrari (angeblich ein Geschenk von Steve McQueen) in seinem Apartment zu parken und in einem Swimmingpool auf dem Dach zu baden, dessen Grund das Bild eines überdimensionierten 100-Dollar-Scheins zeichnet. Dass dieser Reichtum auf nicht ganz legalem Wege zustande gekommen ist, wirft ihm nun allerdings das FBI vor und nimmt Shaw deshalb in Untersuchungshaft. Davon betroffen ist auch Josh, der seinen Pensionsfond und die seiner Mitarbeiter in die Hände von Shaw gegeben hat. Sollte dieser schuldig sein, dürfte von den Fonds nicht mehr viel übrig bleiben. Nach einer Verkettung wenig nachvollziehbarer Umstände entschließt sich Josh, in das vom FBI bewachte Apartment von Shaw einzudringen und 20 Millionen Dollar in bar aus einem geheimen Safe zu stehlen. Unterstützen sollen ihn dabei einige seiner Mitarbeiter, die jedoch ebenso wie er keine Ahnung von der Planung und Durchführung eines millionenschweren Diebstahls haben. Also stellt Josh die Kaution für einen mittlerweile inhaftierten Kriminellen: Eddie Murphy alias Slide.
Was für eine bunt zusammen gewürfelte Truppe an Darstellern, die da gemeinsam den Coup planen: Murphy und Matthew Broderick, deren beste Tage schon etwas zurückliegen, der durchgängig erfolgreiche und meinungsspaltende Ben Stiller und die seit einigen Jahren aufstrebenden Talente Michael Peña („L.A. Crash“), Casey Affleck („Die Ermordung des Jesse James durch den Feigling Robert Ford“) und Gabourey Sidibe („Precious“). In Szene gesetzt von Brett Ratner, der häufig etwas schlechter gemacht wird als er tatsächlich ist. Hätte also eigentlich eine nette Angelegenheit werden können, die das offensichtliche Vorbild „Ocean's Eleven“ vielleicht nicht erreicht, aber doch annähernd gut unterhält.
Und in der ersten halben Stunde tut es das auch. Stiller & Co. grimassieren nicht wild herum, sondern spielen ernsthaft und wecken damit Sympathien. Und der innere Kosmos des Wolkenkratzers, eine Welt, die die meisten von uns wohl nie auch nur betreten werden, weiß zu interessieren. Hübsch bebildert ist das Ganze auch noch. Doch mit der Erkenntnis des Stiller-Charakters, dass Shaw ihn und seine Angestellten betrogen hat, wendet sich das Blatt. Stiller packt nicht nur die Grimassen, sondern auch einen Golfschläger aus und schlägt damit auf den sündhaft teuren Ferrari von Shaw ein. Warum er so etwas Dämliches tut, wird nicht ganz klar. Als Konsequenz folgt seine Entlassung und – damit es für die spätere Heist-Story passt – auch die einiger unbeteiligter Mitarbeiter.
Plausible Erklärungen bleiben nun häufiger auf der Strecke, vieles folgt ein wenig den Prinzipien Zufall und „Schaun mer mal“. Richtig problematisch wird dies dann, wenn die Möchtegernkriminellen den Einbruch auch tatsächlich angehen. Dass sie überhaupt bis zu Shaws Apartment durchdringen, ist eigentlich nur einer unwahrscheinlichen Portion Glück zu verdanken. Nun sollte man bei Hobby-Gangstern vielleicht auch keinen so ausgeklügelten Plan wie bei Danny Ocean und dessen Profis erwarten, normalerweise müsste ihr Dilettantismus dann aber auch sehr schnell zum Scheitern ihres Unterfangens führen.
Gut, ist halt eine Komödie, könnte man meinen. Ist es aber nicht. Von Anfang an bleiben die großen Lacher aus. Zunächst ist das auch gar nicht mal so verkehrt, opfert man eine durchaus interessante Exposition eben nicht vielleicht überflüssigem Brechstangen-Humor. Wenn das Plot-Konstrukt jedoch mehr und mehr in sich zusammenfällt, bleibt außer einem gewissen Star-Appeal nichts mehr übrig. Zentrale Elemente der Handlung führen ins Nichts oder kommen eben daraus – der Safe, Ziel des Einbruchs, spielt dabei eine wichtige Rolle. Und die kläglich scheiternden Versuche, den Zuschauer mit vermeintlich geschickten Finten hier und da hinters Licht zu führen, versuchen nicht mal wirklich zu kaschieren, dass sie schamlos aus der „Ocean's“-Reihe kopiert wurden.
Diese war cool und clever – zwei Attribute, die sich Brett Ratner und seine Schreiber sicherlich auch gerne ans Revers geheftet hätten. Um cool sein zu können, ist „Aushilfsgangster“ jedoch viel zu gewollt. Und um clever sein zu können, ist er – nun ja – einfach viel zu dumm. Da trösten auch der recht vielversprechende Beginn und einige nette, actionlastigere Momente, in denen ein (nicht fahrendes) Auto ein Rolle spielt, nicht darüber hinweg: „Aushilfsgangster“ ist am Ende eine Beleidigung für die Intelligenz des Zuschauers.
Die Charaktere verhalten sich so, wie es der Fortgang der Handlung verlangt, sind mit Maßstäben wie Nachvollziehbarkeit und Plausibilität aber nicht mehr zu messen. Und die meisten Versuche, die Sache etwas spaßiger zu gestalten, scheitern ebenfalls. Zu vorhersehbar und altbacken sind die meisten Gags. Bezeichnenderweise ist die witzigste Szene der zweiten Filmhälfte eine Szene, in der kein Charakter etwas sagt. Richtig ärgerlich sind die Dicken-Klischees, mit denen sich Gabourey Sidibe herumärgern muss. Nach ihrem Aufsehen erregenden Debüt in „Precious“ vor zwei Jahren sollte sie schleunigst ihre weitere Karriereplanung überdenken – Rollen wie diese in „Aushilfsgangster“ muss sie sich wirklich nicht antun. Es sei denn, sie möchte irgendwann einmal so enden wie Eddie Murphy.
Für diesen sollte das hier eigentlich ein Comeback sein. Als Gangster, der eine Gruppe von Amateuren anleitet, gibt er auch gar keine so schlechte Figur ab, wie überhaupt die schauspielerische Komponente noch das Beste am Film ist. Trotzdem: Um wieder beachtet zu werden, bräuchte er mal einen Film, der ihn nicht erst zur Hälfte ins Spiel bringt und der zudem wirklich Spaß macht. Die „Expendables“ sind leider im falschen Genre angesiedelt, eine lange geplante Fortsetzung vom „Beverly Hills Cop“ ist vom Tisch und Murphys nächsten Film „A Thousand Words“, dessen Plot eigentlich interessant klingt, inszeniert Brian Robbins, seines Zeichens Verbrecher von „Mensch, Dave!“, „Norbit“ und „Shaggy Dog“. Doch ein winziger Hoffnungsschimmer bleibt: Tarantino castet scheinbar noch immer für seinen Sklavenhalter-Western „Django Unchained“. Der würde selbst einen Eddie Murphy aus der Krise führen.
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