72 Stunden - The next three days

Originaltitel
The next three days
Land
Jahr
2010
Laufzeit
133 min
Genre
Regie
Release Date
Bewertung
7
7/10
von Volker Robrahn / 1. Juni 2011

Die Welt der bürgerlichen Familie Brennan bricht eines Morgens brutal auseinander, als ein Polizeiteam an der Tür klingelt und Lara (Elizabeth Banks) abführt. Ihr Mann John (Russell Crowe) muss machtlos mit ansehen wie seine Frau des Mordes an ihrer Chefin angeklagt und aufgrund diverser belastender Indizien auch verurteilt wird. John bleibt mit seinem kleinen Sohn zurück und kämpft sich anschließend drei Jahre lang erfolglos durch die Instanzen. Während Laura sich mit ihrem Schicksal abgefunden zu haben scheint, glaubt ihr Mann unbeirrt weiter an ihre Unschuld und entwickelt aus seiner Verzweiflung heraus schließlich den Plan, seine Frau auf eigene Faust aus dem Gefängnis zu befreien. Doch wie soll einem biederen Englisch-Professor ohne kriminelle Erfahrung und Kontakte so etwas gelingen?

Wie diese kurze Zusammenfassung bereits andeutet, beschränkt sich die Handlung von "72 Stunden" keineswegs auf nur drei Tage. Vielmehr lässt sich der Film in drei Abschnitte aufteilen, nämlich die drei zermürbenden Jahre bis zu Laras endgültiger Verurteilung, die folgenden drei Monate der Planung und Vorbereitung des Ausbruchs und schließlich die knappen drei Tage, die John dafür noch bleiben, als seine Frau kurzfristig ein anderes Gefängnis verlegt werde soll. Und nicht nur handlungs- sondern auch spannungstechnisch baut sich das Ganze genauso auf, denn erst in der letzten halben Stunde entwickelt sich der atemlose Thriller, den der Titel eigentlich von vornherein erwarten lässt.

Was es bis dahin zu sehen gibt, ist allerdings keinesfalls uninteressant, wenn auch etwas fordernd und anstrengend für den Zuschauer. Denn um am Ende mit John Brennan wirklich mitfiebern zu können, müssen wir ihn halt erstmal eine Zeitlang auf seinem frustrierenden Weg begleiten. Dem Mordfall selbst (bei dem auch sehr lange völlig offen bleibt, ob Lara denn nicht vielleicht doch schuldig ist) widmet Regisseur, Autor und Doppel-Oscarpreisträger (u.a. für "L.A. Crash") Paul Haggis dabei erwartungsgemäß recht wenig Aufmerksamkeit, denn ihn interessiert natürlich mal wieder in erster Linie die Charakterstudie eines Menschen, der zu außergewöhnlichen Handlungen gezwungen wird.

Daher beruft sich sein Film dann auch eher lose auf seine Vorlage, den erst vor zwei Jahren aufgeführten französischen Thrillers "Ohne Schuld". So kommt es aber auch in der ersten Filmhälfte zu einigen zähen Momenten, wie den sich wiederholenden Besuchen von John im Gefängnis, aber dieser langsame Aufbau ist andererseits einfach notwendig um eine Entwicklung zu verfolgen, die dann in dem im Grunde aberwitzigen Befreiungsplan mündet.

Ungewöhnlich, aber dem Realismus sehr förderlich ist dabei die Tatsache, dass es sich beim Planer dieses Gefängnisausbruchs eben mal nicht um einen ausgebufften und allen anderen weit überlegenen Profi handelt, wie man ihm im Kino für gewöhnlich präsentiert bekommt. Ganz im Gegenteil bewegt sich der von Russell Crowe vor allem in diesen hilflosen Szenen überzeugend verkörperte Lehrer normalerweise in einer völlig anderen Welt. Und so enden dessen Versuche an gefälschte Dokumente oder Schlüssel zu kommen zunächst kläglich, und bei der Kontaktaufnahme mit der Unterwelt wird er auch erstmal ordentlich verdroschen und ausgeraubt.
Aber John Brennan lernt dazu, ist wild entschlossen sein Vorhaben durchzuziehen, und zusammen mit der wachsenden Cleverness des Hauptprotagonisten zieht auch die Spannungsschraube an, bis man schließlich im letzten Drittel kaum anders kann als gebannt um das Gelingen zu bangen.

Erfreulicherweise kann man dem Plot trotz aller Winkelzüge aber auch bei genauerer Betrachtung keine größeren Löcher oder Unlogik vorwerfen, denn dass ist alles schon sehr sauber und durchdacht konzipiert. Abgesehen von einem netten Gastauftritt Liam Neesons als schrägen Knast-Experten ist "72 Stunden" allerdings eine ziemliche One-Man-Show von Russell Crowe, den Damen Elizabeth Banks und Olivia Wilde ("Tron: Legacy") bleibt wenig Raum zu glänzen.

Die nicht ganz korrekte Vermarktung als rasanter Ausbruch-Thriller mag dazu beigetragen haben, dass das amerikanische Publikum dem Film trotz der beteiligten bekannten Namen eine relativ kühle Schulter zeigte und den Filmtheatern größtenteils fernblieb. Was schade ist, denn bei "The Next Three Days" handelt es sich die meiste Zeit um ein recht feines und vorbildlich durchkomponiertes Stück Hollywood-Kino.

Bilder: Copyright

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