
Masturbation für's Gehirnkastl ist dieser Film nicht. Und auch
keine rechte Love-Story. Matt Willimans' "Wo Dein Herz schlägt"
ist schlicht zu unausgegoren, zu seicht. Der Film will alles und erreicht
nichts.
Dabei
ist die Ausgangssituation gar nicht übel: Irgendein Kaff in Tennessee;
die 17 Jahre alte, schwangere Novalee Nation, die eine panische Phobie
vor der Zahl Fünf hat; Willy Jack, ihr Freund und Vater des Kindes,
der ziemlich eindrucksvoll beweist, dass muskulöse Oberarme nicht
zum Denken taugen, und ein abgewracktes Auto, das der Rost zusammenhält.
Die Reise ins gelobte Kalifornien beginnt. Und gleich hier, zu Beginn
des zweistündigen Streifens, gelingt Regisseur Matt Williams
die eindruckvollste Sequenz: Die Kamera zieht nach oben, reißt
das Bild auf und gibt den Blick auf die öde, unfruchtbare Landschaft
des Mittleren Westens frei. Eine einsame Straße, die im Nirgendwo
endet, Jacks Auto und eine traurige Ölpumpe rechts. Das sind
eigentlich Bilder, mit denen spannende, traurige, witzige Kinogeschichten
beginnen. Was konnten David Lynch oder die Coen-Brüder mit ähnlichen
Szenen alles erzählen!
Doch
Matt Williams verschusselt das starke Bild. Und zwar gründlich.
Ihm gelingt es weder, Atmosphäre zu schaffen, noch trifft der
Regisseur den rechten Ton, um seine Geschichte zu erzählen. Obwohl
eigentlich alle Zutaten bereit stehen: Gute Schauspieler und eine
Geschichte, die filmtauglich ist. Doch eben das bezweifelt Matt Williams.
Er traut seinen Protagonisten nicht zu, den Plot voranzubringen. Statt
die Story im Zusammenspiel der Charaktere entstehen zu lassen, bemüht
der Regisseur inflationär - und damit unglaubwürdig - den
"Deus-Ex-Machina". Vulgo: Das Schicksal. Die Katastrophen
purzeln nur so in das Leben von Novalee Nation - und jedes Unglück
bringt die Handlung weitere 20 Minuten voran. Und da heute ohne ein
Symbol nichts mehr passieren kann, kündet brav die Zahl Fünf
von jedem nahenden Schicksalsschlag. Zwei Beispiele. Während
eines Tornados kommt Novalees Ersatz-Mama Sister Husband ums Leben:
Ihre Erbschaft sichert dem Mädel die Zukunft und ein Foto, das
Novalee von ihrer Tochter in den Tornadoverwüstungen aufnimmt,
bringt ihr den Durchbruch als Fotografin.
Novalees Freundin Lexie Coop verlässt ihren Lover, als sie diesen
im Bett mit ihrem Sohn erwischt. Das Kind ist fünf Jahre alt
- ein böses und unpassendes Symbol-Spiel des Regisseurs, auf
das er besser verzichtet hätte. Matt
Williams erspart auch Forney-Darsteller James Frain den peinlichsten
Auftritt des Films nicht: Der scheue Einzelgänger springt in
uriger Ich-bin-ein-Mann-Manier durch das Wal-Mart-Schaufenster, um
der gebärenden Novalee zur Hilfe zu eilen. Wie jedoch Forney,
der eigentlich keiner Fliege einen Flügel ausreißen kann,
von außen das zwischen den Supermarktregalen liegende Mädchen
entdecken konnte, verrät Williams nicht. Und so geht das fort.
Matt Williams hangelt sich von Unglück zu Unglück und vergisst
darüber, zu erzählen. Dass der Film dabei stellenweise recht
lustlos und deshalb schlampig zusammengeschustert wirkt, ist schon
wieder völlig egal.
"Wo Dein Herz schlägt" hätte funktionieren können,
wenn der Regisseur seinen Schauspielern vertraut hätte: Die sind
durch die Bank fähig und daher zwei Stunden lang unterfordert.
Novalee-Darstellerin Natalie Portman und James Frain als Forney gelingt
es hie und da, sich von dem Druck der Regie frei zu spielen. Völlig
verschenkt ist die Rolle des Fotografen Moses Whitecotton, Novalees
Mentor und väterlicher Freund. Schauspieler David Keith hätte
mehr aus seinem Part machen können, wenn man ihn gelassen hätte.
Matt Williams mag mit Serien-Erfolgen wie "Roseanne" bewiesen
haben, dass er erfolgreicher TV-Produzent ist. Um Regie bei einem
Kinofilm zu führen, reicht das jedoch nicht.
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